Streit um die Atomkraft

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© ThePioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zum Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • In den Koalitionsverhandlungen gibt es bei zwei Finanzmarkt-Themen Streit zwischen Grünen und FDP. Dabei geht es auch um das ideologisch aufgeladene Thema Atomkraft.

  • Armin Laschet hatte einen Favoriten für seine Nachfolge im Blick. Ein CDU-Mann, der integrieren kann und die liberale Mitte repräsentiert. Doch er sagte ab. Wir kennen den Namen.

  • Thüringen wird zum neuen Krisenbundesland in der Corona-Pandemie. Ein Bericht der Bundesregierung zeigt alarmierende Zahlen aus dem Bundesland.

  • Eine neue Studie besorgt die Ministerpräsidenten vor der Corona-MPK an diesem Donnerstag. Der Impfschutz schwindet schneller als gedacht.

  • Der Hauptausschuss hat letzte Änderungen bei der laufenden Pandemie-Gesetzgebung auf den Weg gebracht. Wir haben Details - unter anderem zu den geplanten Bußgeldern bei 3G-Verstößen.

Der Streit um das Comeback der Atomkraft

Es ist das Dokument eines besonderen Streits in den Koalitionsverhandlungen: Auf den ersten Blick geht es nur um nachhaltige Finanzierung.

Doch dahinter steht ein handfester ideologischer Konflikt.

Die Frage nämlich, ob die Tür für ein Comeback der Atomkraft in Europa einen Spalt weit geöffnet werden soll – oder nicht. Das Dokument - der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Finanzen - liegt uns vor.

Es ist voller parteipolitischer Differenzen.

Hauptgegner in dem Streit: FDP und Grüne. Der Streitgegenstand: Soll Atomkraft als klimafreundliches Investment anerkannt werden oder nicht?

Die Grünen sind strikt dagegen.

Die FDP fordert dagegen eine Abstimmung mit den europäischen Partnern – also auch mit dem Kernenergiebefürworter Emmanuel Macron aus Frankreich.

Ausriss Finanzgruppe © ThePioneer

Einig sind sich die Ampelpartner darin, dass Deutschland ein führender Standort nachhaltiger Finanzierung werden soll. Transparenzstandards sollen vereinheitlicht werden.

Doch dann beginnen die Unterschiede.

Die Grünen wehren sich gegen eine Formulierung, die die Finanzierung von Brückentechnologien in der EU befördern soll. Zu erkennen an der grünen Farbe der Korrekturen im Dokument.

Stattdessen fordert die Ökopartei den folgenden Satz:

Gegen die Aufnahme von Atomkraft und Gas als nachhaltige Technologie wird sich die Bundesregierung aktiv einsetzen.

Die FDP dagegen will vor allem einen Dialog mit der Wirtschaft. Die Formulierungen der Liberalen kämen gerade der französischen Initiative pro Atomkraft entgegen.

Hintergrund des Streits sind die Vorbereitungen für ein neues System auf europäischer Ebene („Taxonomie“), nach dem Investments politisch als nachhaltig erfasst und entsprechend eingestuft werden. Danach können sich Anleger orientieren, die ihr Geld klimafreundlich investieren wollen.

Frankreichs Präsident Macron wirbt massiv dafür, neue Atommeiler als nachhaltig einzustufen - ohne dass Angela Merkel auf EU-Ebene allzu großen Widerstand geleistet hatte. Auf dem letzten EU-Gipfel zeichnete sich eine Mehrheit für Macrons Position ab.

Nach Angaben aus der Kommission soll bis Jahresende entschieden werden. Danach können die Mitgliedstaaten noch Einwände erheben.

Das von Macron betriebene Comeback der Atomkraft könnte zur ersten deutsch-französischen Kraftprobe führen - diesmal mit einem neu gewählten Kanzler Olaf Scholz.

Streit auch um Provisionen für Anlageberater

Auch bei der Frage nach Provisionen für Anlageberater liegen Grüne und FDP deutlich auseinander.

So wollen die Grünen die provisionsbasierte Beratung von Kleinanlegern durch unabhängige Honorarberatung ersetzen.

Auf EU-Ebene soll sogar für ein Ende der Provisionsberatung gekämpft werden.

Ausriss Provisionen © ThePioneer

Dass die Finanzberatung einen unverzichtbaren Beitrag zum privaten Vermögensaufbau und zur Altersvorsorge leiste, wollen die Grünen nicht im Koalitionsvertrag verankern.

Dies sieht die FDP anders. Für "erfahrene Privatanleger" wollen die Liberalen die gesetzlichen Mindeststandards bei der Anlageberatung sogar absenken.

Und Altersvorsorgeprodukte sollen zwar reformiert werden, sie sollen dadurch aber vor allem attraktiv und rentabel gehalten werden. Einen Provisionsdeckel halten die Liberalen für falsch.

Das Dokument aus der Arbeitsgruppe zeigt: Die ideologischen Auseinandersetzungen in der Finanzpolitik dürften die Gruppe der Hauptverhandler in dieser Woche noch eine Weile beschäftigen.

1. Bis zu 25.000 Euro Bußgeld bei Verstößen gegen 3G-Pflicht im Job

Arbeitgeber müssen die 3G-Nachweise ihrer Mitarbeiter täglich kontrollieren. © Imago

Die Pläne für 3G im Job sind inzwischen mit einer Bußgeldvorschrift versehen worden.

Ein entsprechender Änderungsantrag von SPD, Grünen und FDP, der am Dienstag vom Hauptausschuss beschlossen wurde, liegt uns vor.

Arbeitsplätze, an denen physische Kontakte nicht ausgeschlossen werden können, darf künftig nur noch betreten, wer geimpft, genesen oder getestet ist. Arbeitgeber sind verpflichtet, täglich die Nachweise zu kontrollieren und die Ergebnisse zu dokumentieren.

Verstöße gegen die Nachweis- und Kontrollpflichten können nach Angaben aus Kreisen der möglichen Ampel-Koalitionen mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld sanktioniert werden.

3G soll nach dem Änderungsantrag auch in Bussen und Bahnen sowie im Flugverkehr gelten. SPD, Grüne und FDP haben nun eine wichtige Klarstellung vorgenommen: Die jeweiligen Verkehrsbetriebe („Beförderer“) werden verpflichtet, die Vorgaben „durch stichprobenhafte Nachweiskontrollen“ zu überwachen.

Die Regelungen sollen mit weiteren Änderungen des Infektionsschutzgesetzes am Donnerstag vom Bundestag und am Freitag vom Bundesrat beschlossen werden.

2. Studie: Impfungen lassen schneller nach als gedacht

In den Reihen der Ministerpräsidenten sorgt vor dem Treffen am Donnerstag eine Studie für Aufsehen, nach der der Impfschutz vor Covid-19 deutlich rascher sinkt als bisher gedacht.

Das ist das Ergebnis einer Forschungsgruppe der Universität Umeå in Schweden. Ihre Studie ist bisher nur als Preprint veröffentlicht, eine weitere Prüfung steht noch aus.

Doch die Daten sind schon jetzt besorgniserregend. Das Team hat mehr als 840.000 Geimpfte mit ebenso vielen Ungeimpften verglichen. In einem Beobachtungszeitraum von neun Monaten gab es 28.000 symptomatische Corona-Infektionen.

Bis zum zweiten Monat lag der Impfschutz bei den Geimpften im Schnitt über alle Impfstoffe hinweg bei rund 90 Prozent, doch schon nach sieben Monaten fiel der Schutz auf 23 Prozent. Der Wert gilt de facto als ungeimpft.

Bei einer Impfung mit Biontech war nach sieben Monaten überhaupt kein Effekt mehr nachweisbar, bei Astra Zeneca schon nach vier Monaten.

Einige Ministerpräsidentin wollen bei dem Treffen deshalb die Booster-Impfungen beschleunigen und eine neue Kampagne beschließen. Der Druck auf die Ständige Impfkommission (Stiko) für eine offizielle Empfehlung der Drittimpfung soll erhöht werden.

3. Thüringen mit höchster Zahl der Hospitalisierungen

Thüringen hat die mit Abstand höchste Hospitalisierungsrate von Corona-Patienten aller Bundesländer. Das geht aus einem internen Lagebericht der Bundesregierung zur Pandemie hervor, in den wir Einblick erhalten haben.

Demnach werden in dem Bundesland bei aktuell 546 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner/Woche 16,55 Personen durchschnittlich ins Krankenhaus eingeliefert.

Hospitalisierungsinzidenz laut Regierungsbericht © ThePioneer

Während Thüringen bei den Infektionen auf dem dritten Platz hinter Sachsen und Bayern liegt, ist der Abstand zu dem am zweitschwersten betroffenen Bundesland bei den Hospitalisierungen erheblich: Es folgt Sachsen-Anhalt mit einer Inzidenz von knapp acht Hospitalisierungen.

Die hohe Zahl hat zur Folge, dass auch die Intensivstationen in Thüringen so stark unter der Corona-Pandemie leiden wie in keinem anderen Bundesland.

25 Prozent der verfügbaren Plätze sind bereits durch Corona-Patienten belegt.

Dahinter folgen Bayern und Sachsen mit 21 Prozent - in Schleswig-Holstein sind es 3 Prozent.

Er versuchte es gleich in mehreren Gesprächen. Doch der scheidende CDU-Chef Armin Laschet hatte am Ende keinen Erfolg, seinen Wunschnachfolger für den Bundesvorsitz der Partei zu einer Kandidatur zu überreden.

David McAllister, früherer niedersächsischer Ministerpräsident und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, sagte ab. Er wolle in der Europapolitik und in Brüssel bleiben, beschied McAllister seinem Parteifreund aus Düsseldorf.

Auch andere CDU-Funktionäre hatten vergeblich versucht den Deutsch-Schotten zu überreden, erfuhren wir aus der Partei. Der 50 Jahre alte frühere Ministerpräsident und CDU-Landeschef wäre für die Laschet-Anhänger eine ideale Besetzung gewesen, heißt es. "Moderat, versöhnend, kluger Kommunikator". Daraus wird nun nichts.

David McAllister, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament.  © dpa

Jutta Bieringer wird neue Bevollmächtigte des Landes Mecklenburg-Vorpommern beim Bund. Dies wurde am Dienstag bekannt. Bieringer leitete bereits im Willy-Brandt-Haus das Büro von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (damals in deren Rolle als stellvertretende Bundesvorsitzende) und wird direkt mit Wissenschaftsministerin Bettina Martin zusammenarbeiten, die auch für Angelegenheiten des Bundes zuständig ist.

Beide sind langjährige und enge Vertraute Schwesigs. “Ich freue mich riesig auf die Aufgabe”, sagte uns Bieringer am Telefon.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Frau Elke Büdenbender, FDP-Politiker Wolfgang Kubicki mit Ehefrau Annette Marberth-Kubicki beim letzten Bundespresseball 2019. © Imago

Der nächste Bundespresseball - der 69. seiner Art - wird nun angesichts rasant steigender Corona-Infektionszahlen auf den 29. April 2022 verschoben. Eigentlich hatte das Event am 21. Januar 2022 im Berliner Hotel Adlon stattfinden sollen.

"Eine Durchführung des Balles im Januar erscheint uns trotz eines sorgfältig ausgearbeiteten 2G Hygienekonzeptes im Hinblick auf die bevorstehenden Wintermonate nicht mehr vertretbar“, erklärt nun der Vorstand der Bundespressekonferenz.

Auf - Mario Czaja. Souveräner Auftritt des Berliner Bundestagsabgeordneten gestern bei der Vorstellung der Kandidatur von Friedrich Merz. Der 46-jährige frühere Gesundheitssenator soll CDU-Generalsekretär werden, wenn Merz gewinnt. Er nutzte die Gelegenheit, sich als überzeugter Sozialpolitiker zu präsentieren, der die Bekämpfung der Kinderarmut als Kernthema für Christdemokraten sieht und die Frauenquote befürwortet. Der neben ihm stehende Merz musste gelegentlich etwas schlucken. Doch Czaja, der den Bundestags-Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf nach jahrelanger Dominanz der Linkspartei überraschend für die CDU gewinnen konnte, gab der Merz-Bewerbung das, was bisher stets fehlte: Elan und neue Botschaften. Unser Aufsteiger.

Ab - Es ist noch nicht allzu lange her, da war Dorothee Bär in der CSU die große Hoffnungsträgerin ihrer Generation. In wenigen Wochen wird die bisherige Digital-Staatsministerin nun ihr Büro im Kanzleramt geräumt haben müssen. Wenige Mitarbeiter, wenig eigene Kompetenzen, kaum Durchsetzungskraft im Kabinett, - der Regierungsjob war von Anfang an eine schwierige Mission. Bärs Problem: In der CSU schwindet der Rückhalt. Beim letzten Parteitag - noch vor der Bundestagswahl - bekam sie das schlechteste Ergebnis in der Stellvertreter-Riege von Markus Söder. Nun steht sie mit dem Abschied aus der Regierung vor einem echten Karriereknick. Unsere Absteigerin!

Die Bundesregierung hatte den Cyber-Angriff auf Abgeordnete vor der Bundestagswahl bereits dem russischen Geheimdienst GRU zugeschrieben. Nun gibt es eine neue Fährte zu dem verdächtigten Hacker-Kollektiv, das UNC1151 genannt wird. Die Spur führt einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge nach Belarus. Den SZ-Kollegen Daniel Brössler und Jannis Brühl liegt eine Analyse der US-Sicherheitsfirma Mandiant vor: Diese habe technische Beweise aus „sensiblen Quellen“ dafür, dass die Hacker in Minsk sitzen. Details hier.

„Intransparent, übergriffig, undemokratisch“, schreibt Jasper von Altenbockum in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über Koalitionsverhandlungen an sich und die Ampel-Gespräche im Speziellen. Der Autor blickt zurück auf Zeiten, in denen ein Handschlag noch mehr zählte als ein Stapel bedrucktes Papier namens Koalitionsvertrag. Das inzwischen immer wiederkehrende Verhandlungsritual, über dessen Ergebnis am Ende Parteimitglieder oder Delegierte entscheiden, sieht der FAZ-Kommentator nicht nur als Bevormundung der Wählerschaft, sondern auch des Parlaments und Ministerialbürokratie. Interessante Sicht der Dinge, nachzulesen hier.

Heute gratulieren wir herzlich:

Irene Mihalic, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 45

Sven Giegold, Grünen-Europaabgeordneter, 52

Barbara Ermes, frühere Referentin der CDU, Sprecherin Imlandklinik, 44

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Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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