herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.
Unsere Themen heute:
Die Grünen wurden gefeiert, dann folgte der erste Abschwung. Wie sich die Partei vor dem Parteitag aufstellt, verraten wir hier.
Die Frauen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion legen ihre Ideen für das Regierungsprogramm vor. Ein Aussteiger-Programm für Clan-Mitglieder gehört dazu.
Die CSU hat einen internen Leitfaden für ihre Bundestagskandidatinnen und -kandidaten verschickt. Er liegt uns vor.
Die Grünen suchen den nächsten Aufschwung
Vor der Bundesdelegiertenkonferenz in der kommenden Woche brechen entscheidende Tage für die Grünen an. Der erste Hype ist vorbei. Nun gilt es, die Flut der Änderungsanträge für den Parteitag abzuarbeiten, die Basis mitzunehmen. Und es geht darum, die Stimmung wieder zum Guten zu drehen.
Die Grünen hatten sich auf Gegenwind im Wahlkampf eingestellt. Doch dessen Stärke ruft in der Partei Erstaunen und auch Erschrecken hervor.
Er ist schärfer als in vergangenen Wahlkämpfen
sagte uns Bundesgeschäftsführer Michael Kellner im aktuellen Hauptstadt-Podcast. Und weiter:
"Aber mein Gott, wir wollen die Union herausfordern."
Was ihn allerdings entsetze sei, "wie vieles an Lügen, an Falschbehauptungen, an wirklichen Diffamierungen unterwegs ist."
Die Attacken erzeugen bei den Grünen eine Wagenburg-Mentalität. „Die Angriffe von außen schweißen uns zusammen. Die Kampfbereitschaft wächst“, sagte uns die stellvertretende Parteichefin Jamila Schäfer.
Die Situation der Grünen ist auch Thema bei uns im Podcast - heute Mittag ab 12 Uhr:
© ThePioneerEin Stapel von Änderungsanträgen
Allerdings muss sich die Parteiführung derzeit nicht nur ihren externen Kritikern stellen. Auch innerhalb der Grünen gibt es reichlich Kontroversen.
Ende kommender Woche wollen die Grünen ihr Wahlprogramm beschließen. Der Bundesvorstand hatte im März einen Entwurf vorgelegt - in dem die Basis großen Nachbesserungsbedarf sieht. Sie reichte mehr als 3500 Änderungsanträge ein. So viele wie nie zuvor.
Hinter den Kulissen versucht die Antragskommission derzeit mithilfe der Parteichefs, die vielen Anträge abzuschichten. Wo es um sprachliche Spitzfindigkeiten geht, fällt die Abmoderation leicht. Oft aber geht es um Grundsätzliches, das die Basis vor möglichen Koalitionsverhandlungen geklärt wissen will.
Bei diesen drei Punkten könnte es auf dem Parteitag zum Showdown kommen:
CO2-Preis: Der Grünen-Bundesvorstand fordert die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro je Tonne ab 2023. Zu wenig, findet der Fridays-for-Future-Aktivist und Bundestagskandidat Jakob Blasel und schlägt mit mehr als 100 Unterstützern das Doppelte vor: 120 Euro ab 2023, und ab dann jährlich mindestens 20 Euro pro Tonne mehr. „Ich möchte, dass es einen klaren Pfad für den Anstieg der Bepreisung in der kommenden Legislaturperiode gibt“, sagte uns Blasel.
Bundesgeschäftsführer Kellner gab dem Vorschlag im Gespräch mit uns keine Chance:
Wir halten an den 60 Euro fest.
Sozialleistungen: Die Grünen wollen Hartz IV durch eine Garantiesicherung ersetzen - eine konkrete Beitragshöhe nennt das Wahlprogramm bisher nicht.
Zahlreiche Berliner Grüne fordern die Anhebung des Regelsatzes auf rund 600 Euro und orientieren sich dabei an einem Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion.
Bewaffnete Drohnen: Die nächste Bundesregierung wird über die Anschaffung bewaffneter Drohnen entscheiden müssen.
Die Grünen-Chefs würden das heikle Thema im Wahlkampf gern aussparen - in ihrem Wahlprogrammentwurf findet sich dazu kein Wort. Doch die Abrüstungspolitikerin Katja Keul hat einen breit getragenen Antrag eingereicht, in dem sie ein Nein zu bewaffneten Drohnen einfordert.
Die Liste grüner Streitpunkte ist noch länger. Marina Kormbaki, politische Reporterin bei ThePioneer, hat im Stapel der Änderungsanträge für den Parteitag nach Konfliktstoff gesucht - und viel gefunden. Lesen Sie hier ihre Analyse.
1. Deutschland oder Simbabwe? FDP will in Sachsen-Anhalt unbedingt regieren
Die Freien Demokraten wollen nach der Wahl am Sonntag in Sachsen-Anhalt nicht nur in den Landtag einziehen, sondern unbedingt auch in die Regierung. „Wir wollen regieren“, sagte uns FDP-Spitzenkandidatin Lydia Hüskens.
„Wir kämpfen bis zur letzten Minute dieses Wahlkampfs für ein möglichst starkes Ergebnis. Das bedeutet, dass wir alles daran setzen, Mehrheiten für Dreier-Bündnisse zu ermöglichen.“
Die Bilanz der regierenden Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen sei verheerend. „Sie hat für Stillstand in Sachsen-Anhalt gesorgt. Dagegen brauchen wir jetzt ein Aufbruchssignal“, sagte Hüskens, die sich scharf von der AfD abgrenzt und jede Zusammenarbeit ausschließt.
Denkbar wäre in Sachsen-Anhalt, dass lediglich eine so genannte Simbabwe-Koalition mit CDU, SPD, Grünen und FDP möglich ist, wenn AfD und Linkspartei nicht mit der Regierungsbildung zu tun haben sollen. Hüskens strebt jedoch eine „Deutschland-Koalition“ an - mit CDU und SPD, aber ohne die Grünen.
Das Interview von ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner mit der FDP-Kandidatin, die vor knapp 30 Jahren vom Niederrhein nach Magdeburg umgezogen war, lesen Sie hier:
2. Kritik an teuren Dienstwagen in Scheuers Zuständigkeitsbereich
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sowie die Chefs bei der Bundes-Autobahngesellschaft und bei Toll Collect stoßen wegen teurer Dienstwagen auf Kritik der Grünen.
In einem Bericht des Verkehrsministeriums, der uns vorliegt, heißt es:
Scheuer sind zwei BMW 745 Le x-Drive persönlich zugeordnet, die auf Kurzstrecken elektrisch fahren. Anschaffungspreis pro Fahrzeug mindestens 112.000 Euro. Exklusiv für den Minister gibt es zwei Fahrer.
Für die Leitungen der 69 Behörden im Geschäftsbereich des Verkehrsministerium gibt es dagegen keine personengebundenen Dienstwagen und Fahrer.
Für die drei Geschäftsführungsmitglieder bei der Autobahn GmbH des Bundes stehen ein BMW X3e (76.851,50 Euro), ein Mercedes E300e (78.486,45 Euro) und ein Audi e-tron (98.435,03 Euro) bereit.
Der Geschäftsführer von Toll Collect wird in einem Mercedes GLC 300e 4MATIC HYBRID (75.081,00 Euro) gefahren.
Grünen-Chefhaushälter Sven-Christian Kindler sagte uns: „Im Sinn eines sparsamen Umgangs mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger wäre es besser, wenn hier kein Überbietungswettbewerb mit teuren Dienstwagen fortgesetzt wird.“
3. CDU-Frauen wollen Aussteigerprogramm für weibliche Clan-Mitglieder
Die Gruppe der Frauen in der Unionsbundestagsfraktion hat ein Positionspapier für das Regierungsprogramm vorgelegt, in dem Dutzende Maßnahmen enthalten sind, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zum Ziel haben.
Das Papier der 53 Abgeordneten liegt uns vor.
Eine Auswahl der Ziele:
Steigerung des Frauenanteils im Deutschen Bundesdtag
mehr Frauen an der Spitze der Sicherheitsbehörden und ein spezielles Aussteiger-Programm für Frauen in Clans
mehr Förderung von frauenspezifischer Gesundheitsforschung und frauenspezifischen Therapien
leichterer Zugang zu Verhütungsmitteln für Hartz-IV-Bezieher
Einführung einer Expertinnen-Datenbank für den Kultur- und Medienbereich, um den Gender-Show-Gap zu verringern, also die unzureichende Repräsentation von Frauen in öffentlichen Talkshows und auf den kulturellen Bühnen
Ersatz der gesetzlichen Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit
Einführung eines Straftatbestands der verbalen sexuellen Belästigung (Schutz vor Catcalling)
mehr Frauen in die Bundeswehr und der Verzicht auf weibliche Dienstgrade in der Bundeswehr
Zusammenfassend heißt es bei der Gruppe der Frauen, die von der Abgeordneten Yvonne Magwas angeführt wird:
"Die selbstverständliche Teilhabe von Frauen ist konstitutiv für unsere repräsentative Demokratie. Frauen müssen sichtbar sein und Gestaltungsmacht haben. Gleichstellung muss deshalb selbstverständlicher Bestandteil der Politik der Union in allen Bereichen sein."
4. CSU sammelt 3500 Online-Mitglieder im April
Die CSU hat einen internen Leitfaden für ihre Bundestagskandidatinnen und -kandidaten verschickt, der vier unterschiedliche Wahlkampf-Pakete anbietet.
Im Klassik-Paket gibt's nur Zielgruppenbriefe, Werbeartikel und Info-Flyer, im Hybrid-Paket wird zusätzlich ein virtueller Rednerdienst und Streaming-Veranstaltungen angeboten.
Im Digital-Paket wird eine individuelle Landing-Page für KandidatInnen angeboten, die per QR-Code freigeschaltet wird. Im Mobilisierungs-Paket gibt es eine Telefonaktion zur Briefwahl, ein Postkarten-Mailing und Online-Schulungen dazu.
© ThePioneerIn der internen Präsentation verweist die CSU auch auf 3500 neue Online-Mitglieder im April. Außerdem habe die Partei 277 neue Vollmitglieder im April gewonnen, 323 neue Probe-Mitglieder.
In einem Werbeflyer heißt es süffisant:
"Markus Söder gut finden? Bei uns möglich."
Wer das als verspäteten Hinweis in Richtung CDU und den Kanzlerkandidaten Armin Laschet verstehen will, dürfte nicht falsch liegen.
Dashboard Wirtschaft © ThePioneerIm Dashboard Wirtschaft gibt die Bundesregierung eine Übersicht darüber, welche Maßnahmen in Bezug auf die Corona-Pandemie auf der Wirtschaftsseite getroffen wurden und wie diese angenommen werden.
Die aktuelle Aufstellung gibt eine Übersicht über die Kurzarbeit. Im Mai wurden bisher Anträge auf Kurzarbeit für 96.000 Personen gestellt - im April waren es noch 154.000 Personen. Es geht aufwärts.
Vollzug im Südwesten: Der Sicherheitspolitiker Thomas Hitschler soll rheinland-pfälzischer SPD-Spitzenkandidat für die kommende Bundestagswahl werden. Hitschler, seit 2019 Sprecher der Landesgruppe Rheinland-Pfalz in der SPD-Bundestagsfraktion, soll nach Vorschlag des Landesvorstands die Liste anführen, am Samstag entscheidet der Parteitag abschließend.
Überraschung im Terminkalender der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten.
Bei der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz nächste Woche Donnerstag geht es laut vorläufiger Tagesordnung zwar auch um Corona, aber erst an vierter Stelle. Das Thema rückt allmählich in den Hintergrund.
Es geht laut vorläufiger Tagesordnung um die Zukunft Europas, Rundfunkthemen, Entwicklungszusammenarbeit, das Zielbild Registermodernisierung, die neuen und alten Mitglieder des Wissenschaftsrats und kurz vor dem Punkt "Verschiedenes" kommt die Corona-Pandemie.
© ThePioneerAuf - Sandra Maischberger. Die Kritik an einer Grünen-freundlichen und harmlosen Hauptstadt-Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt regelmäßig aus dem liberal-bürgerlichen Lager, und sie ist wohl auch nicht ganz unberechtigt. Doch Sandra Maischberger eignet sich as Zielscheibe wahrlich nicht, die ARD-Talk-Moderatorin hat mit ihren Interviews mit Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und nun CDU-Chef Armin Laschet gezeigt, wie politische Interviews im Öffentlich-Rechtlichen aussehen können. Hartnäckig, nachbohrend, gut vorbereitet, aber immer fair. Chapeau! Unsere Aufsteigerin!
Ab - Oskar Lafontaine war einst der Gründer der Linkspartei - doch nun wollen ihn seine politischen Nachfahren loswerden. Der Landesvorstand im Saarland hat von Lafontaine den Rücktritt von allen politischen Funktionen inklusive eines Austritts aus der Fraktion gefordert. Der Grund: Der Stil des ehemaligen SPD-Chefs wird zunehmend als von oben herab diktierend empfunden. Der Landesverband versinkt im Streit - und Lafontaine liegt zum zweiten Mal über Kreuz mit einer Partei, deren größter Hoffnungsträger er mal war. Bitter.
Eispanzer an den Polen, der Amazonas-Regenwald und die Ozeanströme – wie die Kippelemente den Klimawandel in noch gefährlichere Fahrwasser bringen können, verdeutlicht eine neue Studie, über die in der Faz Joachim Müller-Jung schreibt. Die interessante und erschreckende Analyse lesen Sie hier.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Marcus Weinberg, CDU-Bundestagsabgeordneter, 54
Steffi Dobmeier, stellvertretende Chefredakteurin Schwäbische Zeitung, 42
Bettina Weiguny, Schriftstellerin, Autorin, FAZ, 51
Am Samstag gratulieren wir:
Nadine Schön, CDU-Bundestagsabgeordnete, 38
Thomas Sattelberger, FDP-Bundestagsabgeordneter, 72
Rudolf Henke, CDU-Bundestagsabgeordneter, 67
Judith Conrady, Newsmanagerin, Rheinische Post, 39
Und am Sonntag beglückwünschen wir:
Bijan Djir-Sarai, FDP-Bundestagsabgeordneter, 45
Ulrich Lange, CSU-Bundestagsabgeordneter, 52
© ThePioneerWahlkämpfe müssten "hart aber fair" ablaufen, fordert SPD-Digitalminister Alexander Schweitzer aus Rheinland-Pfalz. Allerdings sieht er bei der digitalen Demokratie Nachholbedarf. "Wo die großen Plattformen noch versagen, müssen sich die demokratischen Parteien selbst verpflichten", mahnt er uns gegenüber.
Deshalb, so Schweitzer, unterstütze er den Vorschlag der Digitalinitiative D64 für das Fairnessabkommen.
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