wie schön, dass Sie wieder dabei sind.
Heute möchte ich mit Ihnen über Online-Sucht sprechen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung beklagt zunehmende Handy-Nutzung von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Zeit - die Zahlen sind alarmierend.
Außerdem geht es um einen vermeintlich witzigen Twitter-Trend, um unseren Kolumnisten Hans-Peter Bartels, der sich mit der Volksrepublik China beschäftigt, und um die Whistleblowerin und Ex-Soldatin Chelsea Manning.
22 Stunden und 49 Minuten. Das ist fast ein ganzer Tag. So viel Zeit habe ich allein in der vergangenen Woche mit meinem Smartphone verbracht. Die meiste Zeit der durchschnittlich täglichen drei Stunden und 15 Minuten gingen für Soziale Netzwerke drauf. Möchten Sie wissen, an welcher Stelle das Telefonieren steht? An neunter. Davor in absteigender Reihenfolge: Instagram, Whatsapp, Nachrichten, Safari, Facetime, Teve2 (ein türkischer Fernsehsender), Fotos und Twitter.
Mich hat meine eigene Bildschirmzeit erschreckt. Natürlich ist vieles von dem, was ich mit meinem Handy tue, auch beruflich bedingt. Twitter zu checken, gehört für Politikjournalistinnen ebenso zum Job wie der tägliche Blick in den Tagesplan der dpa.
Und trotzdem ist jedes Öffnen der Instagram-App, jede Whatsapp-Nachricht und jedes Foto eine aktive Entscheidung, die - seien wir ehrlich - auch dann routiniert und automatisiert über die Finger geht, wenn es mit dem Beruf nichts zu tun hat.
Nun gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht für mich - und wahrscheinlich auch für Sie.
Die gute ist: Verglichen mit dem, worüber mein Kollege Rasmus Buchsteiner mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung gesprochen hat, erscheinen unsere Verhaltensweisen erst einmal nachrangig, weil ungefährlich - denn: Unser eigentlicher Fokus sollte den Jüngsten und Jüngeren gelten.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), beklagt zunehmende Handy-Nutzung von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Zeit - und startet eine Präventionskampagne gegen Online-Sucht. Durch die Coronakrise sei die Nutzung von sozialen Medien an Wochentagen um 66 Prozent angestiegen, berichtet Ludwig. Noch alarmierender ist der Trend beim Gamen.
„Das sind Entwicklungen, die quasi danach schreien, mehr über dieses Thema in Familien zu sprechen, bessere Informationen und Präventionsangebote zu entwickeln, mehr Orientierung für alle im digitalen Dschungel anzubieten“, sagt die CSU-Politikerin. Lesen Sie hier den Artikel.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt, was denn die Drogenbeauftragte mit Videospielen und Sozialen Netzwerken zu tun hat. Längst vergleichen Mediziner und Psychologen exzessive Computer- und vor allem Internetnutzung mit einer Abhängigkeitsstörung. Einen besonders breiten Raum nimmt dabei die Online-Spielsucht ein.
Doch auch die Nutzung von virtuellen sozialen Netzwerken wie Instagram und Co. haben ein vergleichbares Suchtpotenzial.
Und nun die schlechte Nachricht: Ich fürchte, wir kommen alle nicht drumherum, den Anfang bei uns zu machen. Wenn wir uns nicht dem Vorwurf der Heuchelei aussetzen wollen, sollten wir in der Lage sein, auch selbst Smartphone, Tablet und Co. für mehrere Stunden unberührt zu lassen - dann machen wir uns auch nicht lächerlich, wenn wir Kindern und Teenagern die Gefahren der Onlinesucht erläutern wollen und gleichzeitig bei jeder Vibration nervös nach dem Handy greifen.
Überprüfen Sie doch auch mal Ihre Bildschirmzeit - glauben Sie mir, das wirkt.
Nur noch ein kurzer Blick aufs Handy - danach lege ich es weg. © The Pioneer / Marco UrbanIn seiner sicherheitspolitischen Kolumne Situation Room schreibt Hans-Peter Bartels in dieser Woche über dieses Thema: Die Volksrepublik China ist zur Weltmacht aufgestiegen - und der Westen hat noch immer keinen Umgang damit gefunden. Ein "kalter Frieden" sollte das Ziel sein, schlägt Hans-Peter Bartels vor, ohne die europäischen Werte zu vergessen.
Ich möchte Ihnen auch unsere neue Reihe "Female Founders Edition" ans Herz legen. Mein Kollege und "Tech Briefing"-Host Daniel Fiene empfängt einmal im Monat Gründerinnen, um ihrer Unternehmensstory eine Bühne zu bieten. Auf ThePioneer können Sie im aktuellen "Tech Briefing" das Gespräch mit Kati Ernst und Kristine Zeller von Ooia nachlesen. Die Gründerinnen, auch bekannt aus der TV-Show "Höhle der Löwen", berichten, warum sie auf Investoren verzichten, den traditionellen Handel meiden, gute Mitarbeiter heute ihr Leben nicht mehr ausschließlich über den Job definieren und warum auch Angststörungen nicht vom Gründen abhalten müssen. Inspirierend.
Unsere Veranstaltungsreihe Floating Cinema geht in die nächste Runde: Am Freitag, 7. August, präsentiert Ihnen meine Kollegin Chelsea Spieker den Film "XY Chelsea". Der Dokumentarfilm erzählt die wahre Geschichte der Whistleblowerin, Ex-Soldatin und Transfrau Chelsea Manning, deren 35-jährige Haftstrafe in einem rein männlichen Hochsicherheitsgefängnis 2017 von Präsident Barack Obama herabgesetzt wurde. Nach der Ausstrahlung des Films an Bord der PioneerOne diskutiert Chelsea Spieker mit dem Manager des Whistleblower-Netzwerks, Thomas Kastning, mit der stellvertretenden Vorsitzende der LGBT-Anwaltgruppe Queer BW und ersten Transkommandantin in der Geschichte des deutschen Militärs, Anastasia Biefang, sowie dem Regisseur des Films, Tim Travers Hawkins. Sichern sie sich hier Tickets für die Veranstaltung und und diskutieren sie mit!
Sie haben morgen noch nichts vor? Dann könnten Sie noch Karten für die nächste Überstunde ergattern. Ab 17 Uhr sprechen Marina Weisband und Michael Bröcker mit SPD-Chefin Saskia Esken über das Thema Emanzipation. Als Feministin und Frauenrechtlerin ist Eskens Kurs konsequent, auch als Digitalpolitikerin hat sie sich in der Netzgemeinde einen Namen gemacht. Trotzdem ist sie so umstritten wie wenig andere Spitzenpolitiker. Wie geht sie eigentlich damit um? Und was macht die teils scharfe Kritik aus den eigenen Reihen mit ihr? Karten für die Veranstaltung an Bord der PioneerOne gibt es hier.
© The PioneerSeit Tagen - gefühlt seit Wochen - versucht sich die Medien-Politiker-Blase auf Twitter daran, den witzigsten "Ich habe einen Witz"-Witz von allen zu posten. Das Prinzip: Man behauptet man habe einen Witz (hat man nicht) und schreibt dann etwas vermeintlich Originelles über diesen Witz - und das ist dann der Witz. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Klingt nicht witzig, ist es auch nicht.
Man darf nur hoffen, dass dieser Trend ganz schnell wieder verfliegt und nicht bei aktuellen Anlässen wieder aus der Sommerloch-Mottenkiste herausgeholt wird. So wie etwa gestern, als der AfD-Abgeordnete Gunnar Lindemann einen Tweet absonderte, der erschreckend tief in sein Sprachvermögen blicken ließ. Und das ist eigentlich nicht witzig, sondern tragisch.
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Ich wünsche Ihnen einen schönen - meinetwegen auch witzigen - Start in den Tag!
Herzlichst, Ihre