Union tritt kräftig auf die Schuldenbremse

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Guten Morgen,

unsere Themen heute:

  • Die CDU stritt zuletzt öffentlich über die Schuldenbremse. Ein Papier soll nun für Einigkeit sorgen. Wir verraten die Details.

  • Soziale Medien und Jugendliche im Fokus: Bildungsministerium fördert 13 Studien über Islamismus.

  • Sanierungshilfe vom Staat wird kaum in Anspruch genommen.

  • „Aus ethischen Gründen“: Arbeitsagentur rekrutiert Fachkräfte nur aus 13 Ländern.

  • Steuerzahlerbund fordert Umstationierung der Regierungsflieger von Köln nach Berlin.

Gretchenfrage: Wie hältst du´s mit der Schuldenbremse? Aus der CDU gab es in den vergangenen Monaten unterschiedliche Signale zur Schuldenbremse. Zwischen den Polen Kai Wegner (Reform) und Friedrich Merz beziehungsweise Markus Söder (Einhaltung) gab es facettenreiche Wortmeldungen (Reiner Haseloff, Michael Kretschmer, Boris Rhein), die unterschiedlich interpretiert werden konnten.

Mit einer Stimme: Mit einem Papier wollen die haushalts- und finanzpolitischen Sprecher der Fraktionen in Bund und Ländern von CDU und CSU nun für Klarheit und Geschlossenheit vor dem Beginn des Parteitags heute sorgen weitere Diskussionen zur Schuldenbremse werden dennoch erwartet.

Bekenntnis zur Schuldenbremse: In dem Beschluss von Ende April, der uns vorliegt, heißt es klar:

Die verfassungsmäßige Schuldenbremse darf nicht angetastet werden. Der Staat muss mit den Mitteln auskommen, die er einnimmt.

Und weiter:

Deutschland hat bei Einnahmen auf Rekordniveau offensichtlich ein Ausgabeproblem. Solide Finanzen sind ein Gebot der Generationengerechtigkeit.

Mit dem Beschluss bekommt die Position von Parteichef Merz vor dem Parteitag, der heute startet, Rückendeckung.

Friedrich Merz und Markus Söder © dpa

Mammutaufgabe: Die Haushälter von Bund und Ländern fordern eine neue Föderalismuskommission, um die Finanzbeziehungen von Bund, Ländern und Kommunen grundsätzlich neu zu ordnen.

Insbesondere das Konnexitätsprinzip soll besser umgesetzt werden. Übersetzt: Wer bestellt, zahlt. Der Verursacher von Ausgaben muss die Finanzierung übernehmen.

Im Zuge einer Reform sollen Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Erbschafts- und Schenkungsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer neu aufgestellt werden.

Mogelpackung: Die „Konstruktion von ,Notsituationen“, um die Schuldenbremse zu umgehen, wird als „falscher Weg“ abgelehnt.

Credo für den Haushalt: Investitionen in die Infrastruktur, Sicherheit und Bildung werden als „eine wiederkehrende Aufgabe“ gesehen, „die aus den laufenden Haushalten finanziert werden muss“. Heißt: keine Kredite.

Die Maxime lautet: klare Priorisierung von investiven Ausgaben. Konsumtive Ausgaben auf den Prüfstand (Sozialausgaben sollen nicht weiter ausgeweitet oder sogar konsolidiert werden).

Die Pensionäre von morgen: Mit Blick auf die Versorgungsansprüche von Beamten wollen CDU und CSU eine generationengerechte Verteilung. Damit Versorgungsrücklagen nicht zur Finanzierung allgemeiner Ausgaben eingesetzt werden, soll deren „zweckgemäße Verwendung“ in der Verfassung festgeschrieben werden.

Beamte von heute: Die Unions-Experten fordern einen Stopp des kontinuierlichen Personalaufbaus von Bund und Ländern. Zwischen 2012 und 2022 stieg dort die Zahl der Beschäftigten um 10,3 Prozent – von 2,68 auf 2,96 Millionen. Im Aufgabenbereich „Politische Führung und zentrale Verwaltung“ wuchsen die Stellen beim Bund sogar um 32, bei den Ländern um 21 Prozent an.

Mike Mohring (CDU), Vorsitzender der Konferenz der finanzpolitischen Sprecher der CDU/CSU, sagt uns: „Die Schuldenbremse zu halten, ist eine Frage der Vernunft und Gerechtigkeit.“ Er geht aber noch weiter in seiner Forderung: „Deutschland braucht die größte Steuerreform aller Zeiten über alle Steuerarten hinweg, damit da die Steuern ankommen, wo die Aufgabe erledigt werden soll. Kein Durcheinander mehr, sondern klare Verantwortung.“

Mike Mohring © Anne Hufnagl

Auf ihrem Parteitag stehen der CDU außerdem spannende Debatten ins Haus. Die kontroversen Themen sind unter anderem:

  • Gleichberechtigung vs. Gleichstellung,

  • Atomkraft als eine Energiequelle,

  • Passagen zum Islam im Grundsatzprogramm.

Bildungsministerium fördert 13 Studien über Islamismus

Gegenwärtig fördert das Bildungsministerium insgesamt 13 Forschungsprojekte zu den „gesellschaftlichen Ursachen und Wirkungen des radikalen Islam in Deutschland". Das erfuhr unser Kollege Jan Schroeder auf Nachfrage bei dem Ministerium.

Nach der Demonstration radikaler Islamisten in Hamburg vergangene Woche sagt uns Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger:

Wir müssen den Blick auf diejenigen richten, die im Visier der Hass-Prediger sind: Das sind vor allem Jugendliche, die viel in den sozialen Medien aktiv sind.

Bettina Stark-Watzinger, Deutsche Bundesministerin für Bildung und Forschung © imago

Das Ministerium fördere deshalb vor allem Forschungsprojekte, die helfen sollen zu verstehen, wie sich Menschen radikalisieren.

Darum geht's genau:

  • Fokus auf muslimische Einwanderer: Wie stehen Migranten zu Rechtsstaat, Grundgesetz und Demokratie? Vergangene Woche veröffentlichte das Kriminologische Forschungsinstitut in Niedersachsen (KFN) bereits eine Studie, aus der hervorgeht, dass die Hälfte der befragten muslimischen Schüler einen islamischen Gottesstaat gegenüber der Demokratie vorzieht. Stark-Watzinger will diese Forschung vertiefen.

  • Antisemitismus: Nach den Terrorattacken der Hamas vom 7. Oktober 2023 war es auf der ganzen Welt vermehrt zu antisemitischen Attacken gekommen. In Deutschland war der Anstieg dabei im Vergleich zu anderen westlichen Staaten besonders hoch so der erschreckende vorläufige Befund einer geförderten Studie.

  • Islamisten vs. Islamkritiker: Spitzt sich der Konflikt zwischen den Gruppen zu? Die Forschung erhärtet diese Vermutung. Die gegenseitig Bedrohungswahrnehmung befördere eine weitere Radikalisierung.

In Deutschland wird zu wenig saniert

Ein Sanierungsprogramm der Bundesregierung scheint zu verpuffen. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wird jedenfalls kaum genutzt. Das geht aus der Evaluation des Förderprogramms hervor. 2021 wurden nur rund 12 Prozent der Fördermittel von Vermietern in Anspruch genommen. Spätere Daten sind nicht verfügbar.

Kritik: Es gebe kaum bis gar keine Anreize für Vermieter, Fördermittel zu beantragen, um damit zu sanieren, sagt Peter Mellwig vom Institut für Energie und Umweltforschung (ifeu). Denn das Geld müsse direkt an die Mieterinnen und Mieter weitergeben werden und stellt für den Vermieter somit nur „einen Durchlaufposten“ dar.

„Es fehlt eine Idee, wie Vermieter die Mittel behalten können, wenn sie aktiv werden“, sagt Verena Hubertz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende SPD, unserer Kollegin Laura Block.

Verena Hubertz © dpa

Die Uhr tickt: In zwei Jahren greift die EU-Gebäude-Richtlinie. Spätestens dann muss Deutschland den Energieverbrauch bei Wohngebäuden reduzieren. Daher müsse man „jetzt schnell eine Incentivierung schaffen und den Hebel umlegen“ und nicht bis „auf den letzten Drücker warten“, sagt Hubertz.

Bisher werden pro Jahr weniger als ein Prozent der Bestandsgebäude in Deutschland saniert. Viel zu wenig. Doch „ohne Anreize wird es nicht passieren“, sagt Mellwig.

Das Wirtschaftsministerium sagt auf Nachfrage, dass es bereits die Förderprozesse optimiert hat. So würden Antragsteller heute in wenigen Minuten wissen, ob sie förderberechtigt sind.

Arbeitsagentur rekrutiert Fachkräfte nur aus 13 Ländern

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rekrutiert aktuell für 20 relevante Berufsgruppen in Deutschland nur aus 13 Ländern, erfuhr unser Kollege Michael Bassewitz. Man wolle „aus ethischen Gründen“ nicht in jedem Land nach Fachkräften suchen, so die BA.

© The Pioneer

Die Migrationshaltung der BA:

Richtschnur ist für uns ‚faire Migration‘. Das bedeutet, dass wir nur dort rekrutieren, wo durch Abwanderung keine Engpässe auf dem Arbeitsmarkt entstehen.

Vergleichbarkeit und Jugendarbeitslosigkeit: Hinzu komme, dass die Bildungsabschlüsse in etwa vergleichbar sein müssen, sagt die BA uns. In den Ländern, in denen die Bundesagentur im Rahmen solcher Abkommen aktiv ist, müsse eine hohe Jugendarbeitslosigkeit bestehen.

Die BA kommt so auf folgende Länder zur aktiven Rekrutierung:

  • Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Ecuador aus Lateinamerika,

  • Marokko, Tunesien, Ägypten und Jordanien aus der Mittelmeerregion,

  • Indien, Indonesien, Usbekistan und die Philippinen aus Asien und

  • Ghana aus Westafrika.

Wie kommen Fachkräfte aus anderen Ländern zu uns? Privatunternehmen können trotzdem auch aus weiteren Ländern ihre Fachkräfte rekrutieren und im Zusammenspiel mit Kammern oder regionalen Initiativen nach Leuten suchen. Auch das subtilere Vermittlungsportal der Bundesregierung klärt über weitere Fachkräfteeinwanderung auf.

Bund der Steuerzahler: Flugbereitschaft soll nach Berlin

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) fordert eine Umstationierung der Regierungsflieger in die Hauptstadt. BdSt-Präsident Reiner Holznagel sagt unserem Kollegen Jonas Kebsch:

Die Bilanz von 785 Leerflügen im Jahr 2023 lässt nur einen Schluss zu: Der Standort für die Flugbereitschaft muss von Köln nach Berlin verlagert werden.

Hintergrund der Kritik ist die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Daraus ging hervor, dass 2023 fast jeder zweite Regierungsflug (48 Prozent) ohne Gast an Bord stattgefunden hat, sprich: leer geflogen ist.

BdSt-Präsident Reiner Holznagel © Imago

Auch die laufenden Kosten von „weit mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr“ bezeichnet der BdSt mit Blick auf die aktuelle Haushaltsdebatte als „nicht mehr vermittelbar“. Zu der Regierungsflotte gehören 19 Luftfahrzeuge, darunter etwa der Airbus A350 und A340 sowie Hubschrauber des Typs Cougar AS 532. Hauptursache der Leerflug-Quote ist die Überführung der Maschinen vom Quartier der Flugbereitschaft am Flughafen Köln Bonn nach Berlin und anschließend zurück.

Die Begründung des Wehrressorts, die Bereitstellungsflüge im Rahmen der Aus- und Weiterbildung „vollumfänglich“ zu nutzen, bezeichnet Holznagel als „Schönreden“.

Annalena Baerbock vor Regierungsflieger © Imago

Weitere Fakten über das Flugverhalten der Bundesregierung:

  • Das Bundeskanzleramt um Olaf Scholz nutzte die Flugbereitschaft 2023 mit 491 Einsätzen am häufigsten, gefolgt vom Auswärtigen Amt (237) und dem Bundespräsidialamt (219).

  • Für die 222 Flüge von Scholz waren 269 Bereitstellungsflüge notwendig. Das heißt: Die Leerflug-Quote pro Kanzler-Reise liegt bei 1,2 Spitzenwert unter allen Nutzern.

  • Die Geisterflieger verursachten im letzten Jahr insgesamt 7.923 Tonnen CO2. Dies entspricht dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von mehr als 1.250 Bundesbürgern.

  • Bemerkenswerte 1030 leere Inlandsflüge zwischen Köln und Berlin flogen die Maschinen von Beginn der Ampel bis in den letzten September.

Fazit: Eine Exportnation wie Deutschland muss sich eine Flugbereitschaft leisten können. Aber auch für sie gilt: Unnötige Flüge sind zu vermeiden.

Die Wirtschaft stagniert, Stellen werden gestrichen und Einstellungen verschoben: Trotz Fachkräftemangel wächst die Arbeitslosigkeit in Deutschland wieder.

Rund 2,8 Millionen Menschen sind gerade arbeitslos, rund 164.000 mehr als vor einem Jahr und knapp 450.000 mehr als vor zwei Jahren. Inzwischen ist die Arbeitslosenquote wieder bei 6,1 Prozent so hoch wie zu letzt 2016.

Eine Infografik mit dem Titel: Arbeitslosigkeit nimmt wieder zu

Die Entwicklung der Arbeitslosenquote in Deutschland, in Prozent

Das war gestern und in der Nacht außerdem los:

  • Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die zunehmende Gewalt innerhalb der Gesellschaft verurteilt. „Es ist wirklich fünf vor zwölf“, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung Caren Miosga.

Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?

  • Als erste deutsche Außenministerin besucht Annalena Baerbock Fidschi und besichtigt von einer Überschwemmung verwüstetes Dorf.

  • Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht auf dem „Global Solutions Summit 2024“ in Berlin über die deutsche und europäische Energiewende.

  • Bundeskanzler Olaf Scholz reist ins Baltikum zu Gesprächen mit dem litauischen Präsident Gitanas Nausėda und Lettlands Ministerpräsidentin Evika Siliņa.

  • Bauministerin Klara Geywitz reist nach Kanada und in die USA. Am ersten Tag stehen Termine in Montreal und Quebec auf dem Programm. Themenschwerpunkt: Nachhaltiges Bauen.

  • Agrarminister Cem Özdemir besucht in Steinfurt den Familienhof Große-Kleimann.

  • Justizminister Marco Buschmann nimmt in Berlin an einer Konferenz zum Strafrecht im neuen digitalen Zeitalter teil.

  • Verkehrsminister Volker Wissing besichtigt den Flughafen Stuttgart und in Bingen-Sponsheim und Grolsheim den Neubau von Radwegen.

  • Finanzminister Christian Lindner nimmt im Bundesrat an der Sitzung des Stabilitätsrates in Berlin teil.

Auf – Matthias Ecke (SPD). Vom Krankenhaus zurück in den Wahlkampf. Nach dem brutalen Schlägerangriff musste der sächsische SPD-Spitzenkandidat operiert werden. Wenige Stunden später gibt Ecke bekannt: Jetzt erst recht! Sein Wahlkampf geht weiter, kündigt seine Partei an. Von diesem Mut lebt unsere Demokratie!

Ab – Daniel Günther (CDU). Wegen seines Pro-Merkel-Vorstoßes hagelt es heftige Kritik. In einem Brandbrief teilt der JU-Chef Johannes Winkel gegen den CDU-Regierungschef von Schleswig-Holstein aus: „In welcher Partei bist du Mitglied?", fragt er Günther. Als Landeschef so von der Jungen Union gerügt werden autsch!

Heute gratulieren wir herzlich:

Patrick Döring, Ex-FDP-Generalsekretär, 51

Stefan Rupp, Pioneer-Podcast- und Radio-Legende, 56

Fritz Güntzler, CDU-Bundestagsabgeordneter, 58

Christian Haase, CDU-Bundestagsabgeordneter, 58

Paul Höller, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz in NRW, 41

Wir wünschen Ihnen einen kraftvollen Start in diese Woche!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Leiterin „Hauptstadt – Das Briefing“
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