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Unsere Themen heute:
Eine CDU-Frau führt die EU-Kommission, doch in den eigenen Reihen ist sie umstritten. Nun bereitet sie ihre Kandidatur für eine zweite Amtszeit vor.
Die Kritik an den Mindestlohn-Äußerungen von Arbeitsminister Hubertus Heil reißt nicht ab. Ökonom Lars Feld wirft ihm vor, sich über die unabhängige Kommission hinwegzusetzen.
Das Auswärtige Amt hat auf die Ausweisung des Botschafters im Tschad eine ebenso harte Maßnahme eingeleitet.
In der Berliner CDU wird über die mögliche Zusammensetzung des schwarz-roten Senats diskutiert. Wir wissen, welche Namen für wichtige Posten gehandelt werden.
Die zwei deutschen Botschaften in Seoul und Bangkok bekommen neue deutsche Leitungen - wir kennen die Diplomaten.
Von der Leyen und die zweite Amtszeit
Schon der Termin ist ein Signal. Ursula von der Leyen wird am Montag im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin an den Sitzungen der CDU-Führungsgremien teilnehmen. Das Ziel scheint klar: Langsam beginnt das Werben um die Unterstützung für eine zweite Amtszeit an der Spitze der EU-Kommission.
Offiziell wird der Termin als unspektakulär abgetan. Sie folge einer langfristigen Einladung der CDU, werde zu Europa und zu China sprechen, heißt es. Danach werde sie zudem Gast sein bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes für Angela Merkel.
Aber von der Leyen suchte zuletzt häufiger die Nähe zu ihrer Partei. Im Januar reiste sie zum Neujahrsempfang der NRW-CDU. Anfang Mai trifft sich die Spitze der Europäischen Volkspartei (EVP) in München.
Offiziell hat sich von der Leyen zu ihren Plänen für die Europawahlen im Jahr 2024 noch nicht erklärt. Aber will sie eine zweite Amtszeit, beginnt alles mit der vollen Unterstützung der Union in Deutschland.
Nächste Woche wäre eine Gelegenheit. Jedoch: In Brüssel wird immer wieder darauf verwiesen, dass es besondere Auflagen für Kommissionsmitglieder gibt, wenn sie für das Europaparlament kandidieren. Das spräche für weiteres Abwarten.
Wie wir in Recherchen mit unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner erfahren haben, wird in der Union fest damit gerechnet, dass von der Leyen es noch einmal wissen will.
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission © dpaMag sie zuletzt auch als mögliche Nachfolgerin von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg genannt worden sein: Die Vorbereitungen für die Operation zweite Amtszeit in der Kommission sind weit gediehen.
Der Plan: Von der Leyen bekäme Platz eins der Landesliste in Niedersachsen, vor David McAllister, Lena Düpont und Jens Gieseke, den bisherigen CDU-Abgeordneten im Europäischen Parlament.
Gieseke hätte dann wohl das Nachsehen - erst einmal.
Von der Leyen soll jedoch intern signalisiert haben, ihr Mandat auf jeden Fall wieder abzugeben: Nicht nur, wenn sie wieder Kommissionschefin würde, sondern auch, wenn sie es nicht würde.
2019 hatte sie im Europäischen Parlament neun Stimmen mehr als nötig bekommen. Beim nächsten Mal dürften die Mehrheitsverhältnisse noch schwieriger werden. Selbst, dass die EVP wieder stärkste Fraktion wird, ist keinesfalls sicher.
Das Ganze ist auch für einen anderen Beteiligten mit Risiken verbunden. Der CDU-Chef Friedrich Merz, der eine zweite Amtszeit ebenso wie CSU-Chef Markus Söder unterstützt, wird am Ausgang der Europawahl gemessen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bei einer Klausurtagung des geschäftsführenden Union-Fraktionsvorstands im vergangenen Sommer. © dpaDie Aussicht, mit von der Leyen in den Wahlkampf zu ziehen, löst in EVP, CDU und CSU kaum Begeisterung aus. Die Deutsche an der Kommissionsspitze, so Kritiker, habe vor allem eine grüne Agenda verfolgt.
„Sie muss noch etwas für die Parteienfamilie tun, für die sie antritt“, heißt es aus der EVP. Der entscheidende Parteikongress mit der Nominierung ist für Anfang 2024 geplant.
Mindestlohn: Kritik an Arbeitsminister Heil reißt nicht ab
Lars Feld © imagoBundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stößt mit seiner Ankündigung, der gesetzliche Mindestlohn werde Anfang 2024 deutlich steigen, weiter auf scharfe Kritik aus der für den Mindestlohn zuständigen unabhängigen Kommission.
Lars Feld, Professor für Wirtschaftspolitik und Mitglied der Mindestlohn-Kommission, sagte unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner:
Hubertus Heil © imagoDer Minister hätte besser geschwiegen. Ich frage mich, ob Hubertus Heil zum Prinzip einer unabhängigen Kommission steht. Er macht den Eindruck, als ob er sich davon lieber verabschieden wollte.
Heil hatte erklärt, er rechne mit einer deutlichen Steigerung. „Denn wir haben nicht nur weiter eine hohe Inflation, sondern auch ordentliche Tariferhöhungen, die sich bei der anstehenden Erhöhung des Mindestlohns niederschlagen werden“, so der Minister in der Bild am Sonntag.
Feld sagte, er halte die Äußerungen des Ministers für kontraproduktiv. Schon die Entscheidung für 12 Euro Mindestlohn sei eine solche Grenzüberschreitung gewesen.
„Lohnfindung ist Sache der Tarifpartner und der Mindestlohn Sache der Kommission“, so Pioneer-Podcast-Host Feld (Feld & Haucap). „Die Politik hat sich bei der Lohnfindung herauszuhalten.“
Der Experte mahnte ein behutsames Vorgehen an: „In Frankreich hat der Mindestlohn zu struktureller Arbeitslosigkeit bei Geringqualifizierten geführt. Und das auch noch bei gleichzeitigem Arbeitskräftemangel in einigen Branchen.“
Bis Ende Juni soll die Mindestlohn-Kommission ihren Vorschlag zur weiteren Entwicklung der Lohnuntergrenze präsentieren.
Cannabis: Unzufriedenheit in Ampel-Fraktionen über Lauterbach-Pläne
© The PioneerBundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat seine Pläne zur Cannabis-Legalisierung angepasst. Sie sollen an diesem Mittwoch in Berlin präsentiert werden.
Auf eine generelle Freigabe werde der Minister zunächst verzichten. Im Fokus stehen nun Eigenanbau und sogenannte Cannabis-Social-Clubs, hören wir. Zuvor hatte das RND darüber berichtet.
FDP-Expertin Kristine Lütke sagte uns:
Kristine Lütke (FDP) © imagoWas wir jetzt hören, ist ein erster Schritt, nicht mehr. Die Freigabe für den Eigenbedarf und für Cannabis-Clubs ist richtig. Aber wir brauchen auch einen Zeitplan für den nächsten Schritt.
Nicht jeder, so die Bundestagsabgeordnete, habe einen Balkon und nicht jeder wolle Mitglied in einem Cannabis-Club werden: „Wir werden die Pläne sorgfältig prüfen und, wo nötig, Änderungen vornehmen. Das ist jetzt unsere Aufgabe im Parlament.“
Die FDP-Politikerin sagte, Modellregionen würden nicht ausreichen, um den Schwarzmarkt zurückzudrängen.
Bundesregierung weist Botschafterin des Tschad aus
Als Reaktion auf die Ausweisung des deutschen Botschafters Gordon Kricke im Tschad hat die Bundesregierung die Botschafterin des Tschad in Berlin - Mariam Ali Moussa - am Dienstag ebenso ausgewiesen. Sie hat nun 48 Stunden Zeit, also bis morgen, um Berlin zu verlassen.
"Wir bedauern sehr, dass es so weit kommen musste", hieß es am Dienstag im Auswärtigen Amt. Intern gilt die diplomatische Antwort der Bundesregierung gegenüber dem Tschad als reziprok - also als gleichwertige Reaktion.
Gordon Kricke © dpaÜber die Umstände der Ausweisung Krickes wurden im Auswärtigen Amt intern nach unseren Informationen die Köpfe heftig geschüttelt. Die Aktion an einem Feiertag (Karfreitag) mit einer Ausreisefrist von 48 Stunden sowie die Kommunikation zunächst über die Öffentlichkeit gilt als unüblich und unangemessen im diplomatischen Verhältnis zweier Länder.
Kricke war ohne Angabe von Gründen am Osterwochenende aus dem Tschad zur "Unerwünschten Person" erklärt worden. Deutschland hatte sich zuvor in Menschenrechtsfragen klar positioniert, jedoch nur im Rahmen der üblichen politischen Haltung.
An Krickes Stelle führt im Tschad nun dessen Stellvertreterin Janine Rohwer die Geschäfte, bevor über eine mögliche Neubesetzung entschieden wird.
Pflegereform: Tücken in der Nachweisführung
Mit der neuen Pflegereform will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Pflegebedürftige und Familien entlasten. Für Arbeitgeber entstehe durch das Gesetz ein erheblicher Mehraufwand, schreibt der HR-Fachjournalist und Unternehmsberater Markus Matt in einem Gastbeitrag für The Pioneer.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass sich die Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung künftig an der Anzahl der Kinder orientieren muss. Während gesetzlich Versicherte ohne oder mit maximal einem Kind künftig mehr zahlen müssen, werden Eltern ab dem zweiten Kind bei den Beiträgen entlastet. "Das sieht nach einer guten Sache aus, doch der Teufel steckt in der Nachweisführung", schreibt Matt.
Die Elterneigenschaft werde von den Arbeitgebern bisher in den Lohnprogrammen verwaltet. "Dies wird ab Juli für alle Arbeitgeber in Deutschland dramatisch aufwendiger werden, denn ihnen obliegt die – vermutlich für alle gesetzlich Versicherten lebenslang erforderliche – Nachweisverwaltung sämtlicher Kinder", so der Autor. Da der Nachweis auf vielfältige Weise und in verschiedenen Sprachen geschehen könne, sei das Vorgehen komplex.
In seinem Beitrag erklärt der Autor, wie sich das neue Gesetz in der Praxis auswirkt und weshalb er darin einen bedenklichen Eingriff in die Privatsphäre der Arbeitnehmer sieht.
Volker Wissing auf der Pioneer One
Bundesverkehrsminister Volker Wissing ist am kommenden Dienstag, 18. April, zu Besuch auf unserem Redaktionsschiff: Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner und Wirtschafts-Ressortleiter Christian Schlesiger sprechen mit dem FDP-Politiker über seine Vorstellungen für die Mobilität der Zukunft – auf der Straße, auf der Schiene und in der Luft.
Wissing, der vom politischen Gegner zuletzt häufig als Auto-Minister kritisiert wurde, plant aktuell eine große Reform der Bahn. Was besser werden soll auf der Schiene – auch darum wird es in dem Gespräch gehen.
Ein paar Tickets sind noch übrig. Hier entlang:
Klick aufs Bild führt zum EventWegner will Parität im CDU-Senat
In der Berliner CDU werden hinter den Kulissen Teams für den möglichen schwarz-roten Senat zusammengestellt und die neuen Senatorinnen und Senatoren diskutiert.
Der Musikmanager und CDU-Bundesvorstand Joe Chialo soll Kultursenator werden, im Hintergrund wird er vom früheren Bundesgeschäftsführer der Jungen Union und langjährigen Chef der Kommunikationsagentur MSL, Axel Wallrabenstein, beraten.
Wallrabenstein war in den 1990er Jahren Pressesprecher des Kultursenators Peter Radunski. Als mögliche Justizsenatorin will CDU-Chef Kai Wegner eine Frau nominieren, im Gespräch ist die Vize-Präsidentin des Bundesamts für Verfassungsschutz, Dr. Felor Badenberg.
Sechs Senatorenposten hat die CDU, inklusive des Amts des Regierenden Bürgermeisters. Als Bildungsministerin gesetzt ist die Lehrerin und bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Katharina Günther-Wünsch.
Finanzsenator dürfte der Berliner CDU-Generalsekretär Stefan Evers werden. Als neue Verkehrssenatorin ist die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Manja Schreiner im Gespräch.
Neue Botschafter in Bangkok und Seoul
Im Auswärtigen Amt sind weitere zentrale Personalentscheidungen bei den Botschaften getroffen worden. Der Diplomat Ernst Reichel, bisher Leiter der Botschaft in Athen, wird neuer deutscher Botschafter in Bangkok, Thailand.
Von dort wechselt Georg Schmidt als neuer Botschafter nach Südkorea (Seoul). Beide Personalien hat das Kabinett in der vergangenen Woche bestätigt.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier voraussichtlich vom 23. bis 27. April bei seinem Staatsbesuch in Kanada begleiten.
Mit seiner Reise nach Ottawa, Vancouver und in die Arktis möchte der Bundespräsident die enge Partnerschaft von Kanada und Deutschland und die Zusammenarbeit in wichtigen Feldern wie der Sicherheitspolitik und der Energiewende würdigen.
Auf - Bodo Ramelow. Der thüringische Ministerpräsident vertreibt sich die Zeit gerne mit der App Candy Crush, bekanntermaßen zuweilen auch während länglicher Ministerpräsidentenkonferenzen. Die damalige Kritik ficht ihn jedenfalls nicht an. In seinem Lieblingsspiel habe er nun Level 3000 erreicht, schrieb er auf Twitter stolz. Wir sagen: Unser (Candy Crush-)Aufsteiger.
Ab - Olaf Scholz. Der Bundeskanzler verliert an Popularität. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage würden bei einer Direktwahl des Kanzlers erstmals mehr Menschen für CDU-Chef Friedrich Merz votieren. Auch die SPD läge mit 18 Prozent weit abgeschlagen hinter der Union (30 Prozent) und gleichauf mit den Grünen. Unser Absteiger!
SZ-Parlamentskorrespondentin Constanze von Bullion blickt in ihrem Kommentar auf den kommenden Samstag, wenn die letzten drei deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen werden und nimmt dabei besonders die Grünen in den Blick: Obwohl die Anti-AKW-Bewegung nun an ihrem Ziel angelangt sei, feiere die Partei dies nicht als Erfolgsstory, so ihre Analyse. "Wie auf Zehenspitzen" pirsche sie sich an das Geschichtsdatum heran. Nun müsse die Partei beweisen, dass ihr Kurs auch ans Ziel führe. Gerade unter den jüngeren Klimaschützern wachse die Zahl derjenigen, die die Kernkraft im Vergleich zur Kohle als das geringere Übel ansehen. "Wer sie überzeugen will, muss dem Atom-Aus in absehbarer Zeit auch ein konsequentes Kohle-Aus folgen lassen", so die Autorin. Lesenswert!
"Die Politik muss der Wirtschaft mehr zumuten", meint Handelsblatt-Redakteurin Teresa Stiens. Es sei paradox, in einer Zeit beständigen Wandels an "Methoden von gestern" festzuhalten, beispielsweise den fossilen Energien - ein Vorwurf, den sie insbesondere an die FDP richtet. Der Staat müsse Leitplanken "hin zu einer technologisch erfolgreichen, klimaneutralen Wirtschaft setzen", den Rest regele dann die Marktwirtschaft. Zwar stimme es, dass Verbote noch keine Innovationen schaffen, so Stiens. "Doch mutige politische Entscheidungen kreieren einen Business-Case für all jene, die jetzt schon an der Zukunft arbeiten." Spannend!
Heute gratulieren wir herzlich:
Najeeb Al-Bader, kuwaitischer Botschafter in Deutschland, 55
Stefan Birkner, ehem. FDP-Landesvorsitzender in Niedersachsen, 50
Joschka Fischer (Grüne), ehem. Bundesaußenminister und Pioneer Expert, 75
Andreas Prothmann, deutscher Botschafter in Tadschikistan, 63
Morgen gratulieren wir herzlich:
Katharina Beck, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 41
Katrin Budde, SPD-Bundestagsabgeordnete, 58
Josef Rief, CDU-Bundestagsabgeordneter, 63
Margrethe Vestager, Vizepräsidentin und Wettbewerbskommissarin der EU, 55
Ole von Beust (CDU), ehem. Erster Bürgermeister von Hamburg, 68
Marie von den Benken, Autorin und Influencerin, 34
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre