unsere Themen heute:
Union und Ampel streiten über Wirtschaftsförderungen für Deutschland. Wir kennen einen neuen Brief.
Die FDP kritisiert die Grünen für Schuldzuweisungen beim EU-Lieferkettengesetz.
Die Schleuserkriminalität stieg 2023. Wir haben die neuen Zahlen.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) reist in die Ukraine und warnt: Nicht länger auf die USA hoffen.
Es gibt einen Entwurf für die Biomasse-Strategie der Bundesregierung. Wir wissen, was drin steht.
Sorge um Wirtschaft: Union schreibt an Scholz und Habeck
Das Wirtschaftswachstum sank 2023 um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nur eine von vielen Hiobsbotschaften. Deutschland braucht einen Konjunktur-Masterplan.
Aber Ampel und Union ringen um Kompromisse.
Vorschläge aus der Union:
Die Führung der Unionsfraktion, Friedrich Merz (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU), fordert in einem Brief ein Sofortprogramm für die Wirtschaft. In dem Schreiben von Freitag, adressiert an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), rufen sie zur Zusammenarbeit auf.
Friedrich Merz © imagoBereits am Samstag folgte ein darauf abgestimmter Brief an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der uns vorliegt. Die Verfasser: Fraktionsvize Jens Spahn (CDU), zuständig für Wirtschaftsthemen, sowie Julia Klöckner (CDU), wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion.
Brief Jens Spahn, Julia Klöckner
In beiden Briefen werden zwölf Forderungen aufgelistet. Unter anderem:
Die Begrenzung der Sozialabgaben auf maximal 40 Prozent des Bruttolohns.
Eine steuerliche Begünstigung von Überstunden.
Steuerfreiheit für Rentner auf die ersten 2000 Euro Arbeitseinkommen im Jahr.
Klöckner und Spahn fordern Habeck auf, mit der Union „ins Gespräch zu kommen“. Und schreiben: „Leider haben Sie die angebotenen Treffen mit unserer Arbeitsgruppe Wirtschaft in den zwei Jahren Ihrer Regierungszeit nicht wahrgenommen.“
„Das irritiert uns – denn öffentlich werden Sie nicht müde, die Opposition zur Zusammenarbeit aufzurufen.“
Julia Klöckner © dpaSpahn und Klöckner versichern, „dass wir alles unterstützen, was den Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähiger macht“.
Wachstumschancengesetz noch nicht entschieden:
Gleichzeitig wird weiter um das Wachstumschancengesetz gerungen, das derzeit im Bundesrat hängt.
Am Freitag erzielte die informelle Arbeitsgruppe von Bund und Ländern eine inhaltliche Einigung. Die muss aber noch offiziell im Vermittlungsausschuss beraten und letztlich von Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden.
Über mehrere Stunden diskutierten Ministerpräsidenten, Staatssekretäre, Finanz- und Haushaltspolitiker in einer digitalen Konferenz über den Kompromiss.
Das Volumen des Pakets wurde auf 3,2 Milliarden Euro halbiert – vor allem, um die Kommunen nicht zu stark zu belasten.
Der Städte- und Gemeindebund begrüßt das. Hauptgeschäftsführer André Berghegger sagt unserer Kollegin Claudia Scholz:
Aus Sicht der Kommunen sollte einem solchen Ergebnis zugestimmt werden.
Bund und Länder einigten sich zudem darauf:
Die Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage von vier auf zehn Millionen Euro zu erhöhen.
Die Sonder-AfA im Wohnungsbau einzuführen: Für sechs Jahre können dann fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten steuerlich abgeschrieben werden.
Doch die Union knüpft die endgültige Zustimmung an eine Bedingung: Die Ampel soll die Streichung der Agrardiesel-Subventionen zurücknehmen.
Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg sagt dazu:
Für die Union steht eine Einigung zum Wachstumschancengesetz weiter unter der Prämisse, dass es auch über die Fortgeltung der Agrardiesel-Rückvergütung eine Verständigung im Vermittlungsausschuss gibt.
Aus Verhandler-Kreisen der Ampel wird der CDU vorgeworfen, aus „rein opportunistischen Gründen“ eine „öffentliche Wirkung” herstellen zu wollen, hört unsere Kollegin Laura Block. Beide Themen zu vermischen, sei sachlich nicht begründet.
Dennoch: Wenn sich alle Länder mit Regierungsbeteiligung von CDU oder CSU enthalten oder dagegen stimmen, ist das Gesetz gestoppt. Hochrangige Grüne hoffen daher, dass einzelne Unionsländer aus der Reihe tanzen könnten, hört unser Kollege Thorsten Denkler.
Fazit: Nichts ist geeint, bevor nicht alles geeint ist. Und die Wirtschaft wartet weiter auf Entlastungen.
EU-Lieferkettengesetz: FDP kritisiert Grüne
Die FDP-Fraktion kritisiert ihren Koalitionspartner dafür, sie für ein mögliches Scheitern des europäischen Lieferkettengesetzes verantwortlich zu machen.
Carl-Julius Cronenberg, FDP-Sprecher für Mittelstand, sagt unserer Kollegin Claudia Scholz:
Der Mittelstandssprecher der FDP, Carl-Julius CronenbergAnstatt anzuerkennen, dass die Lieferkettenrichlinie keine demokratische Mehrheit in der EU hat, sprechen die Grünen unseren europäischen Nachbarn von Schweden bis Italien ihre Entscheidungsfähigkeit ab. Schuld ist natürlich die FDP. Dieses Europabild ist absurd und erschreckend.
Die FDP stehe zum Koalitionsvertrag, in dem ein Bürokratieabbau vereinbart wurde und zur gemeinsamen Protokollerklärung, nach der eine Zustimmung Deutschlands zum EU-Lieferkettengesetz nur mit einer Safe-Harbour-Lösung möglich sei.
Cronenberg fügt hinzu: „Nicht die FDP schadet Europa, sondern ideologische Politik, die gegen jeden Hausverstand durchgesetzt werden soll. Hier ist kein Machtwort des Kanzlers nötig, sondern eine Rückbesinnung auf den Koalitionsvertrag.“
Die Grünen forderten von Kanzler Olaf Scholz, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen und die Liberalen von ihrer Blockadehaltung abzubringen.
Voraussichtlich am Mittwoch soll über den Gesetzentwurf im Kreise der Vertreter abgestimmt werden. Die Abstimmung sollte ursprünglich am vergangenen Freitag stattfinden, wurde dann aber kurzfristig vertagt, weil sich eine Sperrminorität abzeichnete. Größere Länder wie Italien und Schweden hatten ebenfalls Vorbehalte gegen die Richtlinie.
Schleuserkriminalität 2023 übertrifft Vorjahre
Daten des Innenministeriums zufolge wurden im vergangenen Jahr bundesweit 2.767 Schleuser aufgegriffen. Das erfuhr unser Kollege Jan Schroeder.
Da die Zahlen für Dezember 2023 noch nicht vorliegen, beziehen sich die Daten aus der polizeilichen Eingangsstatistik nur auf die ersten elf Monate des vergangenen Jahres.
Dennoch handelt es sich dabei bereits um einen Spitzenwert. Wahrscheinlich wurde der Wert von 2016 mit 2.996 festgenommenen Tatverdächtigen sogar übertroffen.
Die Bundespolizei am deutsch-polnischen Grenzübergang © dpaZum Vergleich: Im Jahr 2022 wurden 2.728 und im Jahr davor 2.132 Schleuser gefasst. Während der großen Flüchtlingsströme 2015 wurde ein Rekordwert von 5.226 Personen gemessen.
Mitte Oktober wurden zusätzlich zu den Binnengrenzkontrollen zu Österreich auch die zu Polen, Tschechien und der Schweiz eingerichtet. Seitdem verzeichnet die Bundespolizei einen „erkennbaren Rückgang“ der Festnahmen.
Vom 16. Oktober bis Ende Januar wurden schätzungsweise nur 520 Schleuser gefasst und etwa 11.950 illegale Einreisen verhindert, wie wir aus dem Innenministerium erfuhren.
Der monatliche Durchschnitt liegt damit deutlich unter den Zahlen vor der Wiedereinführung der Grenzkontrollen.
Die Bundespolizei sagt uns dazu:
Der erkennbare Rückgang der tatsächlichen Feststellungszahlen ist mutmaßlich auf ein verändertes, abwartendes Verhalten von Migranten und Schleusern zurückzuführen.
Die Tätergruppen seien sehr professionell und flexibel. Die Binnengrenzkontrollen werden bis mindestens zum 15. März 2024 fortgeführt.
Göring-Eckardt: Können nicht länger auf USA hoffen
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) wird an diesem Montag zum Auftakt einer einwöchigen Reise in der ukrainische Hauptstadt Kiew eintreffen.
Katrin Göring-Eckardt, Grüne © imagoZu Beginn der Reise sagt sie unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Wir können nicht länger darauf hoffen, dass noch Geld aus den USA an die Ukraine fließt. Es ist jetzt an Europa, diese Hilfe zu organisieren, egal wie.
Es gehe hier nicht allein um Munition und die Beschaffung von militärischem Gerät, „so wichtig das ist”. Es gehe auch um Wiederaufbau. Göring-Eckardt:
Jedes wieder errichtete Haus zeigt Putin: Die Ukrainer geben nicht auf und wir geben die Ukraine nicht auf.
Auf der fünftägigen Reise will Göring-Eckart neben dem Wiederaufbau auch einen Fokus auf den Verbleib von etwa 19.000 nach Russland entführter ukrainischer Kinder legen. Diese habe Putin zu „Geiseln seiner Politik gemacht", sagt Göring-Eckardt. Nur 300 Kindern gelang seither die Rückkehr.
Göring-Eckardt:
Das ist Menschenraub. Viele der Kinder werden sich bald nicht mehr daran erinnern können, dass sie Ukrainer sind und ukrainische Eltern haben. Wir müssen tun, was wir können, diese Kinder wieder zurück zu bringen.
Die Reise führt die Delegation von Kiew nach Odessa und von dort zum Abschluss in die Republik Moldau. Unser Kollege Thorsten Denkler begleitet Göring-Eckardt auf dieser Reise und wird laufend berichten.
Regierung sieht Biomasse skeptisch
Die Ampel-Regierung bleibt offenbar skeptisch gegenüber einer verstärkten Nutzung von Biomasse etwa für die Energieerzeugung. Das geht aus dem jüngstem Entwurf der kommenden Biomasse-Strategie der Bundesregierung hervor, der uns vorliegt.
Biogasanlage © dpaIn dem 70-Seiten-Papier vom 9. Februar kommt die Bundesregierung zu dem Schluss, dass die politischen Rahmenbedingungen zwar „maßgeblich zu einem rasanten Anstieg der Biomassenachfrage“ beitrügen.
Die Potenziale aber „eng begrenzt sind und in Zukunft auch bleiben werden“. Es bestehe die Gefahr, dass es zu einer „Übernutzung land- und forstwirtschaftlicher Systeme“ komme.
In Deutschland bestehe schon heute ein „wachsender Konkurrenzdruck um die Flächennutzung“.
Die steigende Nachfrage etwa in den Sektoren Siedlungsbau, Verkehr, Naturschutz, natürlicher Klimaschutz oder dem Ausbau erneuerbarer Energien eröffne „keine Möglichkeiten, in relevantem Umfang neue Flächen für die Biomasse-Nutzung zu erschließen“.
Teil des Entwurfs ist ein 45 Punkte umfassendes Paket, um Biomasse in Deutschland im Sinne der Regierung effizient und sinnvoll einsetzen zu können.
Es geht vor allem um besseres Monitoring und neue Analyse-Tools zur Nutzung von Biomasse.
Moderner Wahlkampf und Stimmenfang finden heute in großen Teilen in sozialen Medien im Internet statt – dabei sind die Parteien ganz unterschiedlich erfolgreich. Das zeigt eine Analyse des Politikberaters Johannes Hillje, ZDFheute berichtete zuerst. Das Ergebnis: Auf vielen Plattformen ist die AfD deutlich erfolgreicher als die anderen großen Parteien.
Eine Infografik mit dem Titel: AfD ist TikTok-Meister
Impressionen pro TikTok-Post, von Januar 2022 bis Dezember 2023
Eine Infografik mit dem Titel: Auch auf Facebook und YouTube erreicht die AfD am meisten Menschen
Zahl der Fans und Abonnenten im Dezember 2023
Das war gestern außerdem los:
Berliner Wahlwiederholung: Die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin führt zu einer Verkleinerung des Parlaments. Die FDP verliert einen Sitz und hat künftig nur noch 91 Abgeordnete. Für die anderen Parteien ändert sich nichts. Das offizielle Wahlergebnis von 2021 wird aber korrigiert. FDP und Grüne verlieren 0,1 Prozentpunkte. CDU und AfD erhalten jeweils 0,1 Prozentpunkte mehr.
Hamas: Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben einen Tunnel der Terrororganisation Hamas entdeckt – die „elektrische Infrastruktur“ des 700 Meter langen Tunnels sei mit dem UNRWA-Hauptsitz „verbunden“, teilte das israelische Militär mit. Dies deute darauf hin, dass der Tunnel offenbar „von UNRWA-Installationen mit Elektrizität versorgt wurde“.
Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?
Eine Delegation der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter Leitung von CDU-Chef Friedrich Merz besucht Israel: Merz wird begleitet von den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Johann Wadephul und Jens Spahn sowie von der stellvertretenden Vorsitzenden der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, Gitta Connemann.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk ist auf Antrittsbesuch in Berlin und Paris. Inhaltlich wird es unter anderem um die Unterstützung der Ukraine und um die Europa- und Verteidigungspolitik gehen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht heute die Republik Zypern.
Europa steht bei der kommenden Europawahl im Juni ein politischer Erdrutsch nach rechts bevor. Mögliche Folgen für Freiheit und Demokratie lassen sich dort beobachten, wo die Rechten bereits an der Macht sind. Den ganzen Artikel lesen Sie hier.
Auf - Alexander Stubb. Finnlands Ex-Regierungschef wird der nächste Präsident des Landes: Die Stichwahl um das Präsidentenamt in Finnland hat der konservative Ex-Regierungschef Alexander Stubb knapp für sich entschieden. Der 65 Jahre alte Grünen-Politiker und frühere Außenminister Pekka Haavisto räumte seine Niederlage ein und gratulierte Stubb zum Sieg. Und auch wir sagen: Onnittelut, herra presidentti!
Ab - Katalin Novák. Die ungarische Staatspräsidentin musste auf Druck von Opposition und Regierung ihren Rücktritt erklären. Sie habe einen Fehler gemacht, sagte die Politikerin in einem im ungarischen Staatsfernsehen gezeigten Video. Novák hatte einen Mann begnadigt, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen verurteilt worden war. Beim Schutz von Kindern gibt es keine Kompromisse.
Heute gratulieren wir herzlich:
Engin Eroglu, Abgeordneter des Europäischen Parlaments und stellvertretender Bundesvorsitzender der Freien Wähler, 42
Jan-Niclas Gesenhues, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 34
Martin Kröber, SPD-Bundestagsabgeordneter, 32
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre