„Generationenkapital“

So soll die Aktienrente gemanagt werden

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Guten Morgen,

unsere Themen heute:

  • Die Aktienrente kommt – wir kennen die Anlagestrategie.

  • Kanzler und Länder einigen sich auf ein Migrations-Papier. Wir wissen, was drin steht.

  • Ein Last-Minute-Vorschlag der EU zum Lieferkettengesetz irritiert Regierung und Wirtschaft.

  • Die grüne NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur wirbt für einen Investitions-Booster.

  • Auf einem Wirtschaftswende-Kongress sucht die FDP neue Impulse für die Ampel.

So soll die Aktienrente gemanagt werden

Um die Rente abzusichern, will die Bundesregierung Steuergeld an der Börse anlegen lassen. Bis Mitte der 2030er Jahre soll der Kapitalstock auf 200 Milliarden Euro anwachsen. Die erste Tranche von zwölf Milliarden Euro soll in diesem Jahr über Schulden finanziert werden.

Wer soll das Geld anlegen? Das Anfangskapital wird zunächst die öffentlich-rechtliche Stiftung Kenfo („Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“) mit ihren „operativen Strukturen“ verwalten – voraussichtlich bis Ende 2026. Danach übernimmt eine neu zu gründende Stiftung „Generationenkapital“. Das teilt das Finanzministerium unserer Kollegin Claudia Scholz mit.

Der Kenfo mit Fondschefin Anja Mikus, frühere Portfoliomanagerin bei Union Investment, habe eine „hohe Expertise“ und sich bereits bei der Kapitalanlage bewährt, heißt es aus Kreisen des Finanzressorts von Minister Christian Lindner. Bisher legt der Staatsfonds die von den Kernkraftwerksbetreibern eingezahlten Gelder an, die für die Endlagersuche benutzt werden.

Kenfo-Chefin Anja Mikus  © Kenfo

Das Brisante: Der Kenfo verwaltet das Fondsvermögen nicht in Eigenregie, sondern beauftragt externe Asset Manager aus der Finanzbranche. Die Honorare für diese Manager beliefen sich 2022 auf 38,7 Millionen Euro. Wer genau die Firmen sind, hält der Fonds aus „Wettbewerbsgründen und unter Wahrung der Vertraulichkeit“ unter Verschluss.

Wie soll das Geld der Aktienrente angelegt werden? Das muss nun in einer Anlagerichtlinie erarbeitet werden. Der Kenfo sagt unserem Kollegen Philipp Heinrich:

Ziel des Generationenkapitals ist es, mit akzeptablem Risiko eine möglichst hohe Anlagerendite zu erzielen. Die angestrebte Anlagerendite ist beim Generationenkapital höher als beim Kenfo.

Dies liege daran, dass „das Generationenkapital die an den Bund zu zahlenden Kreditzinsen erwirtschaften und darüber hinaus eine Überrendite verdienen muss.“ Die eben dann in das Rentensystem fließen soll.

Markus Kurth, rentenpolitischer Sprecher der Grünen, fordert zudem, dass an die Geldanlage der Aktienrente strengere Nachhaltigkeitskriterien angelegt werden als beim Kenfo, der auch in fossile Unternehmen investiert. „Die Investments müssen konsistent sein mit anderen Gesetzen, die wir machen.“

Grünen-Haushälter Markus Kurth © Anja Dorny

Wie hoch soll die Rendite sein? Da die Aktienrente zu höheren Anteilen in Aktien investiert sein wird als der Kenfo, sind auch höhere Renditen möglich. Laut Kenfo sei durch diesen Unterschied bei der Aktienrente „eine vergleichbare Rendite möglich wie beim Aktienportfolio des Kenfo“: durchschnittlich 9,1 Prozent pro Jahr.

Aber: Davon muss noch der Schuldendienst abgezogen werden, sollte der Bund – wie 2024 – die Aktienrente dauerhaft aus Schulden finanzieren. Unterm Strich soll noch eine Nettorendite von mindestens drei Prozent stehen, hören wir.

Für den 24. April peilt die Regierung den Kabinettsbeschluss an. Anfang Juni könnte der Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht werden.

Fazit: Die Aktienrente kommt. Aber sie kommt auf Pump. Ein Renditeturbo wird sie deshalb nicht.

Migration: Kanzler und Länder einig über Fortschritte

Kanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten der Länder begrüßen nach der Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsame Fortschritte in der Migrationspolitik. In dem Beschluss, der uns vorliegt, heißt es:

Bund und Länder sind sich einig, dass temporäre Binnengrenzkontrollen weiter nötig sind, um Schleusungen zu bekämpfen und irreguläre Einreisen zu reduzieren.

Sie bekräftigten zudem ihre gemeinsamen Ziele, „die irreguläre Migration nach Deutschland besser zu ordnen, zu steuern und zu begrenzen“ und die Dauer von Asylverfahren auf maximal sechs Monate zu begrenzen.

Ministerpräsidenten und Kanzler nach gemeinsamer Sitzung © dpa

Weitere Ergebnisse:

  • Der Bund sagt zu, 1.100 Stellen für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu schaffen, damit die Entgegennahme von Asylanträgen sowie die anschließenden Anhörungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen stattfinden können.

  • Asylverfahren sollen schneller digitalisiert und Rückführungen beschleunigt werden.

  • Die Länder pochen zudem darauf, dass ein Bundesgesetz für die rechtssichere Einführung von Bezahlkarten jetzt schnell zum Abschluss gebracht wird.

  • Außerdem haben sie dem Bund eine Frist gesetzt, bis zum 20. Juni eine Position zu Asylverfahren in Drittstaaten vorzulegen. Diese Idee gilt verfassungsrechtlich als heikel.

Deutliche Kritik kam aus Bayern und Sachsen. Sie fordern in einer gemeinsamen Protokollerklärung:

Das Recht auf Asyl muss grundlegend reformiert werden, indem es von einem individuellen Grundrecht zu einer objektiven Garantie wird.

Das Recht auf Asyl ist unter anderem im Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert.

Thüringen hingegen warnt, eine repressive Asyl- und Migrationspolitik „wird weder dem Anspruch auf einen humanitären Umgang mit den Geflüchteten noch einer sinnvoll gesteuerten Migrationspolitik gerecht“.

Zum Download: MPK-Beschluss

Kritik am Last-Minute-Vorschlag für Lieferkettengesetz

Die EU-Kommission in Brüssel hat gestern überraschend einen modifizierten Vorschlag für das EU-Lieferkettengesetz unterbreitet. Relevante Kapitel sollen geändert werden, etwa:

  • Gültigkeit: Das Gesetz soll jetzt von Unternehmen ab 1000 (vorher 500) Mitarbeitern und 300 (vorher 150) Millionen Euro Umsatz angewendet werden.

  • Haftung: Die Regelungen für die zivilrechtliche Haftung werden aufgeweicht, die Nationalstaaten sollen sie näher bestimmen.

  • Risikosektoren: Branchen wie die Bauindustrie sind als Risikosektoren gestrichen worden.

Die grüne Lieferketten-Expertin im EU-Parlament, Anna Cavazzini, begrüßt den Vorschlag. „Wenn es hilft, alle Staaten an Board zu bringen, dann ist es das kleinere Übel“, sagt sie unserem Kollegen Thorsten Denkler.

Die Bundesregierung will dem Entwurf allerdings nicht zustimmen: FDP-Justizminister Marco Buschmann lehne das 128-Seiten-Papier ab, hören wir.

Marco Buschmann © imago

Kritik kommt auch aus der Wirtschaft: Die Bauindustrie begrüßt zwar, von der Hochrisikoliste gestrichen worden zu sein. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie lehnt den Last-Minute-Vorschlag allerdings ab. Frank Kehlenbach, Geschäftsbereichsleiter Auslandsbau und Europa, bemängelt gegenüber unserer Kollegin Laura Block:

  1. Die Firmen müssten weiterhin „die gesamte Lieferkette überprüfen und nicht nur direkte Vertragspartner – anders als in Deutschland“.

  2. Der Kompromiss-Text sehe „immer noch eine zivilrechtliche Haftung vor“.

  3. Aufgrund des Richtlinien-Charakters würden die Verpflichtungen und Sanktionen „nicht voll harmonisiert“. Das führe „zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU“.

Die Bauindustrie fordert „einen komplett neuen Anlauf in der neuen Legislaturperiode ab 2025“.

Mona Neubaur wirbt für Investitions-Booster

Die grüne NRW-Wirtschaftsministerin und Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur appelliert an CDU und FDP, ihren Vorschlag für einen Investitions-Booster mit Steuernachlass „als ernstgemeinte Diskussionsgrundlage zu verstehen und sich konstruktiv in die Debatte einzubringen“.

Der Investitions-Booster, entwickelt von Neubaur und dem Düsseldorfer Ökonomen Jens Südekum, sieht vor:

  • 25 Prozent aller klimafreundlichen Investitionen sollen steuerlich absetzbar sein.

  • Um Planungssicherheit zur gewährleisten, soll die Regelung im Grundgesetz verankert werden.

  • Die Schuldenbremse muss dafür nicht angefasst werden.

Mona Neubaur, NRW-Vizeministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin. © imago

Neubaur sagt, dass Bundes-CDU und -FDP „bislang eine ernsthafte Debatte über eine Reform der Schuldenbremse kategorisch ablehnen“, könne sie „politisch nachvollziehen“. Die Schuldenbremse habe sich auch in ihren Augen bewährt, um konsumtive Ausgaben zu begrenzen. Sie warnt jedoch:

Wir dürfen aber nicht sehenden Auges die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschafts- und Industriestandortes riskieren.

Mit ihrem Vorschlag „verbinde ich daher die Hoffnung, Bewegung in eine Debatte zu bringen, die festgefahren scheint. Alle Demokraten sollte parteiübergreifend das Ziel einen, die Transformation so zu begleiten, dass sie gelingt“.

FDP plant Wirtschaftswende-Kongress

Auch die FDP schaut auf die Wirtschaft: Auf einem Wirtschaftskongress am 16. April in Berlin will die Partei ihr Profil für die zweite Hälfte der Legislaturperiode schärfen. Deutschland brauche „eine Wirtschaftswende hin zu mehr Wachstum, Fortschritt und Technologieoffenheit“.

Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP © imago

Aus Parteikreisen erfuhr unser Kollege Christian Schlesiger, dass der Kongress eine Plattform für Ideen werden soll, um Impulse für die Regierungsarbeit einzusammeln.

Möglicherweise ließen sich so Kräfte freisetzen, die von einer Mehrheit innerhalb der Regierung getragen werden könnten. An dem dreistündigen Kongress, der in der Parteizentrale in Berlin-Mitte stattfinden soll, nehmen neben Parteimitgliedern auch Spitzenkräfte und Entscheidungsträger der deutschen Wirtschaft teil.

Eine Mehrheit der Deutschen glaubt laut aktuellem RTL/ntv-Trendbarometer nicht mehr daran, dass die Lieferung von deutlich mehr Waffen und Munition an die Ukraine helfen würde, den Krieg gegen Russland noch zu gewinnen.

Dass sich der Krieg ausbreitet, darum sorgt sich immerhin die Hälfte der Bevölkerung. Bodentruppen – wie vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron ins Spiel gebracht – will kaum jemand in die Ukraine entsenden.

Eine Infografik mit dem Titel: Ukraine: Wenig Hoffnung auf ein gutes Ende

Einschätzung der Bevölkerung, in Prozent

Das war am Tag und in der Nacht außerdem los:

  • Bafög-Reform: Das Kabinett hat eine Erhöhung der Einkommensfreibeträge bei der Anrechnung des Bafög beschlossen. Dadurch sollen mehr Personen berechtigt werden, Bafög zu erhalten. Der Regelsatz bleibt unverändert.

  • Bahnstreiks: GDL-Chef Claus Weselsky räumt ein, einen Vermittlervorschlag im Tarifkonflikt falsch wiedergegeben zu haben. Eine Änderung der bevorstehenden Streiks (seit 2 Uhr liegt der Fern- und Regionalverkehr der Deutschen Bahn lahm) soll es jedoch nicht geben. Verkehrsminister Volker Wissing kritisierte, der Konflikt sei nicht mehr nachvollziehbar, die GDL sei nicht an einer Lösung interessiert.

Claus Weselsky © dpa

Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?

  • Die Bundesregierung beginnt mit den internen Verhandlungen über den Haushalt für das kommende Jahr.

  • Vizekanzler Robert Habeck setzt seine Reise in den USA mit Gesprächen in Washington fort.

  • Landwirtschaftsminister Cem Özdemir nimmt in Baden-Württemberg an einer Veranstaltung für eine gesündere Ernährung und Bildung teil. Zudem trifft er sich mit dem neuen Vorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.

  • Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger tritt beim Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer Kassel auf.

  • Innenministerin Nancy Faeser übergibt 70 Spitzensportlern das Silberne Lorbeerblatt, die höchste sportliche Auszeichnung in Deutschland.

  • Bauministerin Klara Geywitz nimmt an einer Vorkonferenz für den Wiederaufbau der Ukraine teil.

  • Das Lufthansa-Bodenpersonal streikt bis Freitag.

Auf – Nikki Haley. Nach dem eindeutigen Vorwahlergebnis am Super Tuesday gab sie ihr Rennen um die Präsidentschaftskandidatur auf. Allerdings nicht kampflos: Die Ex-Gouverneurin verweigert dem Gewinner Trump – ihrem republikanischen Parteikollegen – die Unterstützung. Wie wir wissen, können in den USA wenige Stimmen über die Wahl entscheiden – vielleicht machen ihre Anhänger den Unterschied.

Ab – Franziska Giffey. Die Berliner SPD sei zerspalten und zerstritten; die rot-grün-rote Koalition habe vor allem unter Giffeys zerrüttetem Verhältnis mit Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch gelitten. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Partei selbst in Auftrag gegeben hatte und eigentlich nicht an die Öffentlichkeit geraten sollte. Desaströs!

Heute gratulieren wir herzlich:

Hans-Georg Engelke, Staatssekretär im Innenministerium, 60

Antje Leendertse, Ständige Vertreterin Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York, 61

Thomas Schmidt, CDU-Minister für Regionalentwicklung in Sachsen, 63

Ria Schröder, FDP-Bundestagsabgeordnete, 32

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Leiterin „Hauptstadt – Das Briefing“
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