Wie die CDU einen Linken-Ministerpräsidenten im Amt halten könnte

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herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die SPD im Bundestag will die Sonderrechte während der Pandemie für Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nur noch für maximal einen Monat verlängern.

  • Finanz-Staatssekretär Werner Gatzer verlangt zur Umsetzung der neuen Klimavorgaben einen Klimapakt der Ministerien. Wir kennen die Details.

  • Die versprochene Neuwahl des Thüringer Landtags gerät ins Rutschen, der örtliche CDU-Fraktionschef Mario Voigt hat ein Problem. Und Armin Laschet nun auch.

Die neue Last für Laschet

Wieder kommt die Thüringer CDU dem Wahlkämpfer Armin Laschet in die Quere. Auf einmal ist dort wieder offen, ob die rund 1,7 Millionen Wahlberechtigten im Freistaat am 26. September, wenn der Bundestag gewählt wird, auch einen neuen Landtag wählen dürfen.

So jedenfalls war es Anfang Februar vereinbart worden – zwischen Linken, Grünen, SPD und CDU. Doch nun stellen sich ausgerechnet vier Abgeordnete der CDU quer, wollen der Auflösung des Parlaments in Erfurt nicht zustimmen.

Ministerpräsident Bodo Ramelow und CDU-Fraktionschef Mario Voigt © Imago

Damit ist der Wahltermin wieder fraglich. Denn die Stimmen dieser Abgeordneten werden für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) könnte so womöglich ungestört weiter regieren.

Am 19. Juli sollte über die Auflösung des Landtags entschieden werden, der bisherige „Stabilitätsmechanismus“ mit einer auf ein Minimum beschränkten Kooperation der CDU mit der rot-rot-grünen Minderheitsregierung nicht weiter fortgesetzt werden.

Erst die Affäre um die Maskendeals und dubiose Zahlungen aus Aserbaidschan an den früheren thüringischen CDU-Bundestagsabgeordneten Mark Hauptmann, dann der Streit um die Nominierung des umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen – nun der Machtkampf um die Neuwahl.

Eine mehrstündige, hitzige Aussprache der CDU-Landtagsfraktion endete am Mittwoch ohne Annäherung. Am Ende gab es lediglich ein dürres Statement von Fraktionschef Mario Voigt und Christian Hirte, dem Chef der Landespartei:

Das Land braucht Neuwahlen.

Freuen dürfte das Ganze Regierungschef Ramelow. Der kann erst einmal weiter regieren.

Die SPD fordert rasch Klarheit in Erfurt. „Die Thüringer CDU ist völlig orientierungslos. Jetzt ist Armin Laschet gefragt“, sagte uns Carsten Schneider, der aus Thüringen stammende Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion.

„Was gilt das Wort der CDU? Darum geht es in Thüringen.“

Carsten Schneider, SPD-Geschäftsführer im Bundestag. © dpa

ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner hat nach dem Eklat am Mittwoch mit mehreren Beteiligten gesprochen. Lesen Sie hier seinen Bericht.

Der große Knall in Thüringen

So zerlegte sich die Landtags-CDU in Erfurt im Streit um Neuwahlen im September.

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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1. SPD: Sonderrechte für Spahn begrenzen

Die SPD will die Verlängerung der epidemischen Lage nationaler Tragweite im Infektionsschutzgesetz nach Auslaufen der bisherigen Regelung Ende Juni nur noch für einen Monat verlängern.

„Aus meiner Sicht ist es richtig und wichtig, eine sehr kurze Verlängerung anzustreben“, sagte uns Fraktionsvize Dirk Wiese. Das Ziel sei „Stand heute maximal vier Wochen“.

Dirk Wiese, SPD-Fraktionsvize.  © imago

Wiese begründet seinen Vorstoß mit den aktuell sinkenden Infektionszahlen und dem Fortschritt beim Impfen. Die Union neigt nach unseren Informationen zu einer Verlängerung um ein weiteres Vierteljahr.

Solange der Bundestag die epidemische Lage als medizinischen Ausnahmezustand feststellt, hat die Bundesregierung besondere Befugnisse bei der Beschaffung von Impfstoffen, Medizin und Ausrüstung.

2. Fast 450 Millionen Euro Zahlungen für Impfzentren

Die Länder haben bisher fast 450 Millionen Euro für die Corona-Impfzentren erhalten. Das geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine FDP-Anfrage hervor, die uns vorliegt. Die Länder haben demnach bis Ende April 2021 rund 443 Millionen Euro mit dem Gesundheitsfonds „für Errichtung, Erhalt und den laufenden Betrieb der Impfzentren“ abgerechnet.

© dpa

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte uns, der Fokus der Impfkampagne sollte sich von den Impfzentren zu den niedergelassenen Ärzten und Betriebsärzten verschieben:

„Diesen sollte möglichst viel Impfstoff zur Verfügung gestellt werden.“ Angesichts der relativ hohen Vergütung in den Zentren wäre dies nach Theurers Ansicht „wohl auch der effizientere Umgang mit öffentlichen Geldern“.

3. Finanzministerium will klimaschädliche Subventionen abbauen

Das Bundesfinanzministerium will im Zuge des kurzfristig geplanten, milliardenschweren Klimaschutz-Programms auch staatliche Ausgaben streichen, die dem Klima schaden.

Das geht aus einem Brief von Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer an Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und seine Staatssekretärskollegen in den anderen Ressorts hervor. Das Schreiben liegt uns vor.

© imago

Bis zum kommenden Sonntag sollen die Ministerien zwei bis vier Vorschläge für Fördermaßnahmen machen – jeweils in dem Sektor, für den sie zuständig sind.

„Zudem sollen Vorschläge zum Abbau klimaschädlicher Subventionen gemacht werden“, schreibt der langjährige Haushaltsstaatssekretär Gatzer.

Ziel ist ein „Klimaschutz-Sofortprogramm 2022“ mit einem Volumen von maximal acht Milliarden Euro, das spätestens am 23. Juni vorgelegt werden soll. Ein Schwerpunkt wird laut Finanzministerium ein „Sofortprogramm Gebäude“ sein.

4. Bildungsministerin Karliczek warnt vor „falscher Toleranz“ an Schulen

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat sich angesichts der jüngsten antisemitischen Ausschreitungen in deutschen Städten in die Schulpolitik der Länder eingemischt und vor „falscher Toleranz“ gewarnt.

„Viele Schülerinnen und Schüler haben Wurzeln, die nicht in Deutschland liegen“, sagte uns die CDU-Politikerin. „Sie stammen sogar häufig aus Regionen, die von Spannungen zu Israel und oft auch antisemitischen Ressentiments geprägt sind.“

Hier müsse man genau hinsehen, so Karliczek.

Bildungsministerin Anja Karliczek © ThePioneer

„Wir werden keinen ,neuen‛ Antisemitismus in Deutschland zulassen“, so Karliczek. „Auch solche politisch heiklen Themen müssen an den Schulen thematisiert werden“, betonte sie. Schule sei ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche lernen sollten, dass die Gesellschaft durch Vielfalt und gegenseitige Achtung geprägt sei.

Wie wir gestern berichteten, will sich die Kultusministerkonferenz am 10. Juni mit dem Thema befassen.

5. Große Koalition torpediert Oppositionsvorstoß zu sexueller Identität im Grundgesetz

Grüne, FDP und Linke hatten gehofft, dass am Freitag ihr gemeinsamer Gesetzentwurf zur Einfügung des Diskriminierungsmerkmals „sexuelle Identität“ in Artikel 3 des Grundgesetzes im Plenum zur Abstimmung kommt.

Doch Union und SPD haben dies im letzten Moment verhindert.

Kurzfristig nahm die große Koalition ihn von der Tagesordnung des zuständigen Rechtsausschusses, sodass der Gesetzentwurf gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität am Freitag nicht abschließend beraten werden kann.

Grünen-Politikerin Britta Haßelmann © Imago

„Das öffentlichkeitswirksame Hissen der Regenbogenfahne vor dem Konrad-Adenauer-Haus erweist sich bereits drei Tage später als völlig unglaubwürdig“, sagte uns Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen.

„Dieser Versuch des Wegdrückens und Aussitzens kennen wir schon von der Abstimmung über die ,Ehe für alle‛, die Union und SPD immer wieder gemeinsam verhindert haben.“

Grüne, FDP und Linke wollen nun dafür sorgen, dass es am Freitag zumindest eine Debatte zum Thema gibt.

Ausriss aus dem neuen Pflegebericht des Gesundheitsministeriums © ThePioneer

Die Zahl derer, die Geld aus der Pflegeversicherung erhalten, hat sich seit deren Einführung im Jahr 1995 vervierfacht. Das geht aus einem Bericht des Gesundheitsministeriums hervor, der uns vorliegt und der an diesem Mittwoch im Bundeskabinett behandelt worden ist.

„Bei Einführung der sozialen Pflegeversicherung im Jahr 1995 nahmen etwa 1,06 Millionen Menschen ihre Leistungen in Anspruch“, heißt es in dem Dokument. 2019 waren es rund vier Millionen Menschen – gegenüber 2015 entspricht das einem Anstieg um 50 Prozent. In diesem Jahr waren neue Kriterien für die Einstufung von Pflegebedürftigen eingeführt worden.

In dem Bericht heißt es weiter, der demographische Wandel sei nicht aufzuhalten.

Eine besondere Herausforderung sei die steigende Anzahl Demenzerkrankungen – mit derzeit schätzungsweise 1,6 Millionen Betroffenen: „Aufgrund der demografischen Entwicklung könnte diese Zahl bis zum Jahr 2050 auf rund 2,4 bis 2,8 Millionen ansteigen.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn soll in der Affäre um Maskendeals am 2. Juni bei der Staatsanwaltschaft München als Zeuge aussagen. Das Bundeskabinett erteilte dem CDU-Politiker am Mittwoch eine entsprechende Aussagegenehmigung. Das Dokument liegt uns vor.

Konkret soll der Minister, wie aus einem der Kabinettsvorlage beigefügten Schreiben des Bayerischen Justizministeriums hervorgeht, zur Beschaffung von Masken aussagen, „die über den Beschuldigten, Dr. Nüßlein, MdB, angeboten worden sein sollen“.

Insbesondere soll der CDU-Minister zu „Anbahnung, Abschluss und Abwicklung des Kaufvertrages“ befragt werden.

Auf - Sie war erst in der zweiten Hälfte der Wahlperiode ins Kabinett aufgerückt, und auch nur, weil der Proporz einen Posten für ihr Bundesland Hessen vorgesehen hatte. Doch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat einiges aus ihrem Posten gemacht. Bei zahlreichen Gesetzesinitiativen konnte Lambrecht auf sich aufmerksam machen. Nun wird sie auf den letzten Metern der Großen Koalition gar zur Superministerin und übernimmt von der zurückgetretenen Franziska Giffey auch noch die Verantwortung für das Familienressort. Die am Ende der Legislaturperiode aus dem Bundestag ausscheidende Politikerin ist unserer Aufsteigerin.

Ab - Annalena Baerbock legt Wert darauf, als vertrauenswürdige Politikerin wahrgenommen zu werden. Dazu passt nicht, dass die Grünen-Chefin dem Bundestag Nebeneinkünfte drei Jahre lang nicht meldete – „versehentlich“, wie eine Sprecherin gestern sagte. Mit Bundestagsmandat bezieht Baerbock für den Parteivorsitz kein Gehalt. Wie die Grünen jetzt mitteilten, erhielt sie jedoch Weihnachtsgeld, Sonderzahlungen nach dem erfolgreichen Europa-Wahlkampf 2019 sowie eine „coronabedingte“ Zahlung. Auf Baerbocks Abgeordnetenseite ist nun für 2018 eine Sonderzahlung der Stufe 2 (bis 7.000 Euro) vermerkt. 2019 und 2020 erhielt sie Sonderzahlungen der Stufe 3 (bis 15.000 Euro). Für das laufende Jahr hat Baerbock zudem eine Sonderzahlung für eine „publizistische Tätigkeit“ beim Ullstein Buchverlag angegeben – im Umfang von bis zu 15.000 Euro. Baerbock steht als Kanzlerkandidatin unter besonderer Beobachtung. An Transparenz darf sie es nicht mangeln lassen. Unsere Absteigerin.

Im Konrad-Adenauer-Haus sind die meisten Mitarbeiter zwar noch im Home Office, doch die Planungen für die Kampagnenzentrale laufen. Einer der beiden Leiter des Lagezentrums, das auf Nachrichten, Themen und Debatten im sozialen Netz reagieren soll, ist ein alter Weggefährte von Generalsekretär Paul Ziemiak aus der CDU im Ruhrgebiet: Timon Radicke, Kreisvorsitzender der CDU in Herne.

Der Start in den Wahlkampf indes war holprig. Die Sicherheitslücke bei der zentralen Kampagnen-App Connect, mit der die Kandidaten ihren Haustür-Wahlkampf organisieren, hat zum vorübergehenden Aus der App geführt. Die Sicherheitslücke könnte juristische Folgen haben, da die Daten von etwa 17.000 registrierten Wahlkämpfern sowie Adressdaten von ca. 1.300 Bürgern einsehbar waren. Die App ist derzeit nicht nutzbar und muss mit einem Sicherheitsupdate versehen werden.

Der Dienstleister, die PXN GmbH aus Südthüringen, hatte die App erfunden und der CDU für mehrere Haustür-Wahlkämpfe verkauft. Ziemiaks früherer Bundesgeschäftsführer bei der Jungen Union, Sachsens Staatssekretär Conrad Clemens, feierte 2017 als Teamleiter des Connect-Wahlkampfs im Erfolge.

Nun drohen vier Monate vor der Bundestagswahl juristische Auseinandersetzungen und Ärger mit den Datenschutzbehörden.

Brisante Äußerungen des früheren SPD-Außenminister Sigmar Gabriel. In der aktuellen Folge seines Pioneer-Podcasts World Briefing. Darin äußert Gabriel scharfe Kritik an der israelischen Politik in den besetzten Gebieten und er fordert eine differenzierte Sichtweise auf den Nahost-Konflikt. „Was bei uns eher zu kurz kommt, ist die Berichterstattung über die Not der Palästinenser.“

Gabriel bringt außerdem direkte Verhandlungen auf höchster Ebene mit der palästinensischen Terror-Organisation Hamas ins Gespräch, und er verurteilt die antisemitischen Demonstrationen in Deutschland scharf. Dagegen müsse man hart und entschieden vorgehen. Zum Podcast geht es hier entlang.

"Wir werden auch mit der Hamas reden müssen"

Sigmar Gabriel über die Eskalation im Nahen Osten und die mangelnde Komplexität in der Betrachtung.

Podcast hören

Veröffentlicht in World Briefing von Sigmar Gabriel Michael Bröcker .

Podcast mit der Laufzeit von

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Peter Liese, CDU-Europaabgeordneter, 56

Wolfgang Strengmann-Kuhn, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 57

Constanze Stelzenmüller, Brookings Institution, 59

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