herzlich willkommen zur neuen Ausgabe unseres Wochenend-Updates aus dem Hauptstadt-Team.
Wir berichten an dieser Stelle über das Wichtigste aus der Berliner Republik und empfehlen Ihnen wieder frische Texte und Töne aus unserer journalistischen Pioneer-Familie.
Los geht's!
Bundesregierung in Sorge vor russischem Gasstopp
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich beim EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag offenbar mit Ländern wie Italien, Belgien und Ungarn gegen die Abschaltung Russlands vom internationalen Zahlungssystem SWIFT gestellt, da es erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf die Europäische Union haben und Russland mit einer Drosselung der Gasversorgung reagieren könnte.
"Deutschland fürchtet, dass Russland dann den Gashahn zudreht. Das ist der zentrale Grund für die deutsche Position", sagte uns ein Insider aus der Regierungszentrale eines EU-Landes.
Ein führendes Mitglied der Ampel-Koalition bestätigte:
"Eine Abschaltung Russlands bei SWIFT würde kurzfristig zu Energieengpässen führen und eine schwere Wirtschaftskrise bei uns verursachen."
(v.l.) Gitanas Nauseda, Litauens Staatschef, Olaf Scholz, Kyriakos Mitsotakis, Ministerpräsident von Griechenland, Ursula von der Leyen, Mario Draghi, Regierungschef von Italien, und Mette Frederiksen, Ministerpräsidentin von Dänemark. © dpaMit der internationalen Datenbank für den Zahlungsverkehr, Swift, können Banken Transaktionen über Ländergrenzen hinweg möglich machen.
Eine Bank ohne Swift-Anschluss hätte praktisch keinen Zugang zum internationalen Zahlungsverkehr, diese Länder könnten nur noch mit erheblichem Aufwand oder gar nicht mehr Geld an andere Staaten senden.
Als der Westen den Iran 2012 wegen des Atomstreits aus Swift ausschloss, knickte die Wirtschaft des Regimes ein.
Die Zentrale von SWIFT in der Nähe von Brüssel. © dpaDennoch hat die EU im 2. Sanktionspaket bisher nur Handelsbeschränkunken, Exporthindernisse und eine gezielte Trockenlegung russischer Banken beschlossen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verteidigte dies:
"Wir haben bereits eine vollständige Blockade der russischen Banken. Der Geschäftsverkehr ist nahezu beendet."
Nur im Einzelfall seien noch Finanztransaktionen möglich, etwa Überweisungen von deutschen Unternehmen an ihre russischen Tochterunternehmen und eben die Bezahlung von Gaslieferungen.
In der Bundesregierung ist hinter den Kulissen die Sorge groß, dass Russland erstmals nach Jahrzehnten aus politischen Motiven die Gaslieferungen drosselt oder stoppt. Knapp die Hälfte des Gasbedarfs in Deutschland kommt aus Russland.
Die Forderungen nach Maßnahmen raus aus der Abhängigkeit werden lauter:
"Wir müssen vom Russlands Energie unabhängig werden. Wir müssen die Diskussion um die Kernenergie und den Atomausstieg neu führen", sagte FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler.
Bundeswirtschaftminister Robert Habeck hat inzwischen einen Notfallplan vorgelegt, in dem unter anderem die Erhöhung der Gasspeicher und die Subvention von Wasserstoff-Terminals ankündigt.
In einem Hauptstadt-Podcast Spezial zur Krise in der Ukraine diskutieren Gordon Repinski, Marina Kormbaki und ich über die Lage vor Ort in der Ukraine und die aktuelle Sanktionspolitik des Westens.
Dazu im Interview:
der Ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, spricht über fehlende Hilfe vom Westen und seine persönliche Zukunft.
die Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Franziska Brantner, erklärt, wie Deutschland ohne Russlands Gas auskommen will.
Hier geht es zu dem Podcast:
Bundeswehr-Leutnant: "Höhere Einsatzbereitschaft"
Der deutsche Oberstleutnant Daniel Andrä (43), der vor vor zwei Wochen das Kommando über den multinationalen Gefechtsverband der Nato in Litauen übernommen hat, berichtet unserem Christian Schweppe von der aktuellen Lage in der Kaserne in Rukla:
"Wir haben eine Aufklärungskompanie, wir haben mittlerweile Pioniere im breiten Spektrum, ABC-Abwehrfähigkeiten, Militärpolizisten und rechts und links auch noch Versorgungskräfte und Sanitätspersonal. Dazu kommen noch die tschechischen Kameraden, die hier mit einer Flugabwehrbatterie unterstützen."
"Wir erhöhen hier Tag für Tag die Einsatzbereitschaft weiter, die ohnehin schon hoch ist."
Die deutsche Truppe ist ein Teil der Nato-Operation Enhanced Forward Presence – die für Abschreckung sorgen soll.
Hier geht es zu dem Interview:
Koalitionsdebatten im Saar-Wahlkampf
Tobias Hans und Anke Rehlinger bei einer Pressekonferenz 2020 © ImagoÜberschattet von Krieg in der Ukraine hat im Saarland der Wahlkampf begonnen - dort wird am 27. März 2022 gewählt. Es ist der erste große Stimmungstest nach dem Machtwechsel in Berlin. Aktuell regiert in Saarbrücken eine große Koalition.
Unser Kollege Rasmus Buchsteiner war diese Woche im Saarland unterwegs.
Ministerpräsident Tobias Hans sagte ihm, die SPD setze alles daran eine Ampelregierung zu bilden: „Die einzige Möglichkeit, stabile Verhältnisse im Saarland zu behalten und dafür zu sorgen, dass nicht alles Ampel wird in Deutschland, ist CDU zu wählen.“
Herausforderin Anke Rehlinger, die mit der SPD in den Umfragen vorne liegt, erklärte, sie habe keine Festlegung auf eine Koalition.
„Ob Ampelpartner das hinreichende Maß an Stabilität mitbringen, wird die Zeit zeigen“, so die Vize-Ministerpräsidenten weiter.
Lesen Sie hier die Analyse unseres Kollegen.
Die Wirksamkeit der EU-Sanktionen gegen Russland betrachtet Welt-Autor Christian B. Schiltz als hoch, auch wenn diese die EU-Staaten selbst betreffen werden. Es sei richtig, "Finanzsanktionen gegen russische Banken und Staatsunternehmen, Strafmaßnahmen gegen die russische Luftfahrtbranche und Exporteinschränkungen für europäische Hightech-Produkte zu verhängen", schreibt er. "Diese Sanktionen sind ein starkes Zeichen für die Freiheit, sie sind ein friedliches Mittel der Gegenwehr gegen autokratisches Herrschaftshandeln und sie haben das Potenzial, der russischen Wirtschaft langfristig massiv zu schaden und damit – im besten Fall - Putins Machtbasis sukzessive zu erodieren." Hier geht es zu der Analyse!
Scharfe Kritik an der Sanktionspolitik kommt von FAZ-Außenpolitikchef Nikolaus Busse. Dass Deutschland sich nicht an die SWIFT-Thematik bei den Sanktionen herantraut, sei eine schwierige Entscheidung. "Das politische Signal, das die EU am Abend des russischen Überfalls auf die Ukraine abgab, lautet damit aber: Im Zweifel ist man sich selbst der Nächste", schreibt Busse in seinem Kommentar. "Putin verliert fürs erste seine wichtigste Einnahmequelle nicht. Man wird ihm weiter viel Geld aus Europa überweisen, mit dem er seinen Krieg finanzieren kann." Hier geht es zu dem Text.
Der frühere Außenminister Joschka Fischer ist sich sicher, dass es Putin um Größe und Bedeutung Russlands geht. Die Ukraine sei für ihn nie ein souveräner Staat gewesen, schreibt der Grüne in einem Gastbeitrag für The Pioneer.
Heute gratulieren wir herzlich:
Martin Dulig, Wirtschaftsminister Sachsen, SPD, 47
Martin Plum, CDU-Bundestagsabgeordneter, 40
Tina Winklmann, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 42
Am Sonntag gratulieren wir herzlich:
Christian Lange, Parlamentarischer Staatssekretär a.D., SPD, 58
Joachim Haedke, ehemaliger CSU-Landtagsabgeordneter, 52
Katharina Fegebank (Grüne), Zweite Bürgermeisterin von Hamburg, 45
Mein Foto des Männer-Mittagessens von 30 deutschen Wirtschaftsmanagern am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz machte vergangenes Wochenende die Runde.
CEO-Lunch am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz am 18. Februar 2022. © Michael BröckerEiner, der sich der Kritik stellte und Fehler einräumte, war der frühere Siemens-CEO Joe Kaeser. Er besuchte uns diese Woche in unserem Büro an der Bleibtreustraße in Berlin-Charlottenburg und sprach mit Chefreporterin Alev Doğan über strukturelle Probleme in der deutschen Wirtschaft, wenn es um das Thema Diversität und Gleichstellung geht.
Joe Kaeser © Anne HufnaglHier können Sie das bemerkenswert offene Gespräch der beiden hören.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.
Herzlichst,
Ihr