Von kurzen Hosen und der Psychologie der Verschwörungen

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© The Pioneer / Henning Schmitter

Guten Tag,

wie schön, dass Sie wieder dabei sind.

Heute möchte ich mit Ihnen über die sozialpsychologischen Dimensionen hinter Verschwörungsideologien sprechen. Was an diesen Mythen Menschen anzieht, wer sich von diesen Ideologien besonders angesprochen fühlt und wie es kommt, dass ausgerechnet zwei Männer mit ausländischen Wurzeln die Reinheit des deutschen Blutes postulieren.

Außerdem geht es heute um Hans-Peter Bartels, der sich Gedanken über Deutschlands Rolle zwischen den USA und Russland macht - und um Kevin Kühnert in kurzen Hosen.

Ich möchte heute mit Ihnen über ein heikles Thema sprechen. Aber weil es mich beschäftigt, und wir auch schon in Redaktionskonferenzen darüber diskutiert haben, denke ich, dass vielleicht auch Sie sich Gedanken darüber machen.

Sie kennen sicherlich Xavier Naidoo und Attila Hildmann. Der eine war mal ein etwas pathetischer, mit bedeutungsschwangeren religiösen Motiven überladener, sehr erfolgreicher deutscher Soulsänger, der andere ein etwas arroganter, veganer Koch, ebenfalls recht erfolgreich.

Mittlerweile gehören die beiden zu Deutschlands bekanntesten Verschwörungsideologen. Beide verbreiten rassistische, antisemitische, homophobe und antiwissenschaftliche Ansichten - der eine winselnd-singend, der andere aggressiv-brüllend.

Aber ist es nicht interessant, dass sie, die explizit rassistische Propaganda betreiben und sich mit Rechtsradikalen verbinden, selbst ausländische Wurzeln haben?

Und während ich diese Zeilen schreibe, weiß ich, dass ich mich damit angreifbar mache. Denn indem ich die ausländischen Wurzeln dieser beiden Männer thematisiere, erschaffe ich eine Struktur, in der ich sie nicht ganz so deutsch erscheinen lasse wie Eva Hermann oder Björn Höcke. Ist das nicht genau das, was Rassisten tun? Das Deutschsein nicht vom Pass oder dem individuellen Zugehörigkeitsgefühl abhängig zu machen, sondern Menschen anhand ihrer Herkunft beziehungsweise die seiner Eltern zu kategorisieren?

Ja und nein. Denn mir geht es bei diesem Thema gar nicht darum, das Deutschsein dieser beiden Männer zu hinterfragen. Ich frage mich eher, wie sie sich einer Gruppe zugehörig fühlen können, die ihresgleichen ausgrenzt. Ich halte das für paradox - und gehört Paradoxie nicht zu den interessantesten Phänomen überhaupt?

Bei meinen Recherchen bin ich auf Pia Lamberty gestoßen. Die Sozialpsychologin promoviert an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz zum Glauben an Verschwörungen. Daneben hat sie zu Intergruppenbeziehungen, Vorurteilen, Antisemitismus und Auswirkungen von terroristischen Anschlägen auf die Gesellschaft geforscht.

Logische Inkohärenzen gibt es in Menschen immer wieder. Es ist nicht so, dass nur weiße, biodeutsche Männer das NS-Regime glorifizieren. Auch homosexuelle Menschen, Menschen mit Behinderungen oder mit ausländischen Wurzeln können faschistisch und rassistisch sein. Diese Menschen reflektieren gar nicht, dass sie selbst das Feindbild dieser Ideologie gewesen sind oder auch immer noch sind.

Sozialpsychologin Pia Lamberty

Im Interview erklärt diese bemerkenswert klare Wissenschaftlerin, wie Menschen es schaffen, die scheinbar größten logischen Inkohärenzen in sich zu vereinbaren und welche Rolle dabei der kollektive Narzissmus spielt. Es ist ein Gespräch voller Erkenntnisse für mich geworden - und ich hoffe, für Sie auch. Hier können Sie das Interview lesen.

Lassen Sie mich wissen, wie Sie darüber denken.

Es war ein Versprechen zu Beginn des Jahrtausends: Der Staat wollte die private Altersvorsorge gezielt fördern und so seinen Beitrag leisten, das geplante Absinken des Rentenniveaus auszugleichen. Doch die Riester-Rente bleibt hinter den Erwartungen von damals zurück. Die Produkte sind zu Ladenhütern geworden. Die große Koalition will in diesem Herbst eine Reform der Privatvorsorge anschieben. Mein Kollege, The Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner, berichtet, was geplant ist - lesenswert!

Zudem kümmern wir uns um die Sicherheitspolitik: Große Teile der deutschen Bevölkerung tun sich schwer mit der Idee des "Westens" und wünschen sich ein vergleichbares Verhältnis zu den USA und Russland. Ein Fehler, findet The Pioneer-Kolumnist Hans-Peter Bartels. Lesen Sie die neue Kolumne "The Situation Room" hier.

© ThePioneerFotografin Anne Hufnagl 

Am Donnerstag, 13. August, wollen wir einen Blick hinter die Kamera wagen - im wahrsten Sinne des Wortes. Wie sehen wir Politiker? Und wie wollen Politiker eigentlich gesehen werden? Darüber spricht mein Kollege und Vize-Chefredakteur von The Pioneer, Gordon Repinski, mit Top-Fotografin Anne Hufnagl. Es geht um den Blick durch die Linse, den richtigen Moment und wie Bilder unsere Sichtweisen prägen. Was ist das perfekte Politiker-Motiv, welche überraschenden Perspektiven hat sie bereits eingenommen und welche Eitelkeiten der Hauptstadt kennengelernt? Dazu gibt es eine exklusive Preview in ihr aktuelles Fotoprojekt, das an Bord der Pioneer One ausgestellt wird. Seien Sie dabei - es gibt noch Tickets.

Nach einer sensationellen Premiere geht das Tech Briefing-Format Female Founders Edition in die nächste Runde. In der neuen Event-Reihe begrüßen Tech Briefing-Host Daniel Fiene, Investorin Gesa Miczaika (Auxxo) und Lina Behrens (Flying Health) Gründerinnen und werfen gemeinsam einen Blick auf ihre Unternehmensstory. Am Mittwoch, 19. August, ist Valerie Bures zu Gast. Die Informatikerin hat Vaha gegründet, das Unternehmen hinter dem smarten Fitness-Spiegel. Bures war auch Mitgründerin von Mrs. Sporty, einer Fitnesskette die mit 550 Clubs in zehn Ländern aktiv ist und rund 90 Millionen Euro Umsatz im Jahr macht. An Bord der PioneerOne gibt sie Einblicke in ihre Arbeit. Seien Sie dabei - hier können Sie Tickets buchen.

© The Pioneer

In einer Welt, die nur von mir regiert würde, müssten 90 Prozent aller deutschen Politikerinnen und Politiker zur Zwangsstilberatung, bevor sie die Öffentlichkeit mit ihrem Erscheinungsbild malträtieren. Ja, es wäre eine Diktatur, aber eine stilvolle. Und ja, wenn es nach mir geht, würde ich Männern kurze Hosen nur im Urlaub und auf dem Sportplatz erlauben. Aber es geht nicht nach mir (zum Glück für alle). Und weil ich weiß, dass das eine sehr spießige Sicht auf kurze Männerhosen ist, die ich selbst nicht sehr sympathisch finde, würde ich diesen Satz auch niemals öffentlich aussprechen, ich teile ihn hier nur mit Ihnen.

Womit wir bei Kevin Kühnert werden. Gerade als ich dachte, die Berichterstattung über den SPD-Politiker könne nicht noch absurder werden, wurde sie es. "Kevin Kühnert in kurzer Hose am Info-Stand im Dortmunder Vorort", lautete die Schlagzeile. Das finde sogar ich, Kollegen nannten mich bereits "Stilterroristin", daneben. Ich bin mir wenigstens darüber bewusst, dass meine Kurze-Hosen-Aversion pedantisch und altmodisch ist und wir in einer freien Gesellschaft leben, in der jeder tragen kann, was er will.

In diesem Sinne: Sommerloch ist, wenn ausgerechnet ich Kurze-Hosen-Träger verteidigen muss.

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Ich wünsche Ihnen einen schönen und sonnigen Start in den Tag!

Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin ThePioneer
  1. , Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin ThePioneer

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