wie schön, dass Sie wieder dabei sind.
Heute möchte ich mit Ihnen einen Blick in die Vorstandsetagen Deutschlands wagen. Rund 90 Prozent der Vorstandsmitglieder in den Börsenunternehmen sind Männer, das Durchschnittsalter liegt bei 53 Jahren - so weit so uniform. Jetzt kommt eine Frau daher und sorgt mit einer außerparlamentarischen Initiative dafür, dass manch verkrustete Strukturen neu eingeölt werden.
Außerdem geht es heute um Hans-Peter Bartels, der vor dem Thema Atomwaffen im Bundestagswahlkampf warnt - und um eine Paprikasauce, die die Gemüter erhitzt.
Haben Sie eigentlich schon von der Initiative #Stayonboard gehört? Initiiert wurde sie von Verena Pausder. Die 41-jährige Unternehmerin, Gründerin und Expertin für digitale Bildung will das Aktiengesetz so verändern, dass Vorstandsmitglieder nicht mehr wie bisher ihr Amt niederlegen müssen, wenn sie wegen der Geburt eines Kindes, wegen längerer Krankheit oder wegen eines Pflegefalls in der Familie vorübergehend ihr Amt nicht wahrnehmen können. Sie sollen ihr Mandat für einen zeitlich begrenzten Zeitraum von bis zu sechs Monaten ruhen lassen können.
In der Diskussion um diese Initiative wird oft so getan, als gehe es lediglich darum, die Spitzenwirtschaft interessanter für Mütter und insbesondere für Frauen zu gestalten.
Doch es geht bei dieser Initiative um mehr als um Frauen - zumal, rein theoretisch, auch Männer durchaus in der Lage und willens sein könnten, Elternzeit für sich zu beanspruchen.
Es geht um eine neue Vereinbarung darüber, wie wir Leadership definieren. Bedeutet Vorstandsmitglied zu sein, nur das zu sein? Wollen wir in einer Gesellschaft leben, in der wir nur solche Menschen an Konzernspitzen lassen, die allen privaten Umständen entsagen? Eine Gesellschaft, die Wirtschaftsbosse danach aussiebt, ob sie in der Lage und willens sind, Privates radikal außen vor zu lassen.
Oder wollen wir, dass es Menschen sind, die Konzerne und ja auch Mitarbeiter führen? Menschen mit Kindern, die sie möchten, mit Krankheiten, die sie bekommen und mit Angehörigen, um die sie sich kümmern müssen. Wie viel von diesen menschlichen Unwägbarkeiten wollen wir unserem Spitzenpersonal gestatten?
Dass die Initiative so schnell und gut angenommen wurde, zeigt mir, dass es Zeit war für dieses Thema, dass dieses Thema jetzt einfach mal dran war.
Ich habe mit Verena Pausder - eine unbeschreiblich inspirierende Frau - über den Erfolg ihrer Initiative gesprochen. Sie sagt: „Dass die Initiative so schnell und gut angenommen wurde, zeigt mir, dass es Zeit war für dieses Thema, dass dieses Thema jetzt einfach mal dran war.“
Dabei wurde ihr gerade von diesem Timing abgeraten. „Corona hatte gerade begonnen, und ich könne doch jetzt nicht mit so einem Elitenthema raus - haben wir denn keine anderen Probleme?“, erzählt Pausder. Sie aber war davon überzeugt, dass es eben kein Elitenthema sei. Eine solche Veränderung strahle von oben auf die gesamte Gesellschaft herunter. „Und gerade jetzt steht doch alles auf dem Prüfstand. Jetzt ist die Zeit, tätig zu werden, damit nach der Krise nicht alles bleibt wie davor.“
Lesen Sie hier den Artikel über die Initiative, für den ich auch mit der Geschäftsführerin der Allbright Stiftung, Wiebke Ankersen, gesprochen und einen Blick in den ersten Entwurf einer Antrags geworfen habe, den die FDP-Fraktion unmittelbar nach der Sommerpause in den Bundestag einreichen will.
In seiner neuen Kolumne "Situation Room" befasst sich The Pioneer-Expert Hans-Peter Bartels mit der Rolle der nuklearen Teilhabe in Deutschland. Bartels befürchtet, das Thema könne in den kommenden Bundestagswahlkampf drängen - und warnt vor einem zu schnellen Ausstieg aus dem Bündnis aus parteipolitischen Gründen. Den ganzen Text lesen Sie hier.
Die Leipziger Honorarprofessorin Cordula Meckenstock befasst sich seit Jahren mit dem Thema Unternehmensethik. In einem Gastbeitrag für The Pioneer fordert Meckenstock ein Anreizsystem für die deutsche Wirtschaft, das anständiges Unternehmertum belohnt. Spätestens seit den Skandalen um Tönnies und Wirecard sei dies noch wichtiger geworden, schreibt sie hier.
Politisches Sightseeing mit Gabor Steingart © The Pioneer / Marco UrbanReichstagsgebäude, Kanzleramt, Bundespräsidialamt: Morgen gibt es wieder ein Politisches Sightseeing an Bord der Pioneer One. Los geht es um 16.30 Uhr am Schiffbauerdamm. Abfahrt ist pünktlich um 17 Uhr. Ihr Gastgeber auf dieser Tour ist der Gründer und Herausgeber von The Pioneer, Gabor Steingart. Sichern Sie sich hier Tickets.
Im Tech Briefing-Format Female Founders Edition begrüßen mein Kollege Daniel Fiene, Investorin Gesa Miczaika (Auxxo) und Lina Behrens (Flying Health) am Mittwoch, 19. August, Valerie Bures. Die Informatikerin hat Vaha gegründet, das Unternehmen hinter dem smarten Fitness-Spiegel. An Bord der PioneerOne gibt sie Einblicke in ihre Arbeit. Seien Sie dabei - hier können Sie Tickets buchen und live dabei sein.
Paprikasauce Geschmacksrichtung Sommerloch © The PioneerEs ist wieder soweit: Eine neue Folge "Deutschland, empöre dich".
Der Mutterkonzern der Marke Knorr, Unilever, nennt die bisher als „Zigeunersauce“ bekannte Ketschup-Variante in „Paprikasauce Ungarischer Art“ um. Warum? Weil der Begriff „Zigeunersauce“ negativ interpretiert werden könne.
"Zigeuner" ist eine Fremdbezeichnung und wird von Angehörigen der Roma-Minderheiten abgelehnt. Der Zentralrat der Sinti und Roma nennt den Begriff „eine von Klischees überlagerte Fremdbezeichnung der Mehrheitsgesellschaft, die von den meisten Angehörigen der Minderheit als diskriminierend abgelehnt wird“.
Das könnte man also hinnehmen und sich denken: Achso, da fühlt sich eine Gruppe von Menschen durch den Namen, den ich ihnen gebe, diskriminiert. Eine Gruppe übrigens, gegen die die Nazis im Dezember 1938 einen Erlass zur "Bekämpfung der Zigeunerplage" erließen. Es folgte ihre Erfassung und Internierung - Grundlagen für die systematische Vernichtung von hunderttausenden sogenannten "Zigeunern". Es wird geschätzt, dass in Europa zwischen 220.000 und 500.000 Sinti und Roma dem Nazi-Terror zum Opfer fielen.
Das alles kann man sich vor Augen führen und kurz überlegen, wer hier wessen Erfahrungen mit mehr Demut begegnen müsste. Oder man bricht eine Debatte über politische Korrektheit vom Zaun.
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Ich wünsche Ihnen einen schönen - und entspannten - Start in den Tag!
Herzlichst, Ihre