So viele Top-Beamte braucht die Ampel

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© ThePioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zum Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die Ampel-Koalition wollte Bürokratie abbauen, jetzt schafft sie erst mal Top-Jobs in den Ministerien. So viele Staatssekretäre gab es noch nie.

  • Bereits 60 Prozent der CDU-Mitglieder haben ihre Stimme für ihren Vorsitzenden abgegeben. Die Beteiligung ist ordentlich.

  • Außenministerin Annalena Baerbock will Deutschland als Streiter für atomare Abrüstung profilieren - zum Ärger der Union.

  • Karl Lauterbach hat in seinem Gesundheitsministerium einen wichtigen Posten zu besetzen. Wir sagen, wer die neue Regierungsbeauftragte für Pflege werden soll.

Der Staatsapparat

"Deutschland wird nur auf der Höhe der Zeit agieren können, wenn wir den Staat selbst modernisieren“, heißt es im Ampel-Koalitionsvertrag.

Modern heißt in diesem Fall: mehr Staatssekretärsposten und zusätzliche lukrative Beamtenstellen.

Wir haben mit Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner die Berufungen in den Ministerien ausgewertet. Einige Verschiebungen im Personaltableau sind zwar nicht ausgeschlossen. Doch das Ergebnis ist eindeutig:

Die neue Bundesregierung wird mehr Staatsminister und Staatssekretäre haben als je zuvor.

Stand jetzt gibt es 72 Staatsminister sowie Parlamentarische und beamtete Staatssekretäre. In der Vorgängerregierung waren es 67.

Die Ministerinnen und Minister haben 37 Parlamentarische Staatssekretäre berufen, zwei mehr als bislang. Die PSt, wie sie im Fachjargon genannt werden, unterstützen den Minister oder die Ministerin nach außen oder im Parlament, haben aber de facto keine Gestaltungsmacht in der Behörde.

Laut Bund der Steuerzahler summieren sich die Mehrkosten für die neuen Staatssekretäre insgesamt sowie der neuen Bauministerin auf rund fünf Millionen Euro in der gesamten Wahlperiode.

Reiner Holznagel © dpa

Verbandspräsident Reiner Holznagel fordert eine Reduzierung dieser Posten:

Pro Ministerium braucht es höchstens einen Parlamentarischen Staatssekretär – die hohen Kosten und der umstrittene Nutzen dieses Amtes sprechen dafür.

Laut Steuerzahlerbund ist fast jeder elfte Bundestagsabgeordnete der Koalition Parlamentarischer Staatssekretär. Das Gehalt beträgt rund 12.642 Euro pro Monat. Zusätzlich gibt es eine halbe Abgeordneten-Diät in Höhe von 5.007 Euro.

Bundeskanzleramt © dpa

Die Ampel bringt ihre Vertrauten in Top-Jobs. Insgesamt schafft sie 176 neue Stellen.

Es geht um Posten im Bundeskanzleramt, im Bundespresseamt und in acht Bundesministerien - darunter sind 41 Posten mit der Beamten-Besoldung B.

In der Stufe B10 erhalten Spitzenbeamte 14.367,90 Euro Grundgehalt im Monat, plus Zulagen. Für die neuen Posten sollen laut Haushaltsvorlage unbesetzte Stellen an anderer Stelle gestrichen werden.

95 Stellen gibt es allein im neuen, von SPD-Politikerin Klara Geywitz geführten Bauministerium. 21 neue Stellen gibt es im Kanzleramt.

Der Ostbeauftragte - SPD-Mann Carsten Schneider - ist im Kanzleramt angesiedelt und darf zwölf zusätzliche Beamten-Stellen besetzen.

Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck baut sein Ministerium zum Vizekanzleramt um - mit 28 zusätzlichen Top-Jobs.

Im Bundespresseamt wird der zweite stellvertretende Regierungssprecher, Wolfgang Büchner, entgegen der früheren Praxis künftig nach B10 bezahlt. Grundgehalt 14.367,90 Euro. Bisher handelte es sich um eine B9-Stelle.

Außenministerin Baerbock startet Abrüstungs-Initiative

Außenministerin Annalena Baerbock macht den Kampf gegen Atomwaffen zu einer Priorität ihrer Amtszeit.

Nukleare Abrüstung sei für die neue Bundesregierung "eines der zentralen Themen", sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag in Stockholm, wo Baerbock gemeinsam mit ihrer schwedischen Amtskollegin Ann Linde eine Konferenz zum Thema abhielt.

Erstmal ein Selfie: Annalena Baerbock und ihre schwedische Amtskollegin Ann Linde vor Beginn eines Treffens der „Stockholm Initiative“ zur nuklearen Abrüstung. © dpa

Baerbock bekräftigte die Absicht der Ampel, dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten - "als Beobachter mit Konsultation unserer Freunde und Partner", wie sie betonte.

In der Union stößt das Vorhaben auf scharfe Ablehnung. „Dieser symbolische Akt ist überflüssig wie ein Kropf", sagte uns Unionsfraktionsvize Johann Wadephul. "Die Ampel weicht der Realität aus: Sicherheit gibt es - auch im nuklearen Bereich - nur durch glaubwürdige Abschreckung." Der CDU-Außenpolitiker warnte vor einem Alleingang auf Kosten der Nato.

Unsere Kollegin Marina Kormbaki hat die Grünen-Chefin auf ihrer Reise nach Stockholm begleitet. Hier lesen Sie ihren Report über die ersten Schritte Baerbocks im Amt der Außenministerin.

Außenministerin Baerbock: Über den Wolken

Ausgerechnet im Amt der Außenministerin findet die Grünen-Politikerin zurück zu alter Leichtigkeit.

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Veröffentlicht von Marina Kormbaki .

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Schwesig wird besser geschützt

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig © dpa

Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig muss aufgrund der wachsenden Gewaltbereitschaft der Anti-Coronapolitik-Demonstranten unter erhöhten Sicherheitsbedingungen ihren Dienst machen.

Demnach wurde der Personenschutz für die Pandemie-Zeit und die damit einhergehenden Proteste ausgeweitet.

Eine Gruppe von einigen hundert Demonstranten war vor gut einer Woche in Schwerin in Richtung des Wohnhauses der Ministerpräsidentin gezogen und erst kurz davor von der Polizei gestoppt worden.

Bauindustrie hält Ampel-Ziele für "ambitioniert"

Die neue Ampel-Koalition will einen Bau-Boom im Land auslösen und verspricht 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 als Sozialwohnungen. Die neue Bauministerin Klara Geywitz hat exklusiv im Hauptstadt-Podcast ihre Pläne konkretisiert.

Wir haben darüber mit Tim-Oliver Müller gesprochen, dem Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie.

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie  © HDB

Wie realistisch sind die 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr?

Müller Das Ziel der Ampel von 400.000 Wohnungen pro Jahr ist ambitioniert – das sind immerhin knapp 30 Prozent mehr Wohnungen als 2021. Wir haben zwar unsere Kapazitäten weiter aufgestockt und wollen auch 2022 mehr Menschen einstellen. Es werden aber auch neue Konzepte und Methoden, wie das serielle und modulare Bauen, sowie andere strukturelle Rahmenbedingungen notwendig sein, um das politische Ziel überhaupt erreichen zu können.

Was sind derzeit die zentralen Hindernisse für die Bauwirtschaft? Fachkräfte? Flächen? Regularien?

Müller Von allem etwas: Bürokratie, Verfügbarkeiten von Grundstücken, Verordnungen und Vorgaben durch die Öffentliche Hand, die nicht zu einer Überregulierung führen oder zum Investitionshemmnis werden dürfen. Besonders wichtig ist dabei etwa die Harmonisierung der Landesbauordnungen, um mit einheitlichen Standards in ganz Deutschland bauen zu können.

Was erwarten Sie von einem Bündnis für Bezahlbares Wohnen?

Müller Wir haben unter der letzten SPD-Bauministerin Barbara Hendricks gute Erfahrungen gesammelt und begrüßen es, wenn dieses Bündnis wieder aufgenommen wird. Aber: Es ist wichtig, dass der Fokus wieder stärker auf das Bauen an sich gelegt wird. Nur so rücken ingenieurtechnische Lösungen in den Mittelpunkt, die für eine schnelle, hochqualitative Bereitstellung von Wohnraum oder die klimagerechte Sanierung von Bestandsgebäuden dringend mehr Beachtung brauchen!

Keine Testpflicht mit Booster

Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder und des Bundes hat gestern entschieden, dass geboosterte Personen in Zukunft von der Testpflicht befreit werden.

Hier der Beschluss im Wortlaut:

Entscheidung GMK © ThePioneer

CDU-Abstimmung: Schon 60 Prozent haben gewählt

Bei der Frage nach dem neuen CDU-Vorsitzenden zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Bis gestern hatten knapp 60 Prozent der rund 400.000 Mitglieder per Brief oder Online-Abstimmung ihre Stimme für ihren Kandidaten abgegeben, erfuhren wir aus der Parteizentrale.

Noch bis Freitagvormittag können die Mitglieder abstimmen. Es ist die erste Basisbefragung in der CDU. Bei einer Online-Abstimmung der Jungen Union über den CDU-Vorsitz im November 2020 hatte es nur eine Beteiligung von 20 Prozent gegeben. Damals lag Friedrich Merz beim CDU-Nachwuchs vorne.

Schlechte Ergebnisse für Ex-Minister

Bei der Wahl der Fachsprecher und des Fraktionsvorstands in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben die früheren Bundesminister schlechte Ergebnisse eingefahren, der Frust über die zurückliegende Koalition und das Wahlergebnis ist offenbar noch groß.

Die frühere Bildungsministerin Anja Karliczek bekam als neue tourismuspolitische Sprecherin nur 70 Prozent der Stimmen, der ehemalige Kanzleramtsminister Helge Braun als Vorsitzender des Haushaltsausschusses nur 73 Prozent. Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn kam auf 74 Prozent der Stimmen.

Helge Braun, Vorsitzender des Haushaltsausschuss im deutschen Bundestag  © Anne Hufnagl

Die besten Ergebnisse erzielten Fraktionsgeschäftsführer Patrick Schnieder mit 97 Prozent, Außenpolitiker Johann Wadephul mit 96 Prozent und der neue Erste Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei mit 92 Prozent.

Bürgermeister Müller geht bei Postenvergabe leer aus

Berlins scheidender Regierender Bürgermeister Michael Müller droht zum Hinterbänkler der SPD-Fraktion im Bundestag zu werden. Müller lehnte bisher sämtliche Job-Angebote ab, die aus der Fraktionsspitze an ihn herangetragen worden waren. Unter anderem waren der Vorsitz der Enquete-Kommission für die Evaluierung des Afghanistan-Einsatzes im Gespräch; auch über den Sportausschuss wurde nachgedacht.

Eigentlich wollte Müller gestern gegen Michael Roth in eine Kampfabstimmung um den Vorsitz des Auswärtigen Ausschusses gehen. Vor der Sitzung zog er allerdings wegen Chancenlosigkeit zurück.

Marc Schattenmann, bisher Unterabteilungsleiter im Bundesumweltministerium, soll neuer Abteilungsleiter im Entwicklungshilfeministerium werden. Damit wäre der frühere Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion, ehemaliger Visiting Fellow der Harvard University und Mitglied der Atlantik Brücke zuständig für Personal, Budget und die Organisation des Ministeriums der neuen SPD-Ressortchefin Svenja Schulze.

Und noch eine Personalie aus dem Entwicklungsministerium: Die neue Ministerin Schulze bringt aus dem Umweltministerium auch ihren ehemaligen Leiter der Zentralabteilung, Dirk Meyer, mit ins Haus. Er wird im Entwicklungsressort die Abteilung für Globale Gesundheit übernehmen.

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner wird als Staatsminister im Auswärtigen Amt mit den transatlantischen Beziehungen und der Zusammenarbeit in der Nato befasst sein. Lindner wird nach unseren Informationen für allgemeine außenpolitische Fragen verantwortlich sein, worunter auch die Lage in Nah- und Mittelost zählt. Staatsministerinnen sind zudem Anna Lührmann (Europa) und Katja Keul (Abrüstung, Afrika, Kultur).

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Moll soll Pflegebeauftragte der Bundesregierung werden. Das wurde ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner in Koalitionskreisen bestätigt. Die gelernte Altenpflegerin Moll feiert an diesem Mittwoch Geburtstag. Sie wird 53. Bis zu ihrem Einzug in den Bundestag 2017 hatte Moll bei der Caritas gearbeitet. Bei der Wahl im September konnte sie ihr Direktmandat verteidigen. Die SPD-Politikerin stammt aus Eschweiler in Nordrhein-Westfalen.

Jacqueline Boysen soll Geschäftsführerin der in diesem Jahr gegründeten Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung werden. Die 56 Jahre alte Historikerin war zuletzt Redenschreiberin des früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU). 2001 veröffentlichte Boysen eine Biografie über die damalige CDU-Vorsitzende und spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Christiane Hoffmann, bisher Autorin im Spiegel-Hauptstadtbüro, wird neue stellvertretende Regierungssprecherin. Sie wurde von den Grünen nominiert und soll gleichberechtigt mit Wolfgang Büchner den Regierungssprecher Steffen Hebestreit vertreten.

Am Donnerstag steht die erste Lesung des Nachtragshaushalts von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf der Tagesordnung des Bundestages. Das Kabinett soll sich am 5. Januar damit befassen, am 28. Januar soll der Nachtragshaushalt vom Bundestag beschlossen werden, der Bundesrat könnte am 11. Februar tagen.

Die FDP-Fraktion will am Donnerstag im Bundestag den Antrag auf eine neue Sitzordnung stellen. Die Liberalen wollen im Plenum in die Mitte zwischen SPD und Grüne rücken. Dann müssten die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion an den rechten Rand neben die AfD-Fraktion ziehen.

Auf - Christian Haase, CDU-Bundestagsabgeordneter, hat in dieser Woche einen der wenigen Posten ergattert, die zumindest etwas Sichtbarkeit in Oppositionszeiten garantiert. Der Mann aus Nordrhein-Westfalen ist haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion worden. Und er hat jetzt das Wort bei der Union, wenn es um die Haushaltspolitik der Ampel geht. Unser Aufsteiger!

Ab - Michelle Müntefering. Jung, Frau, NRW, Staatsministerin: Eigentlich hat sie vieles von dem, was in der SPD für einen Karriereschritt benötigt würde. Doch Müntefering konnte sich nicht einmal mehr den Vorsitz im Kulturausschuss sichern, den behält Katrin Budde. Aktuell peilt sie offenbar den Vorsitz im Unterausschuss Auswärtige Kulturpolitik an. Das ist bestenfalls mit schönen Reisen verbunden. Absteigerin.

"Es gab ihn nie, diesen großen Radiergummi, der alle zehn Jahre über das kollektive Bewusstsein fährt und das Unrecht und den Völkermord vergessen lässt. Seit Adenauers Zeiten ist sich jede Bundesregierung bewusst, dass sich die Schuld am polnischen Volk nicht tilgen lässt", schreibt Jacques Schuster in der Welt. Die Reparationsforderung diene ausschließlich dazu, “ein deutsches Zerrbild zu schaffen, um mithilfe dieser Fratze das eigene Wahlvolk hinter sich zu scharen.” Lesenswert!

Der Spiegel wirft einen Blick auf den neuen Corona-Expertenrat. Dazu gehören bekannte Wissenschaftlerinnen wie Melanie Brinkmann und Viola Priesemann. Aber auch der Lokalpolitiker Stefan Sternberg. “Er steht an der Spitze eben jenes einzigen Landratsamtes in ganz Deutschland, das kürzlich infolge einer Computerpanne wochenlang überhaupt nicht in der Lage war, dem RKI aktuelle Infektionszahlen zu übermitteln”, heißt es im Nordkurier. Hier geht es zum Text.

Heute gratulieren wir:

Annalena Baerbock, Grünen-Parteichefin und Bundesministerin des Auswärtigen, 41

Anne Spiegel, Grünen-Politikerin und Bundesfamilienministerin, 41

Renate Künast, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 66

Stephan Mayer, CSU-Bundestagsabgeordneter, 48

Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen, 63

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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