Showdown im Bundestag

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herzlich willkommen zum Newsletter Hauptstadt - Das Briefing direkt aus dem Newsroom der Pioneer One. Schön, dass Sie wieder dabei sind!

Unsere Themen heute:

  • Kanzlerin Angela Merkel rechnet mit einer zweiten Corona-Infektionswelle in Deutschland. Was sie außerdem in der Telefonschalte mit den CDU-Kreischefs sagte, lesen Sie hier.

  • Die große Wahlrechtsreform ist abgeblasen, über die kleine Lösung soll heute um 16 Uhr zwischen den Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD entschieden werden.

  • Die SPD liegt in den Umfragen zwar weiterhin bei nur 15 Prozent, doch einen Kanzlerkandidaten will sie trotzdem vor der CDU nominieren. Hier steht, warum.

Showdown um das Wahlrecht

Am heutigen Mittwochnachmittag schalten sich die Fraktionschefs von CDU und SPD sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zu einer Video-Konferenz zusammen - es könnte der Showdown im Streit um eine Wahlrechtsreform sein. Gibt es bei diesem Treffen keine grundsätzliche Einigung auf eine Reform, könnte das seit Wochen verfahrene Vorhaben zur Verkleinerung des Bundestages scheitern.

Insbesondere CSU-Mann Dobrindt steht in der Kritik: Die Vorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU) und Rolf Mützenich (SPD) sind sich im Grundsatz einig und werfen Dobrindt vor, nur noch blockieren zu wollen. Dabei geht es längst gar nicht mehr um eine echte Reform. Von einem "Notfallmechanismus" ist inzwischen die Rede, von einer Lösung ausschließlich für die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Für eine strukturelle Verringerung der Wahlkreise ist ohnehin keine Zeit mehr, da die internen Nominierungsverfahren der Parteien laufen.

Zahl auf 690 Abgeordnete begrenzen

Zuletzt hatte die SPD vorgeschlagen, die Anzahl der Abgeordneten des nächsten Bundestags auf 690 Mandate zu begrenzen - es wären 19 weniger als aktuell. Diese Begrenzung will sie erreichen, indem bei einer eigentlich höheren Zahl einzelne Wahlkreisgewinner nicht im Bundestag vertreten sein würden. Dieser Vorschlag ist womöglich verfassungsrechtlich anfechtbar.

Dennoch sympathisierte die CDU zuletzt mit dem Vorschlag, weil er immerhin eine Obergrenze der Abgeordnetenzahl bedeuten würde. Schwesterpartei CSU jedoch stellt sich gegen die Koalition von Mützenich und Brinkhaus. CSU-Position ist, stattdessen die Direktmandate nicht zu begrenzen, wohl aber die dann folgenden Ausgleichsmandate. Auch das gilt als verfassungsrechtlich anfechtbar. Am Wochenende warnte Innenminister Horst Seehofer in einem Brief an Dobrindt vor einer Zusammenarbeit mit der SPD, über den der Spiegel berichtete. Das wiederum sorgte für schlechte Laune bei SPD und CDU. Seitdem gilt die Situation als noch verfahrener. Heute nun die (womöglich) letzte Chance für einen Kompromiss.

1. SPD will Kanzlerkandidaten vor Union küren

Die Sozialdemokraten wollen über ihren nächsten Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2021 noch in diesem Jahr und damit vor dem Parteitag der CDU entscheiden. Dies ist das Ergebnis einer internen Debatte des Parteipräsidiums vom vergangen Samstag, von der uns mehrere Teilnehmer berichteten.

Olaf Scholz  © Media Pioneer

Bei der Debatte im Willy-Brandt-Haus stand die Alternative im Raum, erst im kommenden Jahr über die wichtige Personalie zu entscheiden. Mehrheitlich einigte sich die Runde dann aber darauf, noch vor dem CDU-Parteitag im Dezember die eigene Kandidatenfrage zu klären. Dort wählt die CDU einen neuen Vorsitzenden und trifft damit auch eine Vorentscheidung für die Unionskanzlerkandidatur, sollte CSU-Chef Markus Söder eine Kandidatur weiter ablehnen.

Intern wurde in der SPD-Führung diskutiert, ob es überhaupt richtig sei, das eigene Verfahren an der Union auszurichten. Nachdem die Mehrheit sich für den früheren Termin aussprach, mahnten einige Teilnehmer, dies nach außen als eine unabhängige Entscheidung der SPD zu kommunizieren. Als Favorit für die Position gilt Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz.

2. Angela Merkel erwartet "zweite Welle" bei Pandemie

Die Bürger erobern sich die öffentlichen Räume zurück, die Flugzeuge und Biergärten füllen sich, doch die Bundeskanzlerin bleibt skeptisch was den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie betrifft.

In einer Telefonschaltkonferenz mit den CDU-Kreisvorsitzenden äußerte Angela Merkel jüngst die Erwartung, dass es eine zweite Infektionswelle geben werde. Das läge in der Natur von Pandemien, sagte die Naturwissenschaftlerin nach Angaben mehrerer Teilnehmer. Wie stark diese zweite Welle das Land treffen werde, hänge dann davon ab, wie gut man in den einzelnen Regionen darauf vorbereitet sei.

Merkel sprach über die föderalen Strukturen und die Möglichkeit, einzelne regionale Infektionsherde wieder mit einschränkende Maßnahmen zu beantworten. Lokale Shutdowns also, eine Maßnahme, die zu Beginn der Corona-Krise zwar immer wieder von Experten vorgeschlagen, aber beim bundesweiten Kontaktverbot Mitte März dann doch nicht umgesetzt wurde.

Kampf um die Tracing App  © Media Pioneer

Zuversichtlich zeigte sich die Kanzlerin, die fast eine Stunde an der Video-Konferenz teilnahm, dass die Tracing-App zur Nachverfolgung der Infektionsketten nach anfänglichen Schwierigkeiten nun kommen werde.

Das Konrad-Adenauer-Haus hatte die jährlich stattfindende Kreisvorsitzenden-Konferenz mit der Kanzlerin wegen der Corona-Beschränkungen erstmals als Video-Meeting organisiert. Die örtlichen CDU-Verbände wurden dafür eigens mit der Video-Software Webex ausgestattet. Den geplanten Kongress zum 70. Geburtstag der CDU am 19. und 20. Juni hat die Partei inzwischen abgesagt - alternativ soll ein virtueller Zukunftskongress Anfang Juli organisiert werden.

3. Kommunalwahl in NRW findet statt

Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen finden trotz der Corona-Pandemie wie geplant am 13. September statt. Darauf hat sich der NRW-Ministerpräsident und CDU-Landeschef Armin Laschet bei einem informellen Gespräch mit den Landes-Vorsitzenden von FDP, Grünen und SPD vergangene Woche geeinigt.

Die Kandidatenlisten und die Unterstützerunterschriften könnten rechtzeitig bis zum 16. Juli bei den Wahlämtern eingereicht werden, hieß es nach dem Treffen in den Parteizentralen. Eine Verschiebung sei verfassungsrechtlich problematisch. An Hygienekonzepten für Wahl und notwendige Aufstellungsversammlungen werde bereits gearbeitet.

Knapp 18 Millionen Bürger leben an Rhein und Ruhr, davon sind über 14 Millionen aufgerufen, die kommunalen Parlamente sowie die Spitzen der Städte, Gemeinden und Kreise zu wählen. Die Wahl gilt als erster Test für die schwarz-gelbe Landesregierung in Düsseldorf. Nach der jüngsten WDR-Umfrage liegt die NRW-CDU mit 40 Prozent deutlich vor der NRW-SPD (19 Prozent). Die Grünen kommen im Land auf 20 Prozent und die FDP auf sieben Prozent. In vielen Städten, darunter die Großstädte Düsseldorf, Bonn, Essen und Köln, wird mit der Kommunalwahl gleichzeitig ein Oberbürgermeister gewählt.

Das kostet die nächste Rentenerhöhung. © The Pioneer

Noch gut vier Wochen, dann werden die Renten in Deutschland angehoben - um 3,45 Prozent im Westen, um 4,2 Prozent im Osten. Laut einer vom Bundeskabinett verabschiedeten Aufstellung, die „Rentenwertbestimmungsverordnung 2020”, kostet die Rentenerhöhung noch in diesem Jahr 5,89 Milliarden Euro. 2021 sind es dann 11,78 Milliarden Euro.

Auf - Er ist Kolumnist, Gag-Schreiber, Moderator, Hochleistungstwitterer und an Podcasts hat er sich längst auch schon herangetraut. Micky Beisenherz beschreibt sich selbst als "Mittvierziger mit Peter-Pan-Komplex" und "eitler Medienfatzke", doch zeigt er im Gespräch mit unserer Chefreporterin Alev Doğan seine politische Seite. Im neuen Interviewformat "66 Fragen an" erzählt Beisenherz von seinen Sorgen über die Debattenkultur im Land, sein Mitleid mit Regierungspolitikern in Zeiten der Corona-Krise und seine Bewunderung für die Kanzlerin.

Ab - Eine Niederlage für den Verkehrsminister droht heute im Bundeskabinett. Der CSU-Politiker Andreas Scheuer hatte in den vergangenen Tagen intern mit einem Veto gegen die Pläne von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil gedroht, dass in den Schlachthöfen und den Zerlegebetrieben nach den Corona-Infektionsskandalen nun die Werk- und Leiharbeit verboten werden soll. Doch die Einschränkungen werden nach Ansicht eines Kabinettsmitglieds kommen, die Bundeskanzlerin hat sich in wesentlichen Punkten auf die Seite der SPD geschlagen. Andy Scheuer (CSU) muss dies nun seinem Parteivorsitzenden Markus Söder erklären. Keine einfache Sache.

Der Bundespräsident ringt mit seiner Rolle in der Corona-Zeit - ein Bürgerpräsident braucht eben Bürger. Doch Veranstaltungen, Banketts und das "Bad in der Menge" ist derzeit unmöglich, seit Wochen telefoniert Frank-Walter Steinmeier deshalb aus seinem Amtszimmer im Schloss Bellevue mit dem Volk. Er spricht mit Vertretern der gesellschaftlichen Gruppen, die in der Pandemie besonders gefordert sind: etwa einer Krankenpflegerin, einer Lehrerin und einer Supermarktverkäuferin. Am 10. Mai hatte Steinmeier mit seiner Frau Elke Büdenbender einen der ersten Gottesdienste in der Marienkirche am Alexanderplatz besucht - mit Maske versteht sich. Ein geplantes Treffen in der Gastronomie "Loretta" im Berliner Südwesten sagte der Bundespräsident am Montagabend nun aber kurzfristig ab.

Bundespräsident Steinmeier  © dpa

Heute Abend empfängt der Präsident einige muslimische Bürger zum traditionellen Fastenbrechen im Schloss Bellevue. Und auch die erste größere Veranstaltung nach der Sommerpause wird im Bundespräsidialamt eifrig geplant. Der Festakt zum 30-jährigen Jahrestag der Wiedervereinigung soll am 3. Oktober in Potsdam zu einem fröhlichen Fest der Demokratie ausgebaut werden.

Dafür will der Bundespräsident mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, weiteren Kabinettsmitgliedern, dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) sowie ausländischen Staatschefs zusammentreffen. Auch ein Bürgerfest soll es geben, so wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Im Bundespräsidialamt herrscht Optimismus. Und offenbar auch eine gewisse Sehnsucht nach den Bürgern.

Unsere Leseempfehlungen für heute:

Die Kollegen von Politico haben eine interessante Geschichte über die frühere Außenbeauftragte der Europäischen Union, Federica Mogherini, ausgegraben. Die Italienerin steht im Zentrum einer Affäre rund um die Pläne, sie als Rektorin auf den Spitzenposten eines angesehenen EU-finanzierten College zu heben. Das College of Europe ist eine Art Ausbildungsplatz für künftige EU-Beamte. Gegen ihre Kandidatur lehnen sich nun aber Alumni und Professoren auf. Spannende Einblicke in die EU-Machtarchitektur.

Es ist ein später Triumph für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, und eine überraschende Kehrtwende der Kanzlerin, von der selbst Kabinettsmitglieder überrascht wurden. Die deutsch-französische Einigung für einen 500 Milliarden Euro schweren Solidaritäts-Fonds für die krisen-geplagten EU-Staaten, bestimmt die Presselage. Der Fonds „für Solidarität und Wachstum“ soll die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in Europa abmildern und wird am Ende in der Wirkung nichts anderes sein als die Corona-Bonds. In der Welt setzt sich die Frankreich-Korrespondentin Martina Meister mit der interessanten These auseinander, dass gerade die Schwäche Macrons ihm diesen Erfolg möglich machte. Hier geht's zum Text.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Wolfgang Strengmann-Kuhn, Bundestagsabgeordneter (Grüne), 56

Andreas Storm, CDU-Politiker und Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, 56

Christoph Spehr, Landesvorsitzender Die Linke Bremen, 57

Armin Schuster, Bundestagsabgeordneter (CDU), 59

Agrarministerin Klöckner trennt sich von Abteilungsleiter

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) versetzt einen führenden Beamten ihres Hauses zum Ende des Monats in den einstweiligen Ruhestand. Es handelt sich um Bernhard Kühnle, Leiter der Abteilung für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit. Klöckner ist nach unseren Informationen von den Fluren des Ministeriums bereits seit längerem unzufrieden mit der Arbeit des 1957 geborenen Kühnle. Die damalige Grünen-Ministerin Renate Künast hatte den studierten Agrarwissenschaftlers geholt. Über die Nachfolge ist noch nicht entschieden, so ein Ministeriumssprecher.

Thoms wird neuer Botschafter in Brasilia

Der Diplomat Heiko Thoms wird im Sommer neuer deutscher Botschafter in Brasilia. Die Personalie hat das Bundeskabinett am vergangenen Mittwoch bestätigt. Thoms war bisher zweiter Mann bei der Nato in Brüssel und damit Vertreter von Hans-Dieter Lucas, der nach Paris wechselt (wir berichteten). Thoms hat sich bei der Nato einen Ruf als exzellenter Fachmann der Sicherheitspolitik erarbeitet. Er war bereits Gesandter bei der Uno in New York und bis 2013 Leiter des Ministerbüros von Guido Westerwelle.

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