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Unsere Themen heute:
CDU und FDP ringen mit ihrem thüringischen Landesverband über die Frage der Kooperation mit der AfD. Thomas Kemmerich soll kein Geld aus Berlin bekommen.
Der Bundesrechnungshof rügt die Raumplanung für den Neubau am Kanzleramt.
Was macht Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet? Er gründet ein Institut, das sich um eine bemerkenswerte Friedensinitiative im Nahen Osten kümmert.
Bei den anstehenden Kampfkandidaturen um vier Sprecherposten innerhalb der SPD-Fraktion wird es diese Woche noch mal spannend.
Thüringen belastet CDU und FDP
Thüringen wird zum Lackmustest für den Umgang der demokratischen Parteien mit der rechtspopulistischen AfD.
Nachdem vergangene Woche CDU, FDP und AfD im Landtag gegen die Minderheitsregierung von SPD, Grünen und Linken für eine Steuersenkung stimmten, ist der Umgang mit der AfD bundesweit Thema.
Die Abstimmung löste scharfe Kritik aus, der AfD-Landesverband wird im Freistaat vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
© The PioneerCDU-Parteichef Friedrich Merz will dennoch heute bei der Vorstandssitzung keine Neufassung des Unvereinbarkeitsbeschlusses vornehmen, wie wir hören.
Merz habe dem Landesverband signalisiert, dass er die Abstimmung nicht als Tabubruch sehe. Die CDU habe eine bekannte Position zur Abstimmung gestellt.
Abgesehen von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther gebe es keine öffentliche Kritik von wichtigen Parteileuten an dem Vorgehen der Landespartei, hieß es.
Günthers Aussage nannte Merz im ProSieben-Interview eine "Einzelmeinung".
Der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Christian Baldauf bringt die Stimmung im Bundesvorstand auf den Punkt.
Christian Baldauf, Landesvorsitzender der CDU in Rheinland-Pfalz. © dpaWir lassen uns doch unsere richtigen politischen Ansätze nicht lahm legen. AfD-Anträgen stimme ich nicht zu, natürlich dürfen und müssen wir aber selbst Anträge stellen. Die Linken hätten ja auch zustimmen können.
Wichtig war der CDU-Spitze in Berlin: Thüringens Landeschef Mario Voigt soll schriftlich versichert haben, dass es vor der Abstimmung keine Absprachen mit der AfD gegeben hat.
Es habe lediglich in der offiziellen Runde aller Geschäftsführer der Landtagsfraktionen eine Information über eine Änderung der Tagesordnung gegeben.
Die FDP hadert indes mit ihrem Landesverband Thüringen, in dem der Vorsitzende Thomas Kemmerich gegen den Willen der Partei bei der nächsten Wahl erneut als Spitzenkandidat antreten will.
Die Thüringen-FDP soll für ihren Wahlkampf kein Geld aus dem bundesweiten Kampagnenfonds bekommen, erfuhr unser Kollege Rasmus Buchsteiner aus Parteikreisen. Die Entscheidung sei schon vor dem umstrittenen Beschluss getroffen worden.
FDP-Landeschef Kemmerich hatte sich 2020 bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten auf die Stimmen der AfD gestützt und war erst auf Druck der Bundespartei wieder abgetreten.
Auf Anfrage sagte uns Kemmerich, die Entscheidung gegen die finanzielle Unterstützung aus dem Kampagnenfonds sei erwartet worden.
Es werde jetzt das Konzept "eines Wahlkampfes Thüringen mit Thüringer Partnern" verfolgen. Der Landesverband wisse "viele Parteifreunde und Partner aus der ganzen Bundesrepublik an unserer Seite", so Kemmerich.
Rechnungshof rügt Raumplanung für Erweiterungsbau des Kanzleramts
© The PioneerDer Bundesrechnungshof rügt die Raumplanung für den Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts.
Das geht aus einem Bericht der Bonner Behörde hervor, den unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat.
„Wird der Erweiterungsbau wie geplant umgesetzt, hat er 395 Büroräume. Die Hälfte der Büroräume kann nach Auskunft des Bundeskanzleramtes für Doppelbelegungen genutzt werden“, so der Rechnungshof.
Im Ergebnis würden für die derzeit 870 Beschäftigten mehr als 1.053 Büroarbeitsplätze zur Verfügung stehen: „Das ergibt einen Überhang von mindestens 180 Büroarbeitsplätzen.“
Modell Kanzleramts-Erweiterungsbau © ImagoAus Regierungssicht ist dies offenbar nur eine rechnerische Größe. Das Kanzleramt habe erklärt, wegen seiner spezifischen Arbeitsabläufe und Organisationszusammenhänge als Regierungszentrale könne es auf die häufige Präsenz der Mitarbeitenden nicht verzichten:
Daher sei Desksharing mit dem damit verbundenen Clean-Desk-Gebot auf absehbare Zeit nicht umsetzbar.
Clean-Desk bedeutet, dass Beschäftigte ihren Schreibtisch im Büro zum Ende des Arbeitstages leer und sortiert hinterlassen.
Das Kanzleramt habe mitgeteilt, dass auch seine Beschäftigten in Abstimmung mit ihren Vorgesetzten im Homeoffice arbeiten könnten. Die Argumente gegen Desksharing in der Regierungszentrale sind aus Sicht des Rechnungshofs daher nicht überzeugend.
Das Clean-Desk-Gebot lässt sich insbesondere bei verstärkter Nutzung von E-Akten ohne Einschränkungen umsetzen.
Das Bundeskanzleramt sei von der Verpflichtung, seine Büroflächen zu optimieren, nicht ausgenommen.
Der Überhang von 180 Arbeitsplätzen könne für Beschäftigte anderer Geschäftsbereiche des Kanzleramts genutzt werden, die derzeit Liegenschaften anmieten, heißt es im Bericht. Genannt wird hier etwa die Beauftragte für Kultur und Medien.
Laschet gründet Friedensinstitut in Berlin
Mit der Eröffnung des Abraham Accords Instituts in Berlin-Mitte unterstützt der frühere NRW-Ministerpräsident und ehemalige CDU-Chef Armin Laschet als Vorsitzender den Friedensprozess zwischen Israel und den vier einst mit dem Land verfeindeten muslimischen Staaten VAE, Marokko, Bahrain und Sudan.
Unter dem Namen Abraham Accords waren die Länder vor drei Jahren noch unter US-Präsident Donald Trump zusammengekommen und hatten sich auf eine Aussöhnung mit Israel und die Anerkennung des Existenzrechts des jüdischen Staates verabredet.
Laschet ist als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag für das Thema zuständig.
Laschet und der Oberrabbiner der Moses Maimon Synagoge in Abu Dhabi © privatAuch die Ampel-Koalition unterstützt das Engagement des CDU-Politikers, die grüne Kulturstaatsministerin Claudia Roth eröffnet demnächst eine Fotoausstellung in dem Institut in der Schumannstraße.
Im Bundestag arbeitet das Laschet-Institut unter anderem mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Aydan Özoğuz und der Grünen-Abgeordneten Lamya Kaddor zusammen.
UN: Scholz plant Treffen mit Selenskyj
Bei der am heutigen Montag in New York beginnenden Woche der UNO-Generalversammlung wird Bundeskanzler Olaf Scholz voraussichtlich auch zu einem bilateralen Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammentreffen. Das Gespräch wird für Mittwoch erwartet.
Bundeskanzler Olaf Scholz nimmt an der UN-Vollversammlung teil. © dpaDer Bundeskanzler wird auf seiner Reise zudem bilaterale Gespräche mit dem brasilianischen Präsidenten Lula und dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu führen.
Scholz wird von seiner Frau Britta Ernst begleitet. Seine beim Joggen erlangte Gesichtsverletzung war zu Beginn der Reise vollkommen ausgeheilt – von einer geplanten Jogging-Runde im Central Park scheint Scholz dennoch abzusehen, jedenfalls erschien es dem mitreisenden Autoren dieses Briefings so.
Finanzminister machen Druck auf Bund
Die Finanzminister der Länder haben in einem gemeinsamen Beschluss eine kooperativere Haltung des Bundes in Finanzfragen gefordert. „Von Seiten des Bundes wird zuletzt vermehrt eine „Schieflage“ der Bund-Länder-Finanzen behauptet“, heißt es in dem Beschlusspapier, das uns vorliegt. „Es lässt sich jedoch klar aufzeigen, dass die Haushaltsentwicklung des Bundes nicht durch zunehmende Zahlungen an die Länder bestimmt werden.“
Vielmehr sei es so, dass den Haushalten der Länder besondere Belastungen durch Bundesgesetzgebung entstehen würden. „Daher ist es aus Sicht der Länder unbedingt erforderlich, dass vom Bund angestoßene Haushaltsbelastungen (…) ausreichend und vor allem dauerhaft ausgeglichen werden”, fordern die Länder.
Bei mehreren konkreten Maßnahmen erinnern sie den Bund zudem an eingegangene Verpflichtungen. So beim Digitalpakt Schule, dem 49-Euro-Ticket oder beim Thema Küstenschutz.
Der Bundesrat © ImagoUnd: „Der Bundesrat sieht die Aussage der Bundesregierung kritisch, dass bei neuen Maßnahmen, bei denen der Bund die Länder unterstützt, der Anteil des Bundes maximal bis zu 50 Prozent betragen darf“, heißt es in dem Papier. „Der Bundesrat erwartet mit Sorge, dass in der Folge gerade Länder und Gemeinden mit angespannten Haushaltslagen diese Programme und Hilfen nicht in Anspruch nehmen werden können.“
Keine Einigung bei SPD-Kampfkandidaturen
Die anstehenden Kampfkandidaturen um vier Sprecherposten innerhalb der SPD-Fraktion werden nach aktuellem Stand am Dienstag in den Arbeitsgruppen wie geplant ausgetragen. Mehrere Versuche von Schlichtungs- oder Kompromissgesprächen verliefen im Laufe der Woche ohne Ergebnis, erfuhren wir aus der Fraktion.
So wird es auch zu einer Seeheim-internen Kampfkandidatur zwischen Falko Droßmann und Wolfgang Hellmich um die Sprecherposition in der Arbeitsgruppe Verteidigung kommen.
Wie wir hörten, hat sich auch Parteichefin Saskia Esken in Form von Telefonaten an den Duellen interessiert gezeigt und Ratschläge gegeben – die Parteilinke dürfte kein Interesse an einem Machtschwenk zu Gunsten der Seeheimer haben.
Entschieden wird zunächst am Dienstag in der Arbeitsgruppe – erst in der Folgewoche am Dienstag aber in der Fraktion. Es steht also noch eine volle Woche der Telefonate und Spannung an. Die gesamte Analyse der Situation lesen Sie noch einmal hier.
Beginn des Prozesses gegen Ex-Warburg-Bank Chef
Heute startet um 10 Uhr am Bonner Landgericht der Prozess gegen den ehemaligen Warburg-Chef Christian Olearius.
Der 81-Jährige war von 1986 bis 2014 Sprecher der Hamburger Warburg Bank und bis Ende 2019 Aufsichtsratschef. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm in 14 Fällen Steuerhinterziehung vor. Gesamtschaden: 280 Millionen Euro. Obwohl er die Cum-Ex-Geschäfte nicht selbst durchgeführt haben soll, wird davon ausgegangen, dass er von deren Absicht wusste.
Christian Olearius, Ex-Chef der Privatbank Warburg © dpaSollte Olearius verurteilt werden, ist eine Haftstrafe wahrscheinlich.
Politisch brisant ist das Verfahren, weil eine Finanzbeamtin im Senat des damaligen Bürgermeisters Olaf Scholz zunächst keine Steuererstattung der Bank verlangt hatte. Scholz hatte sich mehrfach mit Olearius getroffen.
Auf - Ursula von der Leyen. Die EU-Kommissionspräsidentin geht dorthin, wo es derzeit für die EU besonders weh tut: Auf die Insel Lampedusa, wo viele Geflüchtete ankommen. Dort stellte sie mit der italienischen Ministerpräsidentin einen 10-Punkte-Aktionsplan zur Bewältigung der Migrationskrise vor. Ob er was bringt, wird man sehen. Die Reise ist dennoch überfällig.
Ab - Elisabeth Leifgen. Die skandalöse Aussage der Volt-Kommunalpolitikerin und NRW-Landesvorsitzenden der pro-europäischen Partei sorgte zu Recht für Empörung. Die Politikerin zog in Bezug auf die Besetzung der eigenen Liste für die bevorstehende Europawahl einen irren Vergleich, indem sie Pragmatismus mit dem Bau eines KZ in Verbindung brachte. Völlig daneben. Sie musste zurücktreten.
Mario Voigt, der CDU-Chef in Thüringen steht unter massivem Druck nachdem seine Fraktion mit FDP und AfD die Grunderwerbsteuer-Senkung durch den Landtag brachte. Im Interview mit Stefan Braun, Redaktionsleiter des Newsletters Berlin.Table, verteidigt er das Vorgehen. „Wir sind eine konstruktive Opposition und immer sehr gesprächsbereit“, so Voigt. Seit Dezember habe der Antrag vorgelegen, Rot-Rot-Grün sei aber nicht gesprächsbereit gewesen. Es sei um die Entlastung junger Familien gegangen, und davon werde er sich nicht abbringen lassen. „Wir werben immer bei den demokratischen Kräften für Zustimmung zu unseren Positionen.“ Hier geht es zu dem Interview.
„Europa trägt Verantwortung für das Chaos in Lampedusa“, titelt der Politik-Korrespondent der Berliner Morgenpost, Christian Unger, nach dem Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf der Insel Lampedusa. In Brüssel seien nun die Hausaufgaben zu erledigen. Die EU sei in der Asylpolitik zerstritten und wirkungslos. Der Blick nach Afrika und in den Nahen Osten wäre gut. Seinen Kommentar können Sie hier lesen.
Für RND-Redakteur Steven Geyer fehlen in der Asyldebatte echte Lösungsansätze. Es sei traurig, dass die Politik seit Jahrzehnten viel streite, wie man Migrantinnen und Migranten fernhalten könnte, aber sehr wenig über die versprochene Bekämpfung der Fluchtursachen. Wenn jenseits der Mauern die Armut weiter wüchse und Klimawandel, Kriege und Gewaltherrschaft zu Instabilität und Vertreibung führten, würden wir auch innerhalb der Festung Europa nicht in Frieden leben, so Geyer. Hier lesen!
Heute gratulieren wir herzlich:
Esther Dilcher, SPD-Bundestagsabgeordnete, 58
Thomas Röwekamp, CDU-Bundestagsabgeordneter, 57
Wolfgang Schäuble, CDU-Bundestagsabgeordneter und Bundestagspräsident a.D., 81
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre