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Unsere Themen heute:
Die Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme soll früher teurer werden – die SPD-Linke wehrt sich gegen den Plan aus Kanzleramt und Finanzministerium.
Mehrere Bundesländer wehren sich gegen das Wachstumschancengesetz. Im Bundesrat liegen rund 150 Änderungsanträge vor.
FDP-Verteidigungspolitiker Nils Gründer fordert eine bessere Therapie von psychisch erkrankten Soldaten. Dazu hat er ein Strategiepapier verfasst.
Das Parlament soll sicherer werden. Deshalb erhält die Bundestagspolizei zusätzliche Kompetenzen.
Verena Pausder präsentiert ihr neues Vorstandsteam für den Start-up-Verband – es ist eine vielfältige Mischung aus Gründern und Investoren.
Die Ampel hat einen neuen Gesetzentwurf für ein Wasserstoff-Kernnetz vorgelegt. Wir kennen die Details.
SPD-Linke will Mehrwertsteuer-Plan kippen
Die Sache hatten sich der Bundeskanzler und sein Finanzminister eigentlich clever ausgedacht: Weil die Energiepreise nicht mehr so hoch sind wie im vergangenen Winter, sollte die mit dem Krieg in der Ukraine reduzierte Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme bereits Ende dieses Jahres wieder auf den Normalsatz von 19 Prozent erhöht werden. Ursprünglich war geplant, die Subvention erst Ende März 2024 auslaufen zu lassen.
Die Haushalte könnten sich allein für diese drei Monate über Mehreinnahmen von knapp 2,5 Milliarden Euro freuen. Es wäre eine Entlastung für den Bund und auch für die Länder – auf Kosten der Verbraucher freilich.
Um sie durchzusetzen, griffen Olaf Scholz und Christian Lindner zu einem besonderen Trick: Das Vorhaben wurde in der vergangenen Woche plötzlich zu einem Teil des Wachstumschancengesetzes.
Olaf Scholz und Christian Lindner © dpaSo sollten die Länder, die eigentlich Mehrkosten durch das Gesetz fürchten, die ungeplante Finanzspritze als Anreiz hingehalten bekommen. Es sollte die Mehrheit für das Gesetz im Bundesrat wahrscheinlicher machen.
Nicht nur das Verfahren ist umstritten – auch die Maßnahme selbst. Denn nun begehrt die SPD-Linke auf und will, dass gerade im Winter die reduzierte Mehrwertsteuer für Energie beibehalten wird.
"Es geht hier um mehr als eine Entlastungsmaßnahme", sagte uns der Parteilinke und Finanzpolitiker Tim Klüssendorf.
Es gehe vielmehr um Vertrauen, so der Lübecker Abgeordnete:
Wenn in der aktuell angespannten Lage und einer zu beobachtenden Vertrauenskrise gegenüber der Bundesregierung solche milliardenschweren Beschlüsse nicht mehr eingehalten und durchgehalten werden, sondern entgegen der Versprechen gehandelt wird, zerstört das zusätzlich Glaubwürdigkeit, schädigt Vertrauen und stärkt demokratiefeindliche Kräfte in unserer Gesellschaft.
Bereits am Wochenende hatte Fraktionsvize Matthias Miersch gefordert, dass die Reduktion wie geplant beibehalten wird, andere Pläne seien "ein großes Problem".
Matthias Miersch an Bord der PioneerOne © Anne HufnaglOb die SPD-Linke dabei auf Unterstützung hoffen kann, ist offen. Bei den Grünen läuft die Entscheidungsfindung, man will die finanziellen Effekte auf Verbraucher durchrechnen.
Finanzpolitiker Bruno Hönel sagte uns, es gebe noch Diskussionsbedarf. Er setze sich dafür ein, dass die betroffenen Unternehmen und Bürger "so schnell wie möglich Klarheit" erhielten.
Länder gegen das Wachstumschancengesetz
Mehrere Bundesländer haben Bedenken angesichts des von der Ampel-Koalition beschlossenen Wachstumschancengesetzes angemeldet und drohen mit einem Veto im Bundesrat.
Es gebe bisher rund 150 Änderungsanträge, hieß es aus dem Bundesrat.
Sowohl SPD-geführte Länder wie Bremen und Rheinland-Pfalz, als auch CDU-geführte Landesregierungen wie Hessen und NRW verlangen finanzielles Entgegenkommen durch den Bund.
"Notfalls gehen wir in den Vermittlungsausschuss", heißt es in einer Staatskanzlei eines großen Landes.
Unter anderem sieht der Gesetzentwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) Verbesserungen beim steuerlichen Verlustabzug, eine Investitionsprämie und eine degressive Abschreibung für die Bauwirtschaft vor. Die Länder sind vor allem durch die Einnahmeausfälle bei den Abschreibungsvorteilen betroffen.
Lindner war den Ländern mit der Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Gas schon zum Jahreswechsel bereits entgegenkommen, die Einnahmen kommen zu rund 50 Prozent den Ländern zugute, doch offenbar reicht ihnen das nicht.
Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll das Thema erörtert werden.
FDP-Verteidigungspolitiker will PTBS besser behandeln
Der FDP-Verteidigungspolitiker Nils Gründer will die Belange von mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) betroffenen Soldatinnen und Soldaten besser in den Fokus der Politik führen.
"Das Risiko von physischen oder psychischen Einsatzfolgeschäden ist ein unumgänglicher Bestandteil des Berufslebens von Soldatinnen und Soldaten", heißt es in einem Strategiepapier zu dem Thema, das Gründer für die FDP-Fraktion verfasst hat.
Er fordert unter anderem eine bessere psychologische Behandlung und mehr Therapiemöglichkeiten – etwa mit Hunden. Diese "Formen der tierbegleiteten Therapie sollten in der Bundeswehr eingeführt werden und Teil der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung werden, wenn auch zukünftige Ergebnisse die Effektivität der Methodik bestätigen", so Gründer.
Hunde könnten zur Therapie von Soldaten mit posttraumatischer Belastungsstörung eingesetzt werden. © dpaAuch sollte das Thema enttabuisiert werden. "Der größte Schaden entsteht für Betroffene, wenn sie aufgrund von Scham oder einem Selbstverständnis, das keine Schädigung akzeptiert, keine Hilfe suchen", schreibt der bayerische Abgeordnete.
Im Jahr 2022 wurden 305 einsatzbedingte psychische Neuerkrankungen in der Bundeswehr diagnostiziert, davon rund zwei Drittel PTBS-Fälle. Viele der Fälle werden erst Jahre später diagnostiziert.
Nils Gründer © ThePioneerEntwurf: Mehr Kompetenzen für die Bundestagspolizei
© The PioneerDie Bundestagspolizei soll in bestimmten Fällen künftig auch außerhalb der Parlamentsgebäude in Berlin tätig werden dürfen.
Das geht aus dem Entwurf für ein Bundestagspolizeigesetz hervor, den unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat. Es gehe darum, „die örtliche Zuständigkeit maßvoll auszuweiten, indem die strikte Bindung an die Parlamentsgebäude gelockert wird“.
Das Papier, das die Parlamentsverwaltung erarbeitet hat, soll nun mit den Fraktionen abgestimmt werden.
Darin heißt es, eine Beschränkung der Zuständigkeit der Bundestagspolizei auf die Parlamentsgebäude werde „den heutigen Anforderungen“ nicht mehr gerecht.
Wörtlich heißt es:
Bestehen Gefahren für die Gebäude oder in den Gebäuden des Bundestages, kann deren Abwehr auch Maßnahmen außerhalb dieser Gebäude erforderlich machen.
Dabei müssen sich die Beamtinnen und Beamten in der Regeln mit anderen Behörden abstimmen – außer bei Gefahr in Verzug.
Laut Gesetzentwurf soll die Bundestagspolizei künftig beispielsweise auch dann zuständig sein, „wenn sich ein Schütze außerhalb des Gebäudes des Bundestages befindet, der auf den Eingangsbereich oder die Kuppel des Reichstagsgebäudes schießt“.
Ausriss aus dem Entwurf für eine BundestagspolizeiBislang operierte die Bundestagspolizei – eine Einheit mit 228 Planstellen für Polizistinnen und Polizisten – ohne gesetzliche Grundlage. Sie ist zuständig für Sicherheit und Ordnung im Reichstagsgebäude und in den umliegenden Parlamentsbauten – Deutschlands kleinstem Polizeibezirk.
Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, sagte uns, es sei wichtig, dass „die allgegenwärtige Zeitenwende“ im Bundestag ankomme: "Ich bin sicher, dass auch für diesen Gesetzentwurf gelten wird, dass kein Gesetz das Parlament so verlässt, wie es eingebracht wurde.“
Merz, Söder und von der Leyen beim JU-Deutschlandtag
Die Teilnehmer des Deutschlandtags der Jungen Union, der am kommenden Wochenende in Braunschweig stattfindet, dürfen sich auf zahlreiche namhafte Gastredner freuen.
So werden am Samstag die Vorsitzenden Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) auf Einladung von JU-Chef Johannes Winkel eine Rede halten und anschließend mit dem Parteinachwuchs diskutieren.
Am Sonntag sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die belarussische Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya zu Gast.
JU-Chef Johannes Winkel (r.) und der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz beim Deutschlandtag der Jungen Union im vergangenen Jahr. © dpaAußerdem stehen unter anderem Generalsekretär Carsten Linnemann, der niedersächsische Landeschef und Gastgeber Sebastian Lechner, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jens Spahn und EVP-Chef Manfred Weber auf der Rednerliste.
Ampel legt neuen Gesetzentwurf für Wasserstoff-Kernnetz vor
Die Ampel-Arbeiten an einem Gesetzentwurf für ein Wasserstoff-Kernnetz gehen voran. Der jüngste Regierungsentwurf vom 12. Oktober, der uns vorliegt, beschreibt den regulatorischen Rahmen für den Aufbau.
Wasserstoff-Anlage in Bayern © dpaZu den Kernelementen gehört ein alle zwei Jahre aktualisierter Netzentwicklungsplan Gas und Wasserstoff, der von den Fernleitungsnetzbetreibern und den künftigen Betreibern von Wasserstofftransportnetzen erarbeitet werden soll.
Unterstützend soll eine Koordinierungsstelle eingerichtet werden, die unter anderem eine Datenbank mit allen für die Erstellung des Netzentwicklungsplans relevanten Informationen aufbauen soll. Die Koordinierungsstelle werde die "zentrale Ansprechpartnerin" für alle Fragen zum Netzausbau sein, heißt es in dem Entwurf.
Startup-Präsidentin Pausder präsentiert ihr Team
Die designierte neue Chefin des Bundesverbands der Deutschen Startups, die Unternehmerin Verena Pausder, hat ihre Kandidatinnen und Kandidaten für den neuen Vorstand bekanntgegeben.
Das Vorstandsteam soll aus folgenden Gründerinnen und Gründern bestehen: Nicole Büttner, Founder und CEO Merantix Momentum, Jochen Engert, Co-Founder und Vice Chairman Flix, Kati Ernst, Co-Founder und Co-CEO Ooia, Zoé Fabian, Growth-Investorin, Hélène Huby, Mitbegründerin und CEO The Exploration Company, Benedict Kurz, CEO und Gründer Knowunity, Magdalena Oehl, Founder und Geschäftsführerin TalentRocket, Sebastian Pollok, Founding Partner Visionaries Club, und Helmut Schönenberger, Co-Founder und CEO UnternehmerTUM.
„Mit diesem Vorstandsteam ist es gelungen, ein exzellent vernetztes und diverses Team zusammenzustellen, das die gesamte Dynamik und Vielfalt der deutschen Startup-Landschaft widerspiegelt", sagte Pausder.
Verena Pausder © The PioneerAm 6. Dezember findet die Wahl statt. Der bisherige Präsident des Verbands, Christian Miele, hatte sich nach vier Jahren zurückgezogen und Pausder vorgeschlagen.
Rainer Dulger als Arbeitgeberpräsident wiedergewählt
Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände © BDA/Michael HübnerRainer Dulger ist als Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bestätigt worden. Der 59-jährige Unternehmer wurde in geheimer Wahl für eine weitere zweijährige Amtszeit einstimmig wiedergewählt.
In bewährter Funktion wird Dulger auch erneut Gastgeber des Deutschen Arbeitgebertags sein, der heute in Berlin stattfindet und von einem der Autoren dieses Briefing moderiert wird. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werden noch weitere Spitzenpolitiker wie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) erwartet.
Mit der Bundesregierung ging Dulger kurz vor dem Arbeitgebertag noch einmal scharf ins Gericht. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beklagt er: „Wir erleben einen wirtschaftspolitischen Stillstand in der Zeitenwende – der Zug ist schon zu Beginn der Strecke stehen geblieben“.
Kein Kabinett wegen Scholz-Besuch in Israel
© The PioneerDie Bundesregierung hat die Sitzung des Kabinetts an diesem Mittwoch abgesagt. Grund ist die Israel-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
„Eine Verschiebung auf einen früheren/späteren Termin in dieser Woche erfolgt nicht“, heißt es in einer regierungsinternen Mitteilung.
„Alle Vorhaben, die für den 18. Oktober geplant waren, werden auf die nächste Kabinettssitzung am 25. Oktober 2023 geschoben.“
Bundestag soll über Antisemitismus in Deutschland debattieren
An diesem Mittwoch soll es nach dem Willen von CDU und CSU im Bundestag eine Aktuelle Stunde zu Antisemitismus in Deutschland geben. Das geht aus einem Schreiben von Thorsten Frei (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag, an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hervor.
Die Aktuelle Stunde soll am Nachmittag direkt nach der Fragestunde im Plenum stattfinden. An diesem Dienstag beraten die Fraktionsgeschäftsführer über die Tagesordnung für die laufende Sitzungswoche.
Auf - Christian Lindner. Vor rund zehn Jahren übernahm der FDP-Politiker eine am Boden liegende und aus dem Bundestag geflogene Partei, dann begann der Aufstieg. Trotz des Imageproblems in der Ampel ist Lindner auf dem Zenit seiner Macht, als Parteichef und Finanzminister. Am 26. Oktober wird er als "politische Marke" in Frankfurt von der Weimar Media Group ausgezeichnet. Glückwunsch!
Ab - Robert Habeck. Der Wirtschaftsminister hat kurzfristig seinen Auftritt beim Arbeitgebertag an diesem Dienstag in Berlin absagen lassen, angeblich aufgrund eines EU-Energieministertreffens. Der Termin dafür dürfte indes schon länger bekannt gewesen sein. In der Wirtschaftskrise wäre ein Auftritt bei der zentralen Veranstaltung der Arbeitgeberverbände ein wichtiges Zeichen gewesen. Chance vertan.
Die Ergebnisse der Parlamentswahl in Polen sind auch Thema in den politischen Kommentaren:
NZZ-Redakteurin Meret Baumann sieht für die Opposition gute Chancen, die neue Regierung zu bilden. Ihr Ziel sei, die demokratiepolitischen Rückschritte der letzten Jahre rückgängig zu machen. Allerdings werde sie auf große Hürden stoßen, so Baumann. Angesichts der dramatischen Weltlage und der bedeutenden Rolle Polens bei der Unterstützung der Ukraine sei es nicht falsch, von einem Sieg der Demokratie zu sprechen, wie es der Oppositionsführer Donald Tusk am Sonntagabend tat. Dennoch seien die institutionellen Hürden groß. Ein Beispiel dafür sei Staatspräsident Andrzej Duda, der sich in den letzten Jahren immer wieder als treuer Erfüllungsgehilfe der PiS erwiesen habe, aus deren Reihen er stamme. Duda besitze ebenfalls ein Vetorecht und könne damit Reformen einer neuen Regierung blockieren. Hier können Sie ihren vollständigen Kommentar lesen.
Der polnische Journalist und Policy Fellow Piotr Buras sieht in dem Ergebnis ein Signal von großer Bedeutung, das über das Land hinausreiche. In einem Gastbeitrag für die Zeit schreibt er, das Überwinden eines illiberalen Regimes, das den Anschein von Legalität und Demokratie wahrt, stelle für ihn politisches Neuland dar. Die neue polnische Regierung verdiene das Vertrauen der Europäer. In einer Zeit des Krieges in der Ukraine und in Israel, geopolitischer Turbulenzen sowie anstehender EU-Reformen und Erweiterungen sei ein konstruktives Polen wie lange nicht mehr benötigt, so der polnische Journalist in seinem Gastbeitrag. Spannend!
Heute gratulieren wir herzlich:
Luise Amtsberg (Grüne), Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, 39
Elisa Ferreira, EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, 68
Claus Jäger, Pionier der Ampel-Koalitionen, Ex-Wirtschaftssenator Bremen, 80
Peter Prügel, deutscher Botschafter in Tunesien, 65
Christiane Schenderlein, CDU-Bundestagsabgeordnete, 42
Michael Stübgen (CDU), Innenminister in Brandenburg, 64
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre