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Unsere Themen heute:
CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner gewinnt die Wahlen - doch es könnte eine Links-Koalition gegen ihn geben. Wie will er das verhindern?
In einem 26-seitigen Brief an den CDU-Generalsekretär Mario Czaja weist Ex-Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen nahezu alle Vorwürfe an ihn zurück, um seinen Parteiausschluss zu verhindern.
Robert Habeck lässt für viele Milliarden Euro und in Rekordzeit neue Terminals für die Anlandung von verflüssigtem Gas (LNG) in Nord- und Ostsee rammen, doch Kritiker warnen vor Investitionsruinen.
Die Bundesregierung reagiert auf eine aktuelle Anfrage des Unions-Fraktionsvize Jens Spahn, wie viel Geld des 200 Milliarden Euro "Doppel-Wumms" Pakets tatsächlich benötigt wird.
Die SPD will mit einer Pflegereform zusätzliches Geld ins System bringen und richtet nun ihre Forderungen an den Finanzminister.
Wegners Erfolg, Giffeys Chance
Berlin hat entschieden - zum zweiten Mal innerhalb von eineinhalb Jahren.
Doch das Ergebnis hätte nicht unterschiedlicher sein können: 2021 gewann Franziska Giffey von der SPD, am gestrigen Sonntag wurde sie mit dem rot-rot-grünen Senat abgestraft.
Die amtierende Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) auf der Wahlparty in Kreuzberg © dpaDer klare Gewinner heißt Kai Wegner von der CDU mit 28,2 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Berlin hat sich für einen Wechsel entschieden.
Eine Infografik mit dem Titel: CDU: Die einsame Eins
Vorläufiges Ergebnis der Berlin-Wahl 2023, in Prozent
Doch die Mehrheitsverhältnisse sind kompliziert. Ein natürlicher Koalitionspartner fehlt Wegner. Dagegen können die drei bisherigen Regierungsparteien SPD (18,4 Prozent), Grüne (18,4) und Linke (12,2) eine Mehrheit im Parlament hinter sich versammeln.
Der Wahlsieger Kai Wegner (CDU) auf der Wahlparty © dpaBei der SPD war indes schon vor dem Wahlabend klar: Grünen-Koalitionspartnerin Bettina Jarasch würde man nicht ins Rote Rathaus verhelfen. Der Frust saß tief über den Wahlkampf der Grünen Spitzenkandidatin, die sich in der Verkehrspolitik frontal gegen die Pläne des Senats stellte und einen offenen Kampf mit Giffey um die Friedrichstraße austrug.
Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch bei der Wahlparty in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin © dpaEher würde man Kai Wegner ins Rote Rathaus verhelfen, war am Sonntagabend aus der SPD zu vernehmen. Bei den Genossinnen und Genossen war man am Sonntag bemüht, das Ergebnis auf seine regionale Bedeutung zu reduzieren. Es sei eine reine Abgeordnetenhauswahl, hieß es.
In der CDU wird Schwarz-Rot am späten Sonntagabend als realistische Alternative gesehen, sollten die Grünen einen Hauch vor der SPD liegen und das Rathaus anstreben.
Man werde es der SPD "so schwer wie möglich machen, als Juniorpartner in die grüne Linkskoalition zu gehen", heißt es bei der CDU in Berlin. Giffey könne als Innensenatorin eine gute Rolle spielen, die SPD zahlreiche Senatorenposten bekommen und sich so von den Grünen wieder emanzipieren, hofft die CDU.
Eine Infografik mit dem Titel: CDU: Die Wählerwanderung
Vorläufige Prognose der Wählerwanderung zur CDU vom 12. Februar um 18.14 Uhr
Der Berliner CDU-Generalsekretär Stefan Evers war schon am Sonntagabend in Kontakt mit dem Berliner SPD-Ko-Vorsitzenden Raed Saleh. Die CDU will zunächst auch mit der SPD sondieren, heißt es.
Zu den Folgen der Berlin-Wahl für die Bundespolitik gehört auch, dass der Druck auf die FDP nach nunmehr drei Landtagswahlen, bei denen sie aus dem Landtag geflogen ist (Niedersachsen, Berlin) oder gar nicht erst einziehen konnte (Saarland), größer wird. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kündigte am Sonntagabend an, dass die FDP in der Ampel jetzt noch sichtbarer werden müsse.
Die Wahlforscher nennen als Hauptgrund für die Denkzettel-Wahl für den Berliner Senat die Defizite bei der inneren Sicherheit.
Eine Infografik mit dem Titel: Top Thema: Sicherheit und Ordnung
Umfrage zu den wichtigsten Themen in Berlin vom 12. Februar 2023, in Prozent
30 Leopard I-Panzer aus Flensburg für Ukraine
Die Flensburger Firma Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG) soll nach Informationen aus Regierungskreisen bis Ende März rund 30 Leopard 1-Panzer an die Ukraine liefern.
Die Panzer sind Teil der bis zu 178 Leopard-Panzer aus Industriebeständen, die die Bundesregierung an die Ukraine liefern will. Vergangene Woche hatte die Bundesregierung eine Exportgenehmigung für die älteren "Leopard 1"-Panzer von privaten Betrieben öffentlich gemacht.
Angeblich lagern bei der FFG etwa 99 Panzer, die aus ehemaligen Beständen des dänischen Militärs stammen, davon könnten 30 nun schon bis Ende März einsatzbereit sein und verladen werden, hieß es.
Maaßen hält Ausschlussverfahren für "aussichtslos"
Der vor einem CDU-Parteiausschlussverfahren stehende Ex-Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen weist in einem 26-seitigen Brief an CDU-Generalsekretär Mario Czaja die Vorwürfe gegen ihn zurück.
Maaßen bezeichnet die Vorwürfe als haltlos. Die Übernahme des Vorsitzes der Werte Union stelle kein parteischädigendes Verhalten dar, im Gegenteil versuche die Organisation, die "Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft der CDU in weiten Kreisen des Bürgertums" wieder herzustellen.
Dass er die Sprache der Antisemiten und Verschwörungstheoretiker benutze, sei "abwegig".
Es ist – mit Verlaub – eine perfide Methode, Menschen in einer juristisch kaum belangbaren Art und Weise zu diffamieren, indem man ihnen nicht unterstellt, etwa selbst Antisemit oder ,Verschwörungsideologe' zu sein oder sich in der Hinsicht zu äußern, sondern schlicht unterstellt, sich deren Geheimsprache zu bedienen.
Maaßen beklagt außerdem, dass er keine Chance gehabt habe, sich gegenüber der Partei vor dem Präsidiumsbeschluss zu äußern. Die Partei habe eine "besondere Rücksichts- und Schonungspflicht" gegenüber einem "einfachen" Mitglied.
Maaßen schlägt vor, das CDU-Präsidium möge keinen Parteiausschluss betreiben, sondern sich für eine Verwarnung aussprechen. Diese wäre er "grundsätzlich zu akzeptieren bereit".
Maaßen hatte in der Vergangenheit etwa von "grün-roter Rassenlehre" gesprochen. Am Montag will sich der CDU-Vorstand erneut mit der Causa Maaßen befassen.
Hier können Sie den Brief lesen:
Robert Habeck und seine LNG-Terminals
Der grüne Wirtschaftsminister lässt für viele Milliarden Euro und in Rekordzeit neue Terminals für die Anlandung von verflüssigtem Gas (LNG) in Nord- und Ostsee rammen.
Kritiker sprechen von Verschwendung und Luxus. Sie fürchten, dass dort Investitions-Ruinen entstehen, die auch noch den Ausbau der Erneuerbaren Energien behindern.
Das LNG-Schiff Höegh Esperanza legt in Wilhelmshaven an. © dpaAndere sagen, es wäre fahrlässig, zu glauben, ohne Sicherheitspuffer die Gasversorgung in Deutschland und Europa sicherstellen zu können.
Die Lage ist komplex. Unser Kollege Thorsten Denkler hat sie hier analysiert.
Spahn: Doppel-Wumms verpufft
Gut fünf Monate nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seinen 200 Milliarden Euro schweren "Doppel-Wumms" verkündet hat, ist nicht klar, wie viel von dem Geld tatsächlich benötigt wird. Das geht aus der Antwort auf eine Frage von Unions-Fraktionsvize Jens Spahn an die Bundesregierung hervor, die unserem Kollegen Thorsten Denkler vorliegt.
Spahn wollte wissen, mit welchen Ausgaben der Bund aktuell für die Strom- und Gaspreisbremse, den Härtefallfonds beziehungsweise die Beteiligungserwerbe "angesichts der aktuellen Preisentwicklung am Energiemarkt für das Jahr 2023" rechnet.
© Anne HufnaglIn der Antwort räumt die Bundesregierung ein, dass "zum aktuellen Zeitpunkt" keine "aussagekräftige Einschätzung zur Auswirkung der derzeitigen Preisentwicklung auf die Ausgaben im Rahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds möglich" sei. Die Großhandels- und Verbraucherpreise für Gas etwa sind aktuell ähnlich hoch wie kurz vor Kriegsbeginn.
Im Wirtschaftsstabilisierungsfonds sind für das Jahr 2023 Mittel in Höhe von 43 Milliarden Euro für die Strompreisbremse vorgesehen sowie 40,3 Milliarden Euro für die Gas- und Wärmepreisbremse. Weitere 15 Milliarden Euro sieht der WSF für die Unterstützung des jetzt staatlichen Energiekonzerns Uniper vor.
Jens Spahn sagt uns dazu: "Der groß angekündigte Doppel-Wumms verpufft. Gerade mal die Hälfte der 200 Milliarden sind verplant und davon kommt bislang so gut wie nichts an. Dabei treffen Rekordinflation und hohe Energiepreise viele Bürger und Unternehmen hart."
SPD pocht auf rasche Pflegereform
© ImagoDie SPD will rasch eine Pflegereform auf den Weg bringen und verlangt von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zusätzliche Milliarden-Mittel für die Pflegeversicherung.
„Pflegebedürftige und ihre Angehörigen kommen an ihre Grenzen“, sagte Dagmar Schmidt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner. „Die Eigenbeteiligungen sind schon heute sehr hoch, das Pflegegeld muss dringend dynamisiert werden.“
Der Bund zahlt der Pflegeversicherung seit 2022 jährlich einen Zuschuss in Höhe von einer Milliarde Euro - im vergangenen Jahr half er darüber hinaus mit einem Darlehen.
SPD-Politikerin Schmidt weiter:
Dagmar Schmidt © ImagoWir müssen die Pflegeversicherung rasch stabilisieren und auf eine solide Grundlage stellen. Es ist Zeit für einen auskömmlichen Steuerzuschuss. Der Finanzminister darf hier nicht weiter auf der Bremse stehen.
Dem Vernehmen nach hatte Finanzminister Lindner zuletzt Forderungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach mehr Geld für die Pflege zurückgewiesen. Der Gesundheitsminister hat bisher - zumindest öffentlich - keinen detaillierten Reformvorschlag für diesen Zweig der Sozialversicherung präsentiert.
Normenkontrollrat kritisiert Ampel-Gesetz zu Online-Verwaltung
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat in einem Positionspapier seine Vorschläge für ein funktionsfähiges Onlinezugangsgesetz (OZG) formuliert und den Entwurf der Ampel für die Digitalisierung der Verwaltung scharf kritisiert.
In dem Papier, das uns vorliegt, heißt es eingangs:
In den fünf Jahren seiner Umsetzung ist es jedoch nicht ansatzweise gelungen, das im Onlinezugangsgesetz genannte Ziel einer deutschlandweit flächendeckenden Digitalisierung aller wesentlichen Verwaltungsleistungen zu erreichen.
Das sind die Kernanforderungen des NKR an das Änderungsgesetz:
„Zielbild einer digitalen Verwaltung präzisieren und Verbindlichkeitsgrad der Umsetzung erhöhen – Fristen beibehalten und Rechtsanspruch einführen“: Es brauche einen klaren gesetzlichen Auftrag, was durch Bund, Länder und Kommunen bis wann zu realisieren sei. Außerdem solle die Einführung eines Rechtsanspruchs mit Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Fristen geprüft werden.
„Zusammenspiel eines föderalen IT-Verbundes orchestrieren und föderale Arbeitsteilung neu aufsetzen – Standardisierung ist das A und O“: Die Koordinierungsstelle für IT-Standards soll in die Förderale IT-Struktur integriert werden und zu einer Digitalisierungsagentur für Bund und Länder mit einigen hundert Mitarbeitern ausgebaut werden.
„Umsetzungsaufwand durch App-Store und Entwicklungsplattform senken“: Der NKR schlägt eine einzige App für die öffentliche Verwaltung mit einem einfachen Überblick geeigneter Lösungen vor. Diese App könne durch den App-Store-Betreiber auf Vorgaben des Vergaberechts, des Datenschutzes, der IT-Sicherheit sowie des digitalen Servicestandards überprüft werden.
Mende zur PL, Vontz unentschlossen
Der gerade in den Bundestag nachgerückte SPD-Politiker Dirk-Ulrich Mende (kam für Andreas Philippi, der niedersächsischer Gesundheitsminister wurde) schließt sich der Parlamentarischen Linken in der Fraktion an. Dies vernahmen wir in der Plenarwoche.
Noch nicht entschieden hat sich dagegen Emily Vontz aus dem Saarland, die Anfang des Jahres Heiko Maas ersetzte. Wir freuen uns über sachdienliche Hinweise, Frau Vontz!
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird in der nächsten Sitzungswoche des Bundestages - am 2. März - eine Regierungserklärung zum Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine abgeben.
„Ein Jahr Zeitenwende – Deutschlands Sicherheit und Bündnisse stärken, die Ukraine weiter unterstützen“ - so die Überschrift in der vorläufigen Tagesordnung des Parlaments.
Am Mittwoch, den 1. März, werden bei der Regierungsbefragung im Plenum Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.
Auf - Robin Mesarosch. Es kommt nicht oft vor, dass der grüne Energieminister Robert Habeck einen SPD-Bundestagsabgeordneten lobt. Der Baden-Württemberger hatte im Bundestag eine ziemlich starke Rede unter anderem über den Einsatz von intelligenten Stromzählern und dessen Vorteile gehalten und damit nicht nur die eigenen Fraktionskollegen mitgenommen. Aufsteiger!
Ab - Geert Mackenroth. Pham Phi Son lebt seit 35 Jahren in Deutschland, jetzt droht ihm die plötzliche Abschiebung nach Vietnam - weil er wegen einer alten Verletzung nicht rechtzeitig wieder nach Deutschland einreiste. Die Sächsische Härtefallkommission lehnte mehrheitlich ab, von einem Härtefall zu sprechen und ein Ersuchen an den Innenminister zu stellen - Sachsens Ausländerbeauftragter ist unser Absteiger.
Die Berlin-Wahl und die Folgen, darüber diskutierten gestern Abend in der ARD unter anderem SPD-Chefin Saskia Esken, Grünen-Parteivorsitzender Omid Nouripour und Unions-Fraktionsvize Jens Spahn. Mit dabei auch Pioneer-Chefredakteur Michael Bröcker.
Hier können Sie den Talk in voller Länger in der Mediathek sehen.
"Die Berliner haben die Schnauze voll. Nicht nur von Rot-Rot-Grün, sondern von der Politik", kommentiert FOCUS-online-Redakteurin Maike Klebl. Die stärkste politische Kraft in der Hauptstadt sei nicht die CDU, sondern die Nichtwähler. Die einfache Formel: „Dit is Berlin“ sei die Universalantwort auf jede Ungeheuerlichkeit und jeden Reinfall, die die linke Regierung hier über Jahre produziert habe. "Wurschtigkeit beim Regieren erzeugt Wurschtigkeit beim Bürger." Das jetzt auch noch die SPD feixe, Wahlsieger Kai Wegner müsse im linken Berlin ja nun erstmal jemanden finden, der mit ihm koalieren wolle, zeige: "Denn der Wählerwille - natürlich auch wurscht!" Lesenswert!
Bettina Schausten, ZDF-Chefredakteurin, kommentiert: "Ja, die Rot-Grün-Rote Mehrheit ist da, und darauf hinzuweisen, dass auch der kleinere Partner den Chef stellen kann, ist legitim und nicht "unanständig", wie es heute aus der CDU hieß." Doch dieser Berliner Paukenschlag sei unüberhörbar und dazu müssten sich vor allem die Grünen jetzt verhalten. "Eine Regierende Bürgermeisterin Jarasch mit einer gedemütigten SPD an der Seite – schwer vorstellbar. Dafür liegt – was bisher undenkbar erschien – jetzt in der Berliner Luft: Schwarz-Grün." Spannende Analyse!
Heute gratulieren wir herzlich:
Michael Bauchmüller, Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, 50
Jacqueline Bernhardt, Justiz-Ministerin Mecklenburg-Vorpommern, 46
Ylva Johansson, EU-Kommissarin für Inneres, 59
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre