Scholz und Friends

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Olaf Scholz setzt bei seinem ersten Staatsbesuch in Washington auf transatlantische Signale. Wir sind mit ihm auf Reisen.

  • Corona war 2021 die zweithäufigste Todesursache in Deutschland, wie aus einer exklusiven Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV hervorgeht.

  • CDU-Chef Friedrich Merz beruft eine neue Grundsatzkommission ein und ernennt dafür auch eine umstrittene Parteifreundin. In einem Papier setzt er erste inhaltliche Akzente.

  • Die frühere Umweltministerin Barbara Hendricks hat einen neuen Job und wirbt nun für grünen Wasserstoff in alten Industriezentren. Wir sagen, was sie genau macht.

  • Die Wehrbeauftragte des Bundestages fordert eine Exit-Strategie für die Bundeswehr in Mali - während russische Truppen an Einfluss gewinnen. Wir haben die Details.

Scholz und Friends

Am Sonntag erreichte Olaf Scholz das Terminal des militärischen Teils am Flughafen BER früher als erwartet - und verschwand vor Abflug nach Washington in einem Nebenraum für ein Interview mit der ARD. Scholz ist seit einigen Tagen ein auffällig fleißiger Öffentlichkeitsarbeiter. Am vergangenen Mittwoch 10 Minuten im Heute Journal, gestern dann noch einmal im Bericht aus Berlin.

In Washington steht der Deutschlandfunk auf dem Programm und CNN. Vier eher kurze Interviews in fünf Tagen - es ist eine hohe Frequenz für einen Bundeskanzler. Das Gespräch bei CNN ist eine besondere Herausforderung: Ein deutscher Kanzler live im US-TV zum Studiogespräch - das gab es so auch noch nicht. Gesprächspartner wird Jake Tapper sein - einer der großen Anchormen von CNN, der die Augenbraue hochziehen kann wie einst Claus Kleber, wenn ihm eine Antwort nicht gefällt.

Olaf Scholz auf dem Weg nach Washington im Gespräch mit Hauptstadtjournalisten © Gordon Repinski

Die Offensive hat ihre Gründe. Scholz will mit zwei Missverständnissen aufräumen. Das erste ist das internationale: Zwischen Washington und Kiew ist in der Ukraine-Krise öffentlich der Eindruck entstanden, Deutschland sei ein unverlässlicher Alliierter mit zu großem Verständnis für die russische Seite. Das andere ist das nationale. Es betrifft die Empfindung, dass der Kanzler in der Außenpolitik zu passiv agiere.

Es sind zwei Erzählungen, die Scholz ärgern. Seit Wochen ist sein Sicherheitsberater Jens Plötner in Verhandlungen im Normandie-Format mit Russland, der Ukraine und Frankreich unterwegs - abseits jeder Öffentlichkeit.

Plötner und andere im Stab arbeiten akribisch an zwei Strängen: Zunächst soll alles dafür getan werden, damit Russland nicht in der Ukraine einmarschiert. Zum anderen wird präzise vorbereitet, welche Sanktionen im Fall einer Aggression greifen. Die Nato und Deutschland dürften innerhalb von kürzester Zeit einen gemeinsam ausgearbeiteten Instrumentenkasten zum Klingen bringen.

Auf der politischen Ebene Scholz will bei seiner Linie bleiben: Verhandlungen statt Effekthascherei - mit einer Prise mehr öffentlicher Kommunikation.

Joe Biden © dpa

An diesem Montag im Weißen Haus hat der Kanzler vor allem ein Ziel: Die Einheit der internationalen Gemeinschaft nach außen sichtbar machen. In diesem Fall: Die Einheit in der Nato, zwischen Deutschland und den USA.

Es ist eine Linie, die auch Auswirkungen auf die innenpolitische Debatte haben wird: Mit einer Stimme sprechen ist die Prämisse - für Einzelmeinungen aus der SPD dürfte nach diesem Besuch noch weniger Verständnis im Kanzleramt herrschen.

Güler und Voigt Vize in CDU-Grundsatzkommission

Die Bundestagsabgeordnete und frühere NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler und der thüringische Fraktionschef Mario Voigt sollen als stellvertretende Vorsitzende die CDU-Grundsatzprogrammkommission koordinieren.

Leiter der Kommission wird wie berichtet CDU-Vizechef Carsten Linnemann.

Serap Güler.  © Anne Hufnagl

Güler soll auf Wunsch des NRW-Gesundheitsministers und CDA-Chefs Karl-Josef Laumann den Posten bekommen haben, in der Vorstandssitzung der CDA am vergangenen Samstag war sie indes kein Thema. Eigentlich hatte der Sozialflügel den hessischen Hochschullehrer und CDA-Landeschef Prof. Matthias Zimmer favorisiert. Man sei von Laumann "überrumpelt" worden, hieß es im Vorstand.

An diesem Montag will der Parteivorstand die Struktur beschließen. Ein mit externen Fachleuten besetztes Gremium soll eine Grundwertecharta für die Partei erarbeiten, dazu gehört angeblich auch der Mainzer Historiker Prof. Andreas Rödder.

Außerdem soll es zehn weitere Fachkommissionen zu politischen Themen geben, u.a. Humane Digitalisierung, Soziale Sicherheit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit. Linnemann will bis Ende 2023 das neue Grundsatzprogramm der Partei fertigstellen.

In der Beschlussvorlage für den Vorstand gibt der neue Parteichef Friedrich Merz eine moderate Linie für die Oppositionsarbeit vor. Die CDU habe Vertrauen eingebüßt, heißt es in dem Entwurf. Man wolle als konstruktive Oppositionskraft dafür sorgen, dass sich alle auf "sichere Arbeitsplätze, eine verlässliche Altersvorsorge und ein hochwertiges Gesundheitssystem verlassen können". Von einschneidenden Reformen ist nicht die Rede.

Und weiter:

Wir wollen ein Deutschland, in dem sich die Menschen einander zusammengehörig fühlen und als echte Gemeinschaft füreinander, für unseren Staat und die uns tragende Werteordneung einstehen.

Friedrich Merz © Anne Hufnagl

Man werde in der CDU jetzt nicht alles anders machen, aber "unsere Positionen auf den Prüfstand stellen", heißt es weiter.

Die Ergebnisse der Struktur- und Satzungskommission, darunter die verbindliche schrittweise Frauenquote, sollen beim nächsten Präsenzparteitag im September zur Abstimmung gestellt werden.

Ein neues Kommunalbüro, koordiniert von der designierten Vize-Generalsekretärin Christina Stumpp, soll die kommunale Ebene stärker in die Programmatik der CDU einbeziehen.

Corona 2021 in Deutschland zweithäufigste Todesursache

Intensivstation © dpa

Covid-19 ist im vergangenen Jahr die zweithäufigste Todesursache in Deutschland gewesen. Das geht aus einer Analyse des Wissenschaftliches Instituts der PKV hervor, die unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt. Sie berücksichtigt vorläufige Daten.

„Im Jahr 2021 stieg die Zahl der Covid-19-Todesfälle um fast das Doppelte auf 78.320“, heißt es in dem Papier. Damit starben mehr Menschen an Corona als an Schlaganfällen, Demenz, Lungenkrebs und Herzinfarkten. Todesursache Nummer eins waren demnach koronaren Herzkrankheiten.

Zum Vergleich: 2020 - im ersten Jahr der Pandemie - war Corona laut Auswertung auf Platz sechs der Todesursachen.

Die Corona-Regeln, schreiben die Autoren des Instituts, hätten in Deutschland in erheblichem Maße Leben gerettet: „Ohne derartige Maßnahmen wäre die Sterblichkeit noch weitaus höher, nicht nur bezüglich Covid-19, sondern auch als Folge des überlasteten Gesundheitssystems durch mehr Sterbefälle bei anderen Krankheiten.“ Offen sei, welche Rolle Corona künftig als Todesursache spielen werde.

Wehrbeauftragte über Mali-Mission: "Alle Optionen auf dem Tisch"

Eva Högl, Wehrbeauftragte des Bundestages, mahnt eine ergebnisoffene Debatte über den Verbleib der Bundeswehr im westafrikanischen Mali an.

"Ob und wie wir uns weiter in Mali engagieren, sollte sorgfältig und bedacht diskutiert werden. Alle Optionen gehören hierbei auf den Tisch", sagte Högl unserer Kollegin Marina Kormbaki.

Eva Högl, Wehrbeauftragte des Bundestags. © dpa

Die Sozialdemokratin ruft die Bundesregierung dazu auf, auch Vorkehrungen für einen Abzug zu treffen. "Eine Lehre aus Afghanistan ist, dass wir für Auslandseinsätze eine vorbereitete und geordnete Exit-Strategie brauchen - abgestimmt und koordiniert mit unseren internationalen Partnern", sagte Högl. "Das gilt auch für den Einsatz in Mali."

Derweil setzt die malische Militärregierung immer stärker auf russische Truppen bei der Bekämpfung des Terrorismus im Land.

Bundeswehrsoldatin in Mali, im Rahmen des UN-geführten Minusma-Einsatzes. © Imago

In einem uns vorliegenden vertraulichen Einsatzbericht der Bundeswehr heißt es, die malischen Sicherheitskräfte führten in den vergangenen Wochen in den Regionen Mopti, Koulikoro, Segou und Sikasso mit russischen Kräften Operationen gegen dschihadistische Gruppen durch. Dabei wurden mehre Terroristen getötet sowie Waffen, Ausrüstung und Fahrzeuge der Dschihadisten beschlagnahmt.

Ende Mai laufen die beiden Mandate für den Bundeswehreinsatz in Mali aus. Derzeit sind dort rund 1500 Bundeswehrkräfte stationiert. Die malische Militärregierung hinderte die internationalen Truppen zuletzt wiederholt an der Ausübung ihrer Mission und verweigert zugesagte Reformen.

Schärfere Strafen für gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr

© dpa

Bayern will mit einem Vorstoß im Bundesrat schärfere Strafen für gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr erreichen. Dabei geht es etwa um Fälle, in denen Drähte über Straßen gespannt, Barrikaden aufgestellt oder Gegenstände von Autobahnbrücken geworfen werden.

Nach derzeitiger Rechtslage drohen Tätern bis zu zehn Jahre Haft, wenn sie eine schwere Gesundheitsschädigung herbeiführen.

„Wer aber den Tod eines Menschen verursacht, muss lediglich mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe rechnen“, sagte uns Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Die gelte, wenn lediglich Gefährdungsvorsatz nachzuweisen ist, aber nicht die Absicht, jemanden zu verletzen oder zu töten.

Nach Auffassung Eisenreichs besteht hier „eine Schutzlücke“, die geschlossen werden müsse. Bei Zustimmung des Bundesrats müsste sich der Bundestag mit dem Thema auseinandersetzen.

SPD-Experte Matthias Stein signalisierte Offenheit für eine Änderung. Er sagte uns, die Koalition wolle das Strafrecht systematisch „auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche“ überprüfen: „Das gilt auch in diesem Fall.“

Hendricks kontrolliert Wasserstoff-Start-up

Die frühere SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks sitzt neuerdings im Aufsichtsrat des neu gegründeten Hamburger Wasserstoff-Unternehmens HH2E AG.

SPD-Politikerin Barbara Hendricks 2020 zu Gast auf der Pioneer One. © Anne Hufnagl

Das Unternehmen plant Energieversorgungslösungen auf Basis von grünem Wasserstoff für Industrie und Kommunen und will in den kommenden zwei Jahren 2,7 Milliarden Euro in Deutschland investieren. Damit sollen frühere Industrie- und Kraftwerksstandorte in Zentren grüner Industrieerzeugung umgebaut werden.

CEO des Unternehmens ist Ex-Uniper-Chef Andreas Schierenbeck.

CDU trifft sich zur Klausur im Saarland

In der CDU werden zurzeit die Termine für das laufende Jahr festgezurrt. Erstes Ziel: im Saarland doch noch den Rückstand in den Umfragen aufholen und bei der Landtagswahl am 27. März 2022 wieder stärkste Kraft werden.

Mit einer Vorstandsklausur, die am 4. und 5. März in Saarbrücken stattfinden soll, will die Bundespartei dem CDU-Ministerpräsidenten Tobias Hans Rückenwind verschaffen. An diesem Montag tagt das CDU-Präsidium bereits im saarländischen Homburg.

Unterdessen wird der nächste Bundesparteitag vorbereitet. Er könnte am 22. und 23. September 2022 stattfinden, hören wir.

Auf - Nancy Faeser. Die Innenministerin hat den Kampf gegen Rechtsextremismus zu ihrem Thema gemacht. Gut so. Ein früherer Beitrag in einem Magazin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) sorgt für Aufsehen, dabei ist ihr Text eine gute Handlungsanleitung gegen Rechts und kaum zu beanstanden. Und dass der Verband, in dem sich Holocaust-Überlebende zusammengeschlossen haben, eine antifaschistische Organisation ist, dürfte wenig überraschen. Ja, manchmal sind Mitglieder auch mal über das Ziel hinausgeschoßen bei mancher Forderung, aber die Oppositionskampagne ist durchsichtig und plump. Faeser deshalb unsere Aufsteigerin.

Ab - Thomas Kutschaty. Der NRW-Oppositionsführer hat es schwer. Seine Partei wirbt mit umstrittenen Online-Umfragen, die es bei 2000 Befragten angeblich trotzdem schafft, für alle 53 Landkreise in dem 16-Millionen-Einwohner-Land eine Auswertung hinzubekommen. Die SPD-Themen landen dabei weit oben. Zufall? Zugleich wird CDU-Ministerpräsident Wüst, der mal NRW-Geschäftsführer der Zeitungsverleger war, attackiert, weil er angeblich hinter einer von 40 Tageszeitungen beauftragten Umfrage steht, die wiederum die CDU vorne sieht. Dumm nur, dass Wüst gar kein Ministerpräsident war, als 39 Chefredakteure die Aktion verabredeten, um dem WDR etwas entgegenzusetzen. Sie wehren sich nun gegen den Vorwurf der Parteinahme. Und die Landes-SPD muss zurückrudern.

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck erläutert im Interview mit Jochen Gaugele, Theresa Martus und Sébastien Vannier von der Funke-Mediengruppe seine Sicht auf Gas und Geopolitik - und verweist auf ein altes Problem des Arbeitsmarkts: Fachkräftemangel. „Wir starten einen Aufruf, nach Deutschland zu kommen“, kündigt der Grüne an. Er selbst habe ein Video dafür aufgenommen. Interessantes Interview!

In der FAS zeichnet Konrad Schuller nach, wie sich Russland hierzulande seit Jahren Einfluss sichert - und wer dem Kreml und den ihm nahestehenden Öl- und Gas-Konzernen dabei hilft. Prominente Sozialdemokraten spielen eine Rolle, Ex-Stasi-Leute - und viel Geheimniskrämerei um Nord Stream 2 und seine zahlreichen Tochterunternehmen. Wichtiger Text!

Deutschland ist auf eine realistische Energiepolitik und damit auch auf Russland als Partner bei Gasimporten angewiesen. Die scharfe Rhetorik gegen Russland und ihren deutschen Verbündeten Gerhard Schröder ist heuchlerisch, sagt der frühere Energiemanager, SPD-Politiker und Ex-Oberbürgermeister Düsseldorfs, Thomas Geisel. In seinem Beitrag auf thepioneer.de betont er, dass Deutschland sich die Energieabhängigkeit selbst zuzuschreiben habe. Hier geht es zu dem Text!

Heute gratulieren wir herzlich:

Valentin Abel, FDP-Bundestagsabgeordneter, 31

Dirk Panter, SPD-Fraktionschef im Landtag von Sachsen, 48

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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