Streit um die TV-Trielle

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Aus einem TV-Duell werden mehrere Trielle: ARD/ZDF laden dieses Jahr zu einer eigenen Debatte der Kanzlerkandidaten, auch RTL und ProSieben tun das. Die FDP wundert sich angesichts der Umfragen über das Dreier-Format. Hier alle Details.

  • In einer elfseitigen Erklärung rechnet die Kohl-Witwe Maike Kohl-Richter mit Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus und der geplanten Kohl-Stiftung ab. Sie wirft den Machern "Ideologie, Zerstörung und Geschichtsfälschung" vor. Wir dokumentieren.

  • Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) überlegt, die Kurzarbeiter-Regelung über den Juni hinaus zu verlängern. Wir kennen seine Überlegungen.

ARD/ZDF lösen sich bei TV-Triell von Privatsendern

Hinter den Kulissen haben sich die Parteien SPD, CDU und Grüne mit mehreren Fernsehsendern auf ein TV-Triell kurz vor der Bundestagswahl geeinigt.

Erstmals in der Geschichte der Fernsehdebatten vor Bundestagswahlen soll es kein TV-Duell zwischen Kanzlerin und Herausforderer geben, sondern einen Dreikampf. Außerdem lösen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Kooperation mit den Privatsendern auf, die vor der Bundestagswahl 2017 noch galt.

Ursache für das Triell sind die konstant hohen Umfragewerte für die Grünen und die Benennung einer eigenen Kanzlerkandidatin, Annalena Baerbock.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock 2020 zu Besuch auf der Pioneer One. © Marco Urban

ARD und ZDF werden nach unseren Informationen am Sonntag, 12. September, eine 90-minütige Debatte der drei Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Armin Laschet übertragen.

Die Einladungen der Sender wurden in den Parteien nun bestätigt.

Am 13. September soll es in ARD und ZDF außerdem eine Runde mit den Spitzenkandidaten der "kleinen" Parteien, Linke, AfD und FDP, geben.

Als Moderatorin für das ZDF ist Maybrit Illner angedacht, für die ARD sind der neue Chefredakteur Oliver Köhr oder die Berliner Studioleiterin Tina Hassel im Gespräch.

Drei Tage vor der Bundestagswahl soll es auch noch eine öffentlich-rechtliche Runde mit den Spitzenkandidaten aller Parteien geben, die sogenannte Schlussrunde.

Der ARD-Koordinator für die Bundestagswahl ist der frühere Chefredakteur Rainald Becker. Er wird die Elefantenrunde am Wahlabend moderieren.

Hinter den Kulissen hatten sich die öffentlich-rechtlichen Sender von einer gemeinsamen Debatte mit den privaten Sendern verabschiedet. Grund war auch der Unmut über den Sat-1-Moderator Claus Strunz, der beim gemeinsamen TV-Duell aller vier großen Sender 2017 mit umstrittenen Thesen und Fragen für Kritik gesorgt hatte.

TV-Duell 2017: Claus Strunz, Sandra Maischberger, Maybrit Illner und Peter Kloeppel.  © imago

Die Privatsender bekommen nun ihre eigenen TV-Trielle. Am 29. August senden RTL/n-tv die Debatte der Kanzlerkandidaten.

Der Kölner Sender hatte als Erster im März ein Triell angekündigt. Peter Kloeppel dürfte als einer der Moderatoren feststehen.

Der Politik-Chef von RTL/n-tv, Nikolaus Blome, erwartet entscheidende Hinweise für die Wahl: „Es dürfte einer der spielentscheidenden Momente im Wahlkampf werden. Diesen Anspruch haben wir“, sagte uns Blome.

RTL-Politikchef Nikolaus Blome.  © imago

Auch ProSieben hat ein Triell angefragt. Der Münchner Sender hat zuletzt mit einem Baerbock-Interview für Aufsehen gesorgt und mit Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel zwei renommierte Moderatoren von der ARD abgeworben.

Auch bei Bild TV denkt man angeblich über ein Format mit den Kanzlerkandidaten nach.

Die FDP, die in aktuellen Umfragen mit elf Prozent derzeit nur noch knapp hinter der SPD mit 13 Prozent liegt, sieht das Dreier-Format kritisch.

Generalsekretär Volker Wissing hält es nicht mehr für zeitgemäß:

"In Deutschland werden die Kanzler vom Deutschen Bundestag und nicht direkt vom Volk gewählt. Das selbstgewählte Etikett Kanzlerkandidat oder Kanzlerkandidatin sollte nicht über Fernsehminuten entscheiden", so Wissing.

Volker Wissing © Anne Hufnagl

Es drohe dadurch Wettbewerbsverzerrung. "Die Zeit der Volksparteien ist vorbei, deshalb passen auch solche Formate nicht mehr." Die Menschen wählten heute eher Koalitionen, so der FDP-Politiker. Diese ließen sich in einer großen Runde besser abbilden.

Die Sender wären gut beraten, die Kriterien für solche Formate transparent darzulegen, sagte Wissing.

Die Sender wappnen sich bereits gegen anschwellende Kritik.

Als die Grundsatzentscheidung für die drei Kandidaten getroffen worden sei, sei man davon ausgegangen, dass nur diese drei Parteien berechtigten Anspruch auf das Kanzleramt und damit auf die TV-Debatte dazu erheben könnten.

1. Kohl-Witwe wettert gegen Brinkhaus wegen Stiftung

© media pioneer

Die Bundeskanzler-Kohl-Stiftung, die heute vom Bundestag beschlossen werden soll, findet ohne Zustimmung und Mitwirkung der Witwe des verstorbenen Altkanzlers, Maike Kohl-Richter, statt.

Einen Platz im Kuratorium wird Kohl-Richter endgültig nicht einnehmen. Die Konflikte zwischen der CDU-Führung und Kohl-Richter hatten wir im Dezember öffentlich gemacht.

In einer elfseitigen Erklärung rechnet die Kohl-Witwe nun mit der CDU-Spitze ab und wirft ihr vor, die Interessen ihres verstorbenen Mannes bei der Stiftung nicht ausreichend zu berücksichtigen.

Das Schreiben der Freiburger Anwaltskanzlei Dr. Flügler & Partner wurde gestern verschickt und liegt uns vor. Im Mittelpunkt der Kritik steht Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus.

Darin verwehrt sich die Kohl-Witwe gegen den Eindruck, dass die Verzögerung der Stiftung mit ihr zu tun habe und die Zusammenarbeit mit ihr schwierig gewesen sei.

Sie habe sich bei einem persönlichen Gespräch mit Brinkhaus am 24. Mai 2019 für eine "wünschenswerte Wiederannäherung von CDU und Helmut Kohl" ausgesprochen und als vertrauensbildende Maßnahme eine "ehrliche, auch interne Aufarbeitung" der Ereignisse ab Herbst 1999 angeregt.

In dem Schreiben ist durchgehend nur von der "sogenannten Spendenaffäre" die Rede.

Was folgt, ist eine Chronik der verpatzten Kommunikation und ein tiefes Misstrauen zwischen der CDU-Führung in Berlin und Maike Kohl-Richter.

Über das von Brinkhaus vorgeschlagene Treffen mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und die konkreten Pläne für eine "Helmut-Kohl-Stiftung" sei sie "irritiert" gewesen, heißt es.

Kohl-Richter habe Bedenken gegen eine öffentlich-rechtliche Stiftung geäußert, weil es nicht um "objektive Aufarbeitung" gehen werde, sondern um "Gesinnung, Ideologie, Zerstörung und Geschichtsfälschung".

Ihre Bedenken fanden bei Brinkhaus aber "kein Gehör", vermerken die Anwälte. In einem Telefonat im Februar 2020 habe Brinkhaus Kohl-Richter mitgeteilt, die Stiftung komme "mit ihr oder ohne sie". In einer E-Mail im November 2020 teilte Brinkhaus dann Kohl-Richter mit, dass ihm die Stiftung auch ein persönliches Anliegen sei und er sie im kommenden Haushalt umsetzen werde.

Maike Kohl-Richter 2017 bei den Trauerfeierlichkeiten für Helmut Kohl im Dom zu Speyer.  © imago

Der Gesetzentwurf sei dann aber zu spät übermittelt worden, die entsprechenden Haushaltssitzungen hätten bereits stattgefunden, heißt es weiter.

Gespräche mit der damaligen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, Fraktionsvize Gitta Connemann und dem seit März 2021 neuen Parteichef Armin Laschet hätten keine Annäherung gebracht.

Das Gesetz für die Stiftung ging dann ohne ihre Zustimmung und letztlich auch ohne Kohl-Richter als Mitglied des Kuratoriums in die Beratungen.

Wie wir im Dezember berichteten, hatte Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) der Kohl-Witwe einen Posten im fünfköpfigen Kuratorium auf unbestimmte Zeit angeboten, damit sie mitmacht. Kohl-Richter bestätigt dies nun, aber:

Die CDU habe nur ihre Konstruktion nach dem Vorbild bestehender Stiftungen umsetzen und dafür ihren Segen "in ersichtlich vollkommen unverbindlichen Gesprächen" einholen wollen. Auch der Standort Berlin und nicht Ludwigshafen habe stets festgestanden. Es habe nie eine "inhaltliche und konzeptionelle Zusammenarbeit" gegeben.

Ihr bitteres Fazit laut Anwaltsschreiben:

Der letzte Wille Helmut Kohls, seine Erbin und Witwe inhaltlich konzeptionell einzubeziehen und ihre mit ihm abgestimmten Vorstellungen und Überlegungen zu berücksichtigen und auch Bedenken ernst zu nehmen, ist damit unberücksichtigt geblieben.

Die Errichtung einer Bundesstiftung in Berlin konnte Maike Kohl-Richter nicht verhindern. Damit wird nun auch eine "öffentlich zugängliche Erinnerungsstätte" in Berlin aufgebaut.

Über den Vorsitz der Stiftung ist indes noch nicht entschieden. Offenbar haben einige Interessenten wegen der Streitigkeiten abgewunken, heißt es in der Fraktion.

Historische Dokumente, Briefe und Akten, die in Kohls Wohnhaus in Ludwigshafen-Oggersheim im Keller gelagert sind, will Kohl-Richter für Forscher zugänglich machen.

Privathaus des 2017 verstorbenen Bundeskanzlers Helmut Kohl in Oggersheim.  © imago

2. Wirtschaftsrat kritisiert Grünen-Programm

Ausriss aus der Grünen-Analyse des Wirtschaftsrats.  © ThePioneer

Der Wirtschaftsrat der CDU hat das Wahlprogramm der Grünen scharf kritisiert.

In einer internen Analyse geht der Verband besonders kritisch mit den Ideen in der Arbeitsmarktpolitik ins Gericht. Sie würden Arbeitsplätze vernichten und den schwer vermittelbaren Menschen die Chance auf den Einstieg in den Job erschweren, heißt es.

Die von den Grünen vorgeschlagene "Wahlarbeitszeit" für Arbeitnehmer zwischen 30 und 40 Stunden pro Woche sei "gerade für kleine Unternehmen kaum abbildbar", heißt es. Dass die wöchentliche Arbeitszeit abgesenkt werden soll, sei nicht "einzusehen".

Die Bestimmungen zur Ruhezeit sollten flexibler gehandhabt werden, heißt es in dem Papier. Ein "einmaliges Mailchecken oder die betriebsnotwendige Telko" mit Kollegen in einer anderen Zeitzone dürften auf keinen Fall die elfstündige Ruhezeit beeinträchtigen.

Im Papier heißt es:

Persönliche Freiheit geht anders.

Eine Bürgerversicherung im Gesundheitswesen und in der Pflege lehnt der Wirtschaftsrat der CDU, der 12.000 Mitglieder vertritt, vollständig ab.

Das von den Grünen vorgeschlagene Mindesthonorar für "zeitbasierte Dienstleistungen" verstoße laut Wirtschaftsrat gegen "unsere Wettbewerbsordnung". Und die von den Grünen kritisierten Mini-Jobs verteidigt der Wirtschaftsrat, dessen Vizepräsident der CDU-Politiker Friedrich Merz ist, als "unverzichtbare Flexibilitätsreserve".

Zuvor hatte bereits die Bundes-CDU ein Thesenpapier an Funktionäre verschickt, das sich kritisch mit den Grünen auseinandersetzt.

Darin attackiert die CDU die sozial- und wirtschaftspolitischen Ideen der Grünen:

"Die Grünen reden viel über Zukunft, aber sobald es in ihrem Programmentwurf konkret wird, bieten sie nur linke, kostenintensive Rezepte an", heißt es. Das erinnere an einen Fliegenpilz: "Sieht schön aus, ist aber ungenießbar."

2. Kurzarbeit: Heil hält sich Verlängerung weiter offen

Hubertus Heil © dpa

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hält die Entscheidung über eine Verlängerung der Krisenregelungen zur Kurzarbeit noch offen.

„Entscheidend werden die Entwicklungen in den nächsten Wochen sein“, sagt er uns. "Wenn es notwendig ist, müssen wir jene Maßnahmen, die Ende Juni auslaufen, bis Jahresende verlängern. Das kann ich sehr zügig per Rechtsverordnung umsetzen.“

Heil sagte, raus gehe es aus der Pandemie nur durch Impfen: „Bis dahin müssen wir aber Brücken bauen um die Wirtschaft weiterhin zu unterstützen und Massenarbeitslosigkeit zu verhindern.“

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte sich zuvor festgelegt und gefordert, die Regelungen zur Kurzarbeit sollten verlängert werden.

Ende Juni laufen unter anderem die Regelungen für den erleichterten Zugang zur Kurzarbeit aus. Kurzarbeitergeld wird derzeit gezahlt, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten von Arbeitsausfall betroffen sind.

Vor der Krise mussten mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein. Außerdem war Bedingung, zunächst Minusstunden auf den Arbeitskonten aufzubauen.

3. Grüne fordern bessere Ausbildung für Seeleute

Die Grünen wollen die Berufsausbildung in der Schifffahrt stärken. Die Bundestagsfraktion bringt heute einen Antrag ins Parlament ein, der Bund und Küstenländer zu einem „Zukunftspakt maritime Ausbildung“ aufruft. Der von der Fraktion beschlossene Antrag liegt uns vor. Demnach soll der Bund sämtliche an maritimer Lehre beteiligten Bildungseinrichtungen - von Hochschulen bis Berufsschulen - stärker fördern als bisher. Zudem sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausbildung verbessert und die Personalkosten dem internationalen Niveau angeglichen werden, damit die Anstellung deutscher Seeleute an Bord von Handelsschiffen attraktiver werde.

Claudia Müller, Grünen-Abgeordnete © Imago

Claudia Müller, Sprecherin für maritime Wirtschaft, sagte uns: „Deutsche Seeleute brauchen eine verlässliche Perspektive, das geht nur über eine kluge Verbindung von Qualität und wettbewerbsfähigen Kosten." Die Grünen verweisen auf sinkende Zahlen bei Handelsschiffen in deutschem Eigentum, bei deutsch geflaggten Schiffen und damit auch bei Beschäftigten an Bord deutsch geflaggter Schiffe (2011: 13.700; heute: 7.600). Dadurch hätten es in Deutschland ausgebildete Seeleute immer schwerer, Praxiserfahrung zu sammeln.

4. Bundeswehr: Ärger um AKKs Reformpläne

Das Verteidigungsministerium plant eine umfassende Strukturreform der Bundeswehr.

Dabei soll es künftig für das Ausland sowie für das Inland je ein zentrales Führungskommando geben.

Für die Einsätze im Ausland gibt es bereits das Einsatzführungskommando in Potsdam. Neu geschaffen werden soll ein Territoriales Führungskommando mit einem Nationalen Befehlshaber für das Inland.

Ziel der Pläne, hieß es, sei eine erhöhte Einsatzbereitschaft der Armee.

© dpa

Im Bundestag hörten wir uns nach ersten Einschätzungen zu den Plänen um – dort sorgen sie für Ärger unter vielen Abgeordneten, die mit der Verteidigungspolitik betraut sind. Denn erneut erfuhren sie von neuen Strukturplänen aus den Medien.

Anfang der Woche waren Details durchgesickert, was den Bundeswehrverband auf den Plan rief. Dessen Chef, André Wüstner, gab eine erste Stellungnahme heraus und riet zu Gelassenheit: Schließlich seien vielfach geforderte Strukturveränderungen zuletzt dann doch immer ausgeblieben. Auch hier liegt dem Fachausschuss der Verteidiger bislang kein konkretes Papier auf dem Tisch.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, sagte uns: "Wir erwarten Informationen von der Ministerin im Ausschuss zu bekommen und nicht durch die Presse. Das hat mit Respekt zu tun."

Inhaltlich folgten die im Raum stehenden Pläne aber Ideen der FDP. "Wir unterstützen grundsätzlich die Verschlankung der Strukturen der Bundeswehr, um sie einsatzbereiter und effizienter zu machen."

Der Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), sieht die Pläne eher skeptisch. Die Bundeswehr habe derzeit andere Probleme, vor allem bei der Ausrüstung.

Die Einschätzung von Christine Buchholz (Die Linke) lautete: „Von einer Reform, die darauf zielt, die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr für Auslandseinsätze und Bündnisverteidigung zu erhöhen, erwarte ich nichts." Das sei der falsche Weg, so Buchholz, echte Sicherheit könne es "nur mit konsequenter Abrüstung geben".

Tobias Lindner (Grüne) kommentierte AKKs Pläne knapp: „Eine reine PR-Aktion."

5. DGB will Sondersitzung der Mindestlohn-Kommission

Der Deutsche Gewerkschaftsbund reagiert auf Arbeitgeber-Äußerungen zur Lohnuntergrenze mit der Forderung nach einer Sondersitzung der Mindestlohn-Kommission. Das geht aus einem Brief von DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell an Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), hervor.

BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter © dpa

Kampeter hatte sich zuvor in einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix offen für einen höheren Mindestlohn gezeigt. „Ich bin gar nicht gegen einen perspektivischen Mindestlohn in einer bestimmten Größe, sagen wir 12 oder 13 Euro”, sagt er.

DGB-Mann Körzell schreibt an Kampeter, die Gewerkschaften seien für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro pro Stunde. Und weiter:

Da sich nunmehr abzeichnet, dass es über die Höhe des Mindestlohns keine Differenzen mehr zu geben scheint, sollten wir selbst als Mindestlohnkommission die Initiative ergreifen und noch vor der Bundestagswahl einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen.

Anfang 2021 war der gesetzliche Mindestlohn auf 9,50 Euro angehoben worden. Der Mindestlohn wird bis Mitte 2022 auf 10,45 Euro steigen.

6. Spahn erhält 3,8 Milliarden Euro für Booster-Impfungen gegen Corona

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll 3,8 Milliarden Euro für den Kauf von Corona-Impfdosen erhalten, die bis 2023 geliefert werden sollen. Das geht aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, das ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vorliegt.

Laut Finanzministerium zeichnen sich Vertragsabschlüsse der Europäischen Kommission ab, „um eine ausreichende Versorgung mit adäquaten Impfstoffen gegen COVID-19 auch für die kommenden Jahre sicherzustellen (insbesondere Booster-Impfungen, Anpassung an Virusvarianten)“. Die Zahlungen aus diesen Verträgen würden zu erheblichen Teilen erst in den Jahren 2022 und 2023 fällig.

© ThePioneer/Henning Schmitter

„Unmittelbar vor dem Abschluss steht insoweit ein dritter Vertrag der KOM mit BioNTech/Pfizer, der die Lieferung von EU-weit 900 Mio. Dosen ab Dezember 2021 bis ins Jahr 2023 vorsieht und angepasste Impfstoffe gegen Virusvarianten sowie für Kinder umfasst“, heißt es in der Vorlage. „Deutschland könnte hieraus ca. 165 Millionen Dosen erhalten.“

Darüber hinaus enthalte der Vertrag eine Option über weitere 900 Millionen Dosen. Für den deutschen Anteil daran müssten jedoch weitere Mittel bewilligt werden.

Aus einer internen Übersicht des Bundespresseamts © ThePioneer

Mehr als jeder zweite Deutsche hält die Arbeit der Bundesregierung zum Schutz von Umwelt und Klima für unzureichend. Das geht aus einer zwischen dem 7. und 13. April erhobenen Umfrage für das Bundespresseamt hervor, die uns vorliegt.

Fast 60 Prozent stellen der Regierung ein eher schlechtes oder sehr schlechtes Zeugnis aus, wenn es um ein zügiges Vorantreiben der Energiewende geht.

Die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Abgabe auf Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas beurteilen 51 Prozent als nicht sinnvoll.

Ab dem 1. Januar 2022 soll der Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung aus dem Bundeshaushalt um 12,5 Milliarden Euro erhöht werden. Das jedenfalls fordert die Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Abstimmung dazu innerhalb der Bundesregierung war am Mittwochnachmittag noch nicht abgeschlossen.

Die SPD zeigte sich offen für einen höheren Steuerzuschuss. Fraktionsvize Bärbel Bas sagte uns: "Ohne einen höheren Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung wird es nicht gehen, das ist allen Beteiligten bewusst." Am Ende dürften nicht die Beitragszahler die Zeche für die Pandemiekosten zahlen.

Auf - Im langen Abwärtstrend der Sozialdemokratie in den vergangenen Jahren sucht die Partei immer wieder nach neuen Talenten, Führungskräften von morgen. Nach Machern, Anpackern; nach Leuten, die Optimismus ausstrahlen - auch über die engen Funktionärsgrenzen der Partei hinaus. Einer, dessen Name immer wieder fällt, ist der des Rheinland-Pfälzers Alexander Schweitzer. Nach dem Wahlsieg von Malu Dreyer wird der 47-Jährige in der kommenden Legislaturperiode ihr wichtigster Minister - für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung. Moderne Sozialdemokratie - so wie Schweitzer daherkommt, ist auch sein Haus geschnitten. Er ist damit auch Anwärter Nummer eins für eine Nachfolge von Malu Dreyer, sollte sie irgendwann vom Amt der Ministerpräsidentin zurücktreten oder sich nicht mehr zur Wahl stellen. Schweitzer ist unser Aufsteiger.

Ab - Katrin Suder sollte Vorständin für das neu eingerichtete IT-Ressort beim Autohersteller Volkswagen werden. Die Berufung der früheren Staatssekretärin im Verteidigungsministerium hätte in dieser Woche besiegelt werden können. Doch nun stoppte der Konzern die Personalie. Die frühere Beraterin von McKinsey geht doch nicht nach Wolfsburg. Mit der „Berateraffäre“ des Verteidigungsministeriums geriet die Karriere Suders ins Stocken; in ihrer Zeit als Staatssekretärin hatte das Ministerium für viele Millionen Euro externe Berater angeheuert, darunter auch welche von Suders früherem Arbeitgeber. Nach Recherchen des Handelsblatts gibt es im VW-Aufsichtsrat die Sorge, dass die Affäre noch einmal hochkommen und den Konzern in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die Berateraffäre ist für Suder zur Hypothek geworden.

Kurz nach der Bundestagswahl 2013 unterhielt sich einer der Autoren dieses Briefings und seine Spiegel-Zimmernachbarin Melanie Amann über die Frage, in welchen Themenfeldern man sich nun am besten spezialisieren solle. Die AfD hatte als Anti-Euro-Partei gerade den Einzug in den Bundestag verpasst. Der Tipp des Briefing-Autoren lautete, Melanie täte wohl besser daran, die AfD unbeobachtet in der Versenkung verschwinden zu lassen und sich auf die Union und das Justizministerium zu konzentrieren.

Bis heute war dies wahrscheinlich einer der schlechtesten Tipps, der in Berlin je unter Kollegen ausgetauscht wurde, und zum Glück hat sich Melanie Amann nicht daran gehalten. Stattdessen erlebte die AfD in der Flüchtlingskrise einen Aufstieg und die Kollegin war näher dran als alle anderen Beobachter. Wer die AfD verstehen wollte, las ihre Texte.

Es folgte der verdiente Aufstieg an die Spitze des Hauptstadtbüros und nun, zusammen mit Thorsten Dörting, die Beförderung in die Chefredaktion des Spiegel. Wir gratulieren den geschätzten Kollegen und dem Spiegel zu dieser Personalentscheidung!

Noch eine Gratulation geht an den Manager Wolfgang Reitzle. Der 72-jährige langjährige CEO und heutige Aufsichtsratsvorsitzende von Linde bekommt den Ludwig-Erhard Preis der Wirtschaftspublizistik.

Der frühere hessische Ministerpräsident und Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, Roland Koch, betonte, Reitzle stehe "für seine eindeutigen Positionen zu wirtschaftspolitischen Themen im Sinne Ludwig Erhards ein und sei immer wieder bereit, dies auch in den Medien pointiert zu vertreten".

Wolfgang Reitzle.  © ThePioneer

An seiner Person lasse sich festmachen, dass Marktwirtschaft nicht nur kluge Politik brauche, sondern auch eine klare Haltung ihrer Unternehmer. Die Laudatio bei der Preisverleihung am 24. Juni in Berlin übernimmt der Financial-Times-Journalist und Wirecard-Aufklärer Dan McCrum.

Das Klimaurteil des Verfassungsgerichts wurde vor allem als Klatsche für die Umweltpolitik von Union und SPD gedeutet. Petra Pinzler, Korrespondentin in der Hauptstadtredaktion der ZEIT, schlägt in ihrem Kommentar eine andere Lesart vor: Die Richter hätten der CDU eine zweite Chance geschenkt. "Schließlich kann die Union, wenn sie denn etwas fürs Klima tun will, jetzt ganz einfach argumentieren: Wir folgen dem Verfassungsgericht. Still und leise kann sie nebenbei ihre Programmatik entstauben", schreibt Pinzler. Spannende Analyse!

Sascha Lobo benennt in seiner Kolumne für Spiegel Online eine bittere Wahrheit: "Corona hat mit pandemischer Gnadenlosigkeit offengelegt, wie wenig junge Menschen zählen in Deutschland." Lobo schreibt von einer parteiübergreifenden Jugendmissachtung, die sich in der aufkommenden Debatte über einen Impfstoff für Kinder offenbare. Oder im Fehlen einer bundesweiten Coronastrategie für Schulen und Kindergärten. "Es hätte – bitte festhalten und möglichst nur wutbissfeste Gegenstände in Mundreichweite belassen – rund ein Sechstel des ersten Hilfspakets für die Lufthansa gekostet, die Klassenräume in Deutschland mit Luftfiltern auszustatten. Ein Sechstel." Lesenswert!

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Stefan Rupp, Redaktionsleiter Morning Briefing Podcast bei ThePioneer, 53

Patrick Döring, Unternehmer, Ex-FDP-Generalsekretär, 48

Christian Haase, CDU-Bundestagsabgeordneter, 55

Peter Friedrich, SPD, ehemaliger Europa-Minister in Baden-Württemberg, 49

Gesa Mayr, ehemalige Bento-Redaktionsleiterin und Chefredakteurin von Watson, 36

Fritz Güntzler, CDU-Bundestagsabgeordneter, 55

Hannah Neumann, Vize-Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte im Europaparlament, plädiert in den zunehmend angespannten europäisch-chinesischen Beziehungen für einen zweigleisigen Ansatz. Die EU müsse gegenüber China angesichts der Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren und Tibeter kritisch bleiben.

Der Kampf gegen die Erderwärmung erfordere jedoch Zusammenarbeit mit Peking, so die Grünen-Politikerin.

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