Von den Bonner Pionierinnen und dem Ende der Sommerpause

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© Fotomontage: Majestic/Johannes Imdahl/picture alliance/SvenSimon/SZ/AnnetteEtges

Guten Tag

wie schön, dass Sie wieder dabei sind.

Heute möchte ich mit Ihnen einen Ausblick wagen, der Ihnen gewissermaßen Hoffnung machen soll. Hoffnung darauf, dass wenn irgendwann die Corona-Pandemie einigermaßen im Griff ist, ganz viel hohe Kunst auf Sie wartet, um von Ihnen gesehen, gelesen, geschaut und erlebt zu werden. Stellen Sie sich jetzt schon mal den Duft frisch gepufften Popcorns vor - ich erzähle Ihnen von einem Kinofilm, den Sie nicht verpassen dürfen.

Außerdem geht es heute um die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes und wir laden Sie zur politischen Stadtrundfahrt mit einer früheren Ministerin ein.

Ich habe in die Zukunft geschaut. Naja, so ein bisschen zumindest. Ich habe mir einen Film angeschaut, der demnächst - so Gott und Corona es wollen - in den Kinos laufen wird. Er heißt "Die Unbeugsamen", und er ist eine Wucht.

Der Regisseur und Autor des Films, Torsten Körner, erzählt darin die Geschichte der Frauen in der Bonner Republik. Jener Körner, der sich auch für die Filme "Angela Merkel - die Unerwartete" und "Gerhard Schröder - Schlage die Trommel" verantwortlich zeichnete und im Duo mit Emmy-Preisträger Leopold Hoesch, Gründer der Produktionsfirma Broadview TV, regelmäßig Werke von erstaunlicher Kraft auf die Wege bringt.

In "Die Unbeugsamen" schaut Körner auf die Pionierinnen der Bonner Republik, die sich ihre Beteiligung an den demokratischen Entscheidungsprozessen gegen erfolgsbesessene und amtstrunkene Männer buchstäblich erkämpfen mussten.

Unerschrocken, ehrgeizig und mit unendlicher Geduld verfolgten sie ihren Weg und trotzten Vorurteilen und sexueller Diskriminierung.

Politikerinnen von damals kommen in dem Film zu Wort, darunter Herta Däubler-Gmelin (SPD), Marie-Elisabeth Klee (CDU), Ursula Männle (CSU), Christa Nickels (Grüne), Ingrid Matthäus-Maier (FDP/SPD), Renate Schmidt (SPD) und Rita Süssmuth (CDU). Historische Aufnahmen zeigen politische Größen wie Aenne Brauksiepe (CDU), Hildegard Hamm-Brücher (FDP), Waltraud Schoppe und Petra Kelly (Grüne).

"Ich habe häufig den Kopf geschüttelt und gedacht: Das gibt's doch gar nicht. Noch vor 30 Jahren war es Männern möglich, sich auf diese Art zu verhalten", erzählt Körner über seine Recherchen. Vieles an dem Film sei noch hochaktuell.

Vor allem die Männer, junge und ältere, sind in der reflexiven Bringschuld. Wir müssen aus den Schatten der Väter treten und unser Selbstbild überprüfen.

Torsten Körner, Regisseur und Autor

"Wie schroff und kalt Herr Lindner Frau Teuteberg abserviert hat, fand ich bezeichnet, zumal er an ihrem Misserfolg großen Anteil hatte, durch einen patriarchalen aus der Zeit gefallenen Führungsstil, der nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist", so Körner.

"Wer führen will, muss zunächst einer Sache dienen und das im Dialog tun. Zu diesem Dialog war Christian Lindner nicht fähig.“

Er habe auch über seine eigene Rolle als Vater reflektiert und über die Zeit, in der seine eigenen Töchter aufwachsen. Vielleicht, so Körner, helfe der Film, diese Generation daran zu erinnern, dass man sich anstrengen muss und dass jeder emanzipatorische Schritt erkämpft werden muss. "Junge Mädchen und Frauen sollten wissen: Das, was ihr habt, ist überhaupt nicht selbstverständlich. Ruht euch nicht darauf aus."

Es sei die Aufgabe von jungen Frauen und Männern, weiter füreinander einzustehen. Und: "Vor allem die Männer, junge und ältere, sind in der reflexiven Bringschuld", meint Körner. "Wir müssen aus den Schatten der Väter treten und unser Selbstbild überprüfen."

Vor allem die Männer, junge und ältere, sind in der reflexiven Bringschuld. Wir müssen aus den Schatten der Väter treten und unser Selbstbild überprüfen.

Torsten Körner

Ich habe auch viel gelacht bei diesem Film. Der Umgang der Männer mit diesen Pionierinnen ist aus heutiger Sicht so abstrus, dass ihm eine tragische Komik innewohnt. Und gleichzeitig ist es erschreckend. Erschreckend zu sehen, welchen Weg Frauen gehen mussten, welche Pfade sie für uns neu betreten und Türen öffnen mussten, bis wir Frauen und Mädchen heute sein können, wer wir wollen und wie wir wollen: Politikerinnen, Journalistinnen, Mathematikerinnen, Ingenieurinnen, Soldatinnen und Kanzlerinnen.

Und natürlich ist Gleichberechtigung kein Ziel im Sinne eines statischen Orts, den man erreicht und dann ist gut. Sie ist ein Prozess. Ein Prozess der Aushandlung, der Teilhabe, des Streits und der Mühe. Und dieser Prozess ist auch in Deutschland nicht abgeschlossen. Und das macht diesen Film, dieses Zeitdokument bisweilen erschreckend aktuell.

Gerade weil die Gleichberechtigung von Frau und Mann kein historisches Artefakt, sondern eine Herausforderung der Gegenwart ist, berührt dieser Film die Zuschauerin auf eine andere Weise als man es von einem historischen Dokumentarfilm erwarten würde.

Zum Teil ist sie erreicht, zum Teil nicht. Wenn die Leute nicht weiterkämpfen, dann werden sie das, was sie haben, wieder verlieren.

Marie-Elisabeth Lüders (FDP) 1958 zum Stand der Gleichberechtigung

Man kommt nicht umhin zu denken: Eigentlich sind wir es diesen Frauen schuldig, uns nicht auszuruhen. So steigt der Film mit einem historischen Schatz aus den Archiven ein: Marie-Elisabeth Lüders (FDP) wird anno 1958 von einer Journalistin anlässlich ihres 80. Geburtstages auf der Straße für ein kurzes Interview abgefangen. Auf die Frage, wie sie den Stand der Gleichberechtigung, ihrer politischen Herzensangelegenheit, sieht, antwortet sie: „Zum Teil ist sie erreicht, zum Teil nicht. Wenn die Leute nicht weiterkämpfen, dann werden sie das, was sie haben, wieder verlieren.“

Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen.

"Die Unbeugsamen" kommt im Herbst in die Kinos. Sie sollten ihn sich nicht entgehen lassen.

Kurzarbeit sollte wie eine Brücke über die Krise helfen. Bisher ist das einigermaßen gelungen - die Rückkehr von Massenarbeitslosigkeit konnte verhindert werden. Vorerst zumindest. Union und SPD sind sich einig: Die Regelung soll verlängert werden. Am kommenden Dienstag im Koalitionsausschuss geht es um ein Milliarden-Paket, das für das Wahljahr 2021 allzu große Verwerfungen am Arbeitsmarkt verhindern soll. Allerdings: Es kommt darauf an, welche Anreize im Detail gesetzt werden, weiß mein Kollege und Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner, der sich mit den Plänen beschäftigt hat. Hier lesen Sie seine Analyse.

Regierungssprecher Steffen Seibert macht seinen Job auch nach zehn Jahren im Amt immer noch gern - trotz ständiger Erreichbarkeit. „Ich mache das gern und aus Überzeugung. Und ein Regierungssprecher muss halt erreichbar sein. Punkt“, sagte uns Seibert während unseres ersten Live-Formats des Hauptstadt-Newsletters an Bord der Pioneer One. Hier gehts zum Artikel.

Jener Rasmus Buchsteiner, der Ihnen die Lage der Kurzarbeit erklären kann, der kann Sie auch, wenn Sie mögen, am Dienstag, 25. August, auf eine Tour durch das Berliner Regierungsviertel nehmen. Und das empfehle ich Ihnen sehr, zumal er nicht allein am Mikrophon sein wird, sondern im Tandem mit Renate Künast - Grünen-Politikerin und Ex-Bundesministerin. Das sollten sie sich nicht entgehen lassen - kommen Sie doch vorbei! Tickets gibt es hier.

Tschüss - und bis bald! © The Pioneer / Nina Hinkelmann

Heute verabschiede ich mich von Ihnen und diesem SommerBriefing Spezial.

Ich hoffe sehr, dass Sie die etwas andere Variante des Hauptstadt-Newsletters als ein angenehmes Geleit während der parlamentarischen Sommerpause empfunden haben. Mir war es jedenfalls eine große Freude, Sie durch diesen Sommer zu begleiten.

Am Freitag begrüßen Sie wieder meine Kollegen Michael Bröcker und Gordon Repinski.

Ich verabschiede mich in einen Kurzurlaub - und wenn Sie mögen, hören, sehen und lesen wir uns danach wieder. Ich würde mich freuen!

Ich wünsche Ihnen einen schönen Start in den Tag - und bis bald!

Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin ThePioneer
  1. , Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin ThePioneer

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