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Unsere Themen heute:
Die deutschen Hilfsgelder für die palästinensischen Gebiete geraten unter Druck. Wir haben interne Dokumente gesichtet. Ein Überblick.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter über die Wahlen in Bayern und Hessen und das Erstarken der AfD.
Die CSU gewinnt die Wahl, aber ringt mit dem Erstarken des rechten Randes. In der Vorstandssitzung gab es klare Forderungen an den Ministerpräsidenten.
Ein SPD-Bürgermeister in Hessen wird mit 80 Prozent der Stimmen wiedergewählt –und fordert ein Umdenken der Ampel in der Migrationspolitik.
Die Unionsfraktion legt ein Positionspapier mit der Forderung vor, 24-Stunden-Betreuung in privaten Haushalten durch Pflegerinnen und Pfleger aus Osteuropa gesetzlich zu regeln.
Wie Deutschland bisher die Palästinenser finanziert
Die Bundesregierung will ihre Hilfen für die palästinensischen Gebiete nach den Terrorattacken auf Israel komplett überprüfen. Alles stehe auf dem Prüfstand, sagte SPD-Entwicklungsministerin Svenja Schulze.
Wie tief die Umwälzungen wohl sein werden, zeigen interne Dokumente über die bisherigen Hilfen, die uns vorliegen.
Mit mehr als 125 Millionen Euro hat die Bundesregierung für die Jahre 2023 und 2024 die höchste Summe in den vergangenen Jahren zugesagt – weit mehr als andere europäische Helfer.
© BMZDazu wird eine sogenannte strukturbildende Übergangshilfe gezahlt, im Jahr 2022 waren das fast 67 Millionen Euro.
Rund 20 Millionen Euro gibt das Entwicklungsministerium durchschnittlich pro Jahr für die Zusammenarbeit mit Stiftungen, Kirchen und NGOs aus.
Dabei war die Entwicklungszusammenarbeit nie sonderlich zurückhaltend, was die Ziele in den palästinensischen Gebieten angeht: Neben einer "Verbesserung der Lebensbedingungen" sei es das Ziel, „zum Aufbau eines zukünftigen, palästinensischen Staates beizutragen“.
Dies geschehe im Verständnis, „dass die verhandelte Zweistaatenlösung die beste Chance für nachhaltigen Frieden bietet und damit auch im Sicherheitsinteresse Israels ist“.
Auch aus dem Auswärtigen Amt fließen allein 2023 noch einmal rund 79 Millionen Euro in die palästinensischen Gebiete.
72 Millionen davon entfallen auf humanitäre Hilfe, der Rest sind Stabilisierungsmittel. Die größte Summe, rund 42 Millionen Euro, werden in die Nahrungsmittelhilfe in Gaza gesteckt.
© Auswärtiges AmtDie Stabilisierungsgelder, so beschreibt es das Auswärtige Amt, flankieren den „politischen Einsatz der Bundesregierung für eine Zweistaatenlösung“.
Sie unterstützen demnach „die Förderung der Bildung eines palästinensischen Staates und die Aufrechterhaltung der territorialen Integrität eines zukünftigen Staates und Lebensgrundlage der palästinensischen Bevölkerung.“
Die FDP-Haushaltspolitikerin Claudia Raffelhüschen sieht das kritisch. Die Gelder sollten ausschließlich an namhafte internationale Organisationen gezahlt werden, sagte sie uns.
"Nur so kann gewährleistet werden, dass Gelder nicht in falsche Hände gelangen und von Terrororganisationen missbraucht werden", so Raffelhüschen.
Claudia Raffelhüschen © dpaGrünen-Politiker Anton Hofreiter nannte die Anschläge der Hamas "puren Terrorismus" und ließ eine militärische Hilfe für Israel offen. Es sei richtig, die Finanzhilfen zu überprüfen, um auszuschließen, dass Gelder an die Hamas gingen.
Hofreiter: Populismus hilft nur der AfD
Der Münchner Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter im Interview mit unserem Kollegen Thorsten Denkler über die Ergebnisse der Landtagswahlen:
Die Grünen haben in Hessen und Bayern klar verloren. Was nun?
Alle drei Ampelparteien haben verloren. Die Lösung ist einfach: Wir müssen anfangen, unsere Konflikte hinter geschlossenen Türen auszutragen. Und der Populismus, den im Wahlkampf vor allem Markus Söder bedient hat, hilft niemandem außer der AfD.
Anton Hofreiter © dpaWelche Fehler hat Ihre Partei gemacht?
Oft gehen wir die Dinge zu technisch an und unterschätzen, welche Ängste Veränderungen bei Menschen auslösen können. Das Heizungsgesetz war dafür ein Beispiel.
SPD-Chefin Saskia Esken sagt, die Menschen seien erschöpft. Soll die Ampel ihre Arbeit einstellen?
Nein. Aber die vielen Krisen, der Klimawandel, der russische Angriff auf die Ukraine und jetzt auch noch die neue Gewalt in Nahost verunsichern die Menschen zutiefst. Darum ist es so wichtig, dem mit Klarheit und Entschlossenheit zu begegnen. Und nicht mit Streit.
Stichwort Migration: Haben Sie Lösungen?
Zunächst mal sollten wir aufhören, mit Scheinlösungen zu hantieren. Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Wir brauchen belastbare Migrationsabkommen, wir sollten den Menschen erlauben, zu arbeiten. Und wir müssen den Kommunen helfen.
Aber kein Flüchtling lässt sich abschrecken, wenn wir Leistungen kürzen oder Grenzkontrollen verstärken. Die Leute sind nicht blöd. Die merken, wenn wir ihnen Dinge als Lösung verkaufen, die keine sind. Das schadet am Ende allen Parteien.
CSU will Freie Wähler und AfD stärker bekämpfen
In der CSU-Vorstandssitzung gab es nach dem Ergebnis der bayerischen Landtagswahlen mehrere Forderungen nach einem schärferen Umgang mit dem Koalitionspartner Freie Wähler und der rechtspopulistischen AfD.
Bei der Landtagswahl am Sonntag hatten beide Parteien zulegen können.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte in der Sitzung laut Teilnehmern, man müsse den Wettbewerb mit den Freien Wählern stärker führen. CSU-Wissenschaftsminister Markus Blume nannte es ein Problem, dass in Bayern 30 Prozent der Wähler eine Partei rechts der CSU gewählt hätten.
Auch Theo Waigel, Ehrenvorsitzender der CSU, zeigte sich besorgt und wünschte sich eine stärkere Auseinandersetzung mit der AfD und vor allem konkrete Lösungen in der Migrationsfrage.
Die Wirtschaft mahnt die CSU zu einer klaren Politik gegenüber der AfD.
Der Münchner Handwerkskammer-Präsident Franz Xaver Peteranderl sagte uns:
“Die AfD kann man nur kleiner machen, wenn man sie beim Wort nimmt. Die Alternativen der AfD wären gefährlich für Deutschland. Sie wollen aus der EU austreten und aus der Nato. Das ist ja abstrus."
Man müsse nur nach Großbritannien schauen, wenn man sehen wolle, wohin eine solche Politik führt, so Peteranderl.
"Dies muss die Politik immer wieder klarmachen, dann werden die Leute erkennen, dass die AfD keine Probleme löst.”
Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern. © HWKEine Analyse zur bayerischen Landtagswahl lesen Sie hier.
SPD-Bürgermeister fordert neue Migrationspolitik
Die hessische SPD liegt nach der historischen Niederlage bei den Landtagswahlen am Boden, der Unmut über die Ampel-Politik in Berlin wächst.
Der SPD-Kommunalpolitiker Philipp Rottwilm, der mit 80 Prozent der Stimmen als Bürgermeister der nordhessischen Stadt Neuental wiedergewählt wurde, fordert ein Umdenken in der Migrationspolitik.
"Für die Regierungsparteien im Bund war die Wahl sehr ernüchternd", sagte uns Rottwilm. "Wir haben keinen einzigen Wahlkreis gewonnen und in absoluten SPD-Hochburgen liegt die AfD auf Augenhöhe."
Rottwilm weiter:
© PrivatWenn die Ampel jetzt nicht aufwacht und das Migrationsthema klärt, dann werden wir uns in 2025 im Bund umgucken.
Lemke und Bilger sorgen für Happy End
Das Ärgernis hat lange gegärt unter den Umweltpolitikern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – konnte aber jetzt nach einem Brief und einem Telefonat zwischen Fraktionsvize Steffen Bilger (CDU) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) schneller aus der Welt geräumt werden, als manche gedacht hätten.
Am Montagmorgen hatten Bilger und die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, Anja Weisgerber (CSU), einen Brief an die Umweltministerin geschickt. Darin haben sie Lemke informiert, dass an einem für den 11. Oktober geplanten gemeinsamen Abendessen aus Protest lediglich die Obfrau der Union im Umweltausschuss, Astrid Damerow (CDU), teilnehmen werde.
Der Grund: In einer Bundestagsdebatte zur Wolfsfrage am 22. September habe Lemke aus Sicht der Union die Fraktion in die Nähe von Rechtsextremisten gerückt.
In dem Brief, der unserem Kollegen Thorsten Denkler vorliegt, heißt es:
Die Union wolle sich "in aller Entschiedenheit dagegen verwahren, dass wir beim Ringen um den richtigen Umgang mit dem Wolf in irgendeiner Weise Anlehnung an Rechtsextremisten nehmen würden".
Lemkes Ausführungen seien unter Demokraten "gänzlich unangemessen".
Und weiter:
Das Enttäuschende ist, dass Sie sich in der Sache nicht ausreichend mit unseren Argumenten auseinandersetzen, sondern mit platten Vorwürfen reagieren.
Wie wir hören, hat Lemke nach Erhalt des Briefes umgehend zum Telefon gegriffen, sich die Handy-Nummer von Bilger geben lassen und die Sache mit ihm direkt besprochen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) © Anne HufnaglOffenbar mit Erfolg. Aus der Union hören wir, Lemke habe eine "astreine Entschuldigung" formuliert, die von allen akzeptiert werden würde.
Ein Sprecher von Lemke sagte uns:
Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Steffen Bilger haben gesprochen, das Missverständnis konnte ausgeräumt werden.
Pflege: Union will Gesetz für 24-Stunden-Betreuungskräfte aus Osteuropa
Hunderttausende aus Osteuropa arbeiten hier in Deutschland als 24-Stunden-Betreuungskräfte. Viele leben mit in den Haushalten Pflegebedürftiger. Häufig werden sie schlecht bezahlt und sind zu prekären Bedingungen beschäftigt.
Die Union will hier nun mit einem Gesetz für Fairness sorgen.
Das geht aus einem Positionspapier hervor, das unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat und an diesem Mittwoch vorgestellt werden soll.
© dpaDie Experten von CDU und CSU wollen ein von Caritasverbänden in Deutschland und Polen entwickeltes Konzept („CariFair“) breit anwenden.
Dabei geht es um Beratung und Unterstützung „bei der legalen und fairen Beschäftigung“ osteuropäischer Haushalts- und Betreuungskräfte – mittels eines Arbeitgebermodells.
Wörtlich heißt es in dem Papier:
Diese praxisnahen Modelle sollten ausgeweitet werden, um rechtskonforme Regelungen umzusetzen und Schwarzarbeit in der Pflege zu vermeiden.
Eine gesetzliche Regelung für 24-Stunden-Betreuung in der Pflege war bereits in der vergangenen Wahlperiode vorbereitet worden, wurde aber nicht (mehr) umgesetzt. Geplant waren unter anderem Mindeststandards für die Vermittlung häuslicher Betreuung in Privathaushalte.
Aber auch für die Qualifikation der Betreuungspersonen, den Nachweis der Aufwendungen sowie Anforderungen an die Haushalte sollte es per Verordnung Vorgaben geben.
Prosor zu Gast in der Unions-Bundestagsfraktion
Israels Botschafter Ron Prosor wird heute an der Sitzung der Bundestagsfraktion der Union teilnehmen, wie wir hören.
Der Botschafter ist nach den Terrorangriffen der Hamas gegen Israel derzeit ein gefragter Mann. Eindringlich warnte er in mehreren Interviews vor Anschlägen auch in Deutschland und fordert eine klare Haltung der Politik gegen die Unterstützung der Hamas in Deutschland.
Unionsfraktionschefs Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten Prosor eingeladen.
Breuer und Schäuble bei Feier zum Nato-Doppelbeschluss
Anlässlich der Zustimmung des Deutschen Bundestags zum NATO-Doppelbeschluss vor genau 40 Jahren werden Experten am morgigen Mittwoch im Rahmen der Veranstaltung "Welchen Preis hat der Frieden? Vom NATO-Doppelbeschluss zur Zeitenwende" in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen in Berlin debattieren.
Die Veranstaltung wird von der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung und der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung organisiert.
Ab 17 Uhr werden der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, sowie der frühere Bundesminister und Bundestagspräsident a.D., Wolfgang Schäuble, einen Rückblick auf die Zeit werfen.
Am 11. und 12. Oktober findet in Köln die nächste Verkehrsministerkonferenz statt.
Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Klimaschutzmaßnahmen durch eine ÖPNV-Offensive, die Entwicklung des Schienengüterverkehrs, die Stärkung des Nachtzugverkehrs sowie eine Reform des Maßnahmensystems für Fahranfänger.
Vorsitzender der Konferenz ist NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).
Auf - Benedikt Kuhn. Großer Erfolg für den Kampagnen-Chef der CDU in Hessen. Der frühere Stabschef von CSU-Landesgruppenchef Dobrindt war als Wahlkampfmanager und Managing Director der Agentur Thjnk für Boris Rhein nach Wiesbaden gegangen und hat dort den bis dato eher wenig bekannten Regierungschef als geradlinigen und besonnenen Landesvater inszeniert. Mit Erfolg!
Ab - Raphael Brinkert. Der Star der Bundestagswahl wurde zum stillen Verlierer des Landtagswahlwochenendes. Bei der Bayern-SPD kann auch Brinkert nichts mehr ausrichten, so könnte man es auch sehen. Jedenfalls ist Spitzenkandidat Florian von Brunn bei den Wahlen untergegangen – und mit ihm Brinkert. Absteiger.
Die reflexhaften Reaktionen in Deutschland, die Angriffe der Hamas in Israel zu verurteilen, gehören für den Chefredakteur der Rheinischen Post, Moritz Döbler, zur deutschen Staatsräson. Dennoch zeigen die Reaktionen für ihn auch eine gewisse Hilflosigkeit. Die von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte Zeitenwende nach dem Einmarsch russischer Soldaten in die Ukraine erweise sich laut Döbler als viel größer als geplant. Er sehe dabei eine gefährliche Unruhe in einer multipolaren Welt, wo Machtblöcke nicht mehr wie in der Vergangenheit klar definiert seien. Dadurch würden Konflikte vergangener Zeiten mit voller Wucht wieder ausbrechen, so Döbler. Lesenswert!
Für den Leiter des Politik-Ressorts der Süddeutschen Zeitung, Stefan Kornelius, liegen die Gründe für die Verwundbarkeit Israels sowohl in der inneren Spaltung des Landes als auch in den internationalen Versäumnissen der vergangenen Jahre. Der jüngste Terrorangriff zeige auf brutale Weise, wie unüberlegt und kurzlebig die von Donald Trump willkürlich inszenierte Abraham-Übereinkunft zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrain war, in der palästinensische Interessen marginalisiert und ignoriert wurden, so Kornelius. Für den SZ-Journalisten ist es dennoch eine Pflicht, die Freunde Israels zu schützen und Friedensvermittlungen anzutreiben. Hier können Sie seinen vollständigen Kommentar lesen.
Heute gratulieren wir herzlich:
Michael Breilmann, CDU-Bundestagsabgeordneter, 40
Stefan Duppel, deutscher Botschafter in Venezuela, 61
Stefan Evers (CDU), Senator für Finanzen des Landes Berlin, 44
Beate Grzeski, deutsche Botschafterin in Venezuela, 63
Anette Kramme (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, 56
Luiza Licina-Bode, SPD-Bundestagsabgeordnete, 51
Andreas Stoch, Landesvorsitzender der SPD Baden-Württemberg, 54
Frank Thelen, deutscher Unternehmer, 48
Marco Wanderwitz, CDU-Bundestagsabgeordneter, 48
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre