Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes

Steinmeiers Problem heißt Schröder

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Der Bundespräsident hadert mit seinem alten Weggefährten und Mentor Gerhard Schröder. Frank-Walter Steinmeier muss entscheiden, ob er ihm das Bundesverdienstkreuz abnimmt. Im Amt wird das Thema diskutiert.

  • Die Ampel streitet über die Zukunft von Hartz IV. Die Grünen wollen die Sanktionen abschaffen, die FDP nicht. Hier lesen Sie die Details.

  • Angehörige von deutschen Diplomaten in der Moskauer Botschaft dürfen wegen der Sicherheitslage nun kostenlos ausreisen, wir kennen die Hintergründe.

  • Die Gesundheitsminister wollen demnächst über mehr Eigenverantwortung nach Corona-Infektionen beraten. Wir sagen, worum es geht.

Männerfreundschaft in der Krise

Er war Gerhard Schröders "graue Effizienz". Sein "Mach mal", Troubleshooter und Problemlöser.

Der frühere Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier war für den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder sein wichtigster Mitarbeiter.

Und für den Seiteneinsteiger Steinmeier war Schröder die Eintrittskarte in die Politik.

Sein Mentor und Förderer.

Doch jetzt soll Steinmeier eine heikle Entscheidung treffen.

Im Bundespräsidialamt wurde unlängst ein Thema diskutiert, das Steinmeier, der angesichts der ukrainischen Absage an den geplanten Besuch in Kiew politisch massiv unter Druck steht, in ein neues Dilemma stürzt.

Die Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes von Gerhard Schröder.

1999 hatte Bundespräsident Roman Herzog dem damaligen Kanzler den Orden verliehen, der wegen besonderer politischer, kultureller oder wirtschaftlicher Leistungen nach einem komplizierten Verfahren und entsprechender Prüfung an Persönlichkeiten vergeben wird.

Aus der Hand von Bundespräsident Roman Herzog erhält Gerhard Schröder 1999 den Verdienstorden.  © dpa

Die früheren Bundeskanzler und die Bundeskanzlerin haben den Orden automatisch für ihre Verdienste für das Land erhalten.

Nun gibt es im Amt Befürworter, dem Altkanzler wegen seiner unverbrüchlichen Treue zu dem Kriegstreiber Wladimir Putin die höchste Auszeichnung zu entziehen. Er könne sie nicht mehr mit Würde tragen, heißt das Argument.

CSU-Fraktionsgeschäftsführer Stefan Müller fordert Steinmeier dazu auf.

"Trotz des fast täglichen Bekanntwerdens von russischen Kriegsverbrechen distanziert sich Schröder nicht von Russlands Machthaber Putin und übt immer noch Funktionen in russischen Unternehmen aus", sagte Müller.

Dieses Verhalten ist so ehrlos, dass es mit dem Tragen des Bundesverdienstkreuzes unvereinbar ist.

Doch der Bundespräsident will nicht, wie er selbst am Rande seiner Reise vergangene Woche nach Finnland einräumte.

Offiziell teilt das Amt mit, ein "Verfahren zur Entziehung ist weder eingeleitet noch in Vorbereitung". Es sei geübte Praxis, dass Bundeskanzler oder Bundeskanzlerinnen in den ersten Jahren ihrer Amtszeit den Orden bekämen.

Nur bei zwei Personen wurde bisher der Verdienstorden wieder aberkannt, nachdem Nazi-Verstrickungen bekannt wurden.

Bei Gerhard Schröder gibt es kein Präjudiz, sein Verhalten ist moralisch fragwürdig, aber juristisch nicht relevant.

Also kann nur der Bundespräsident persönlich entscheiden.

Über die Ordens-Debatte im Amt und das Verhältnis von Schröder und Steinmeier lesen Sie hier den Hintergrund.

Schröders Orden und Steinmeiers Beitrag

Der Bundespräsident muss über den Verdienstorden für seinen alten Weggefährten entscheiden.

Artikel lesen

Veröffentlicht von Michael Bröcker .

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Ukraine: Nehammer sieht Chancen bei Istanbul-Prozess

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat nach seinem persönlichen Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin die Chance eines Friedensprozesses in Istanbul hervorgehoben. Dies habe Putin selbst angesprochen, sagte uns Nehammer.

“Es besteht die Chance, dass das zumindest eine Plattform wird, um dann substanzielle Friedensgespräche zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation führen zu können”, sagte Nehammer.

Der Bundeskanzler des Nicht-Nato-Mitglieds Österreich war am Montag zu einem mehrstündigen persönlichen Gespräch mit Putin im Kreml.

Bundeskanzler Karl Nehammer im Gespräch mit Michael Bröcker auf der Pioneer One.  © Anne Hufnagl

Zu den Motiven Putins sagte Nehammer:

“Seinen Angaben entsprechend geht es ihm jetzt vor allem um den Osten der Ukraine, um dort eine Art Sicherheitsstreifen für die Russische Föderation zu erhalten. Das wird er jetzt offensichtlich mit allen militärischen Mitteln durchziehen.”

Einen wahnsinnigen oder psychisch deformierten Staatschef habe er nicht erlebt, so Nehammer.

Das ganze Gespräch hören Sie heute morgen im Pioneer Podcast hier.

So streitet die Ampel über die Hartz-IV-Sanktionen

Jobcenter © imago

Die Ampel will die Sanktionen bei Hartz IV vorübergehend aussetzen - über eine im Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) enthaltene Ausnahme gibt es nun jedoch Streit in der Koalition, wie unser Kollege Rasmus Buchsteiner berichtet.

Das bis Ende des Jahres befristete Moratorium ist ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Bürgergeld, das ab 2023 Hartz IV ersetzen soll.

Die umstrittene Ausnahme sieht vor, dass Leistungskürzungen möglich bleiben, wenn Arbeitslose „ohne wichtigen Grund nicht zu vereinbarten Terminen im Jobcenter erscheinen“. Dann kann das Arbeitslosengeld II - derzeit 449 Euro monatlich für Singles - vorübergehend um 10 Prozent gemindert werden.

Die Grünen wollen das nicht hinnehmen. Sie wollen ein Moratorium „auf alle bisherigen Sanktionen“, wie ihr Sozialexperte Andreas Audretsch sagt. Die FDP hält dagegen - was Arbeitsminister Heil durchaus recht sein dürfte. Der Sozialdemokrat ist ein Verfechter von Mitwirkungspflichten.

Die Arbeitgeber lehnen die Koalitionspläne generell ab. „Ein Sanktionsmoratorium à la Ampel ist ein weiterer Schritt in den Vollkasko-Staat, der Menschen lieber versorgt und verwahrt als aktiviert“, meint Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Der Kampf um die Sanktionen bei Hartz IV

Es geht um die Mitwirkungspflichten von Arbeitslosen. Die Koalition hat sich bei dem Thema verhakt.

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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Bundesregierung will Bürokratieabbau nicht messen lassen

Die Ampel-Koalition hat sich den Abbau von Planungs- und Genehmigungsverfahren auf die Fahnen geschrieben und im Koalitionsvertrag eine Halbierung der Verfahren bei Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren versprochen.

Doch worauf basiert das Versprechen? Das wollte der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor vom Bundesinnenministerium wissen.

Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Mahmut Özdemir (SPD) lautet nun, dass dies ein politisches Ziel sei und man erhebliche Anstrengungen dafür leisten werde:

"Die statistische Begleitung dieses Vorhabens wird dagegen nicht als wesentliches Ziel angesehen."

Amthor, der in der Unionsfraktion für Staatsmodernisierung zuständig ist, kritisierte die Antwort:

„Es ist ein trauriger Offenbarungseid der Ampel, dass sie ihr zentrales Versprechen einer Halbierung der Dauer von Verwaltungsverfahren schon in der Frühphase dieser Legislaturperiode als heiße Luft enttarnen muss."

Wer mangels statistischer Bemessungsgrundlage keinen Überblick über die Dauer von Verwaltungsverfahren habe, könne auch deren Halbierung nicht seriös versprechen.

"Ein Versprechen, dessen Einhaltung nicht faktenbasiert nachprüfbar ist, ist nichts wert."

Angehörige der Botschaft in Moskau können ausreisen

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges sind in der deutschen Botschaft in Moskau zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt worden. Dazu zählt die Möglichkeit für Angehörige deutscher Diplomatinnen und Diplomaten, rasch das Land zu verlassen.

Wie unser Reporter Christian Schweppe recherchiert hat, gilt für die deutschen Auslandsvertretungen in Russland inzwischen die sogenannte Krisenstufe 2a. Das wurde uns aus Kreisen des Auswärtigen Amtes bestätigt.

Der Schritt bedeutet, dass die Familienangehörigen von entsandten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unkompliziert ausreisen können und die verbundenen Kosten durch das Auswärtige Amt getragen werden.

Deutsche Botschaft in Moskau (2014) © dpa

Sollte der Krieg weiter eskalieren oder Russland gar das Kriegsrecht auf eigenem Boden ausrufen, könnte die deutsche Botschaft in Moskau ganz geschlossen werden.

Szenarien dafür werden üblicherweise von den stationierten Diplomaten frühzeitig vorbereitet.

Bundestag: Fast jeder vierte Abgeordnete hatte Corona

Die Impfpflicht ist im Bundestag vorerst gescheitert, doch das Corona-Virus wird den Bundestag weiter beschäftigen – auch, weil immer wieder Parlamentspersonal und Abgeordnete selbst erkranken.

Seit Beginn der Pandemie sind der Bundestagsverwaltung 1.100 Corona-Infektionen unter den im Haus tätigen etwa 10.000 Personen bekannt geworden. Betroffen sind die Volksvertreter selbst, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Fraktionspersonal sowie Verwaltung und Dienstleister.

Bundestag © imago

Mindestens 178 Infektionen sind mit Blick auf die 736 Mitglieder des Bundestags selbst bis heute gemeldet worden, erfuhr unser Reporter Christian Schweppe. Die Dunkelziffer dürfte höher sein – von einer Meldepflicht sieht man im Parlament weiter ab. Eine Statistik über Ergebnisse der täglichen Coronatests im Haus gibt es ebenfalls nicht.

Personalrochade im ZDF

Der Verwaltungsrat des ZDF hat am vergangenen Freitag die neue Chefredakteurin Bettina Schausten ernannt, eine Personalrochade geht damit offenbar einher.

Weil die 57-jährige Schausten als eher konservativ gilt, soll ihre Stellvertreterin und der neue Leiter des Hauptstadtstudios in Berlin SPD-nah sein, hören wir aus dem Verwaltungsrat.

Die bisherige Brüssel-Studioleiterin Anne Gellinek wird stellvertretende Chefredakteurin.

Im Gespräch für die Leitungsfunktion in Berlin ist angeblich der Leiter der ZDF-Tagesmagazine (u.a. Morgenmagazin), Andreas Wunn. Eine Bestätigung gab es dafür nicht.

Angeblich soll der bisherige Studioleiter Theo Koll, der seit 2019 das Hauptstadtstudio des ZDF leitet, nach London gehen und dort Diana Zimmermann ersetzen.

Koll gilt in Berlin als "Schwarzer", Wunn als "SPD-nah".

Angeblich wird mit der Personalrochade der politische Machtwechsel nach der Bundestagswahl auch in der Redaktion berücksichtigt. Bei der Besetzung der Spitzenpositionen bei ARD und ZDF wird traditionell auch nach der Nähe der Journalisten zu Parteien verfahren. In den Kontrollgremien der Sender sitzen auch Politiker.

Am 25. April 2022 wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern über das weitere Vorgehen in der Corona-Politik beraten. Dabei soll es um eine Strategie gehen, die stärker auf Eigenverantwortung der Bürger setzt, hören wir.

Am Montag hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Runde noch einmal das Hin und Her um seinen Vorstoß für eine freiwillige Isolation von Infizierten bedauert. Er habe „einen schlechten Vorschlag“ gemacht, hieß es in Teilnehmerkreisen.

© The Pioneer

Auf - Klaus Müller ist jetzt Robert Habecks wichtigster Mann. Der frühere Grünen-Politiker und bisherige Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale führt inzwischen die Bundesnetzagentur. Das ist jene Behörde, bei der die Fäden zusammenlaufen, sollte es tatsächlich zum drohenden Gas-Notstand kommen. Müller plant für den Tag X und spricht Klartext, was die Konsequenzen eines Lieferstopps angeht. Beschönigen bringt ja auch nichts. Der Netz-Präsident ist unser Aufsteiger.

Ab - Manuela Schwesig versuchte am Dienstag mit der Ankündigung, weitere Corona-Regeln in Deutschlands Nordosten zu lockern, Positiv-Botschaften zu setzen. Dabei steckt Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin tief in der Krise - wegen ihrer Russland-Politik. Kritische Fragen zur von der Landesregierung forcierten „Klimastiftung“, die helfen sollte, US-Sanktionen gegen Nord Stream II zu umgehen, dürfen nicht einfach abgebügelt werden. Umfassende und vor allem schonungslose Aufklärung wäre jetzt angezeigt.

In der neuen Ausgabe der Zeit analysiert Kollegin Mariam Lau die Lage von Karl Lauterbach. Ihr Urteil: Der Gesundheitsminister stehe in der Koalition mittlerweile recht allein da. Doch nach dem Desaster um seinen Vorstoß für eine freiwillige Isolierung von Corona-Infizierten und der Niederlage bei der Impflicht zeigt sich der SPD-Politiker erstaunlicherweise nicht zerknirscht. "Ich habe das Vertrauen der Bevölkerung nicht verloren", sagte Lauterbach der Kollegin. "Viele Leute fühlen sich wohl mit einem Minister, der einen Fehler einräumt, als mit einem, der stur bei seiner Linie bleibt, auch wenn er längst nicht mehr davon überzeugt ist." Nachzulesen ist der Text hier.

Heute gratulieren wir herzlich:

Katharina Beck, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 40

Katrin Budde, SPD-Bundestagsabgeordnete, 57

Josef Rief, CDU-Bundestagsabgeordneter, 62

© The Pioneer

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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