Wie die Regierung die vierte Welle bekämpfen will

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RKI-Chef Prof. Lothar Wieler © ThePioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zum Campaign Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Eine Sitzung im Kanzleramt macht klar: Die Angst vor dem Corona-Wahlkampf hat Berlin erreicht - die Wissenschaft gibt düstere Ausblicke. Wir kennen die Details.

  • Die Deutsche Bahn baut ihre Beteiligungen im In- und Ausland aus - wir sagen, was passiert.

  • Ex-Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (CDU) äußert Kritik am Empfang der letzten deutschen Heimkehrer aus Afghanistan.

Wie die Regierung die vierte Welle bekämpfen will

Es war die erste Runde der Chefs der Staatskanzleien seit einigen Wochen. Für 13 Uhr hatte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Montag seine Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern eingeladen. Und diesmal gab es einen besonderen Gast. Lothar Wieler war da, der Chef des Robert-Koch-Instituts.

Im Gepäck hatte er eine Präsentation mit zehn Folien, die für Unruhe unter den Anwesenden sorgen sollte.

© Robert-Koch-Institut

Wieler, das war sofort klar, hatte sich vorgenommen, die Politik auf die Ernsthaftigkeit der Lage hinzuweisen. "Düster", nannte mancher später dessen Präsentation - auf Unions- und SPD-Seite.

Das waren Wielers Kernaussagen vor der Runde:

  • Kontakte und Mobilität beschrieb er als Treiber der Pandemie - in Innenräumen besonders, aber auch draußen.

  • Seit drei Wochen steigen die Neuinfektionen, aber auch die Hospitalisierungen. Wieler wörtlich: "Wir sind in der vierten Welle."

  • Wieler unterlegte seine Mahnungen mit den Statistiken anderer europäischer Länder: In Portugal, der Niederlande und Großbritannien würden mit ansteigenden Inzidenzen und Hospitalisierungen auch die Todesfälle wieder mehr werden.

Hierzu hatte er weitere Folien mitgebracht - die viele aus der Runde aber nicht ganz so dramatisch lasen, wie der RKI-Chef. Man würde etwa am Beispiel Großbritannien deutlich sehen, dass das Gesundheitssystem dem neuerlichen Anstieg Stand gehalten habe, hieß es uns gegenüber.

Hier das Beispiel aus der Präsentation zu den Niederlanden:

© Robert-Koch-Institut

Wielers Fazit: Die Inzidenz bleibt als entscheidender Faktor bestehen. Der RKI-Chef äußerte nach unseren Informationen sogar in der Runde das Gedankenspiel, dass bei einer zur Hälfte voll geimpften Bevölkerung der Inzidenzwert eigentlich einem doppelt so hohen Wert entsprechen würde - weil nur die Hälfte noch echte Gefahr einer Infektion laufe.

Wieler kritisierte die mittlerweile vielerorts erlaubten Großveranstaltungen scharf. Ein Event mit mehr als 10.000 Besuchern sei "Wahnsinn", sagte er.

Entwicklung der Impfkampagne in Deutschland.  © Robert-Koch-Institut

Insgesamt nahmen mehrere Teilnehmer den Vortrag als neuerliche Sorgenmacherei wahr. Die Stimmung wurde von einigen Stellen als kritisch-gespannt beschrieben.

In der politischen Debatte mühten sich Braun und seine Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern anschließend um eine Vorbereitung der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz am 10. August - sie wurde vom 25. August vorgezogen.

Einige Richtungen wurden festgelegt, ohne abschließende Entscheidungen.

Hier die wichtigsten Punkte:

  • Die Länder sehen die Festlegung auf die Inzidenzen kritischer als Lothar Wieler, wollen den Indikator mehrheitlich eher als Warnwert etablieren und sich eher auf die Hospitalisierungen konzentrieren.

  • Kanzleramtschef Braun sprach in der Runde das Risiko an, dass hohe Inzidenzen besonders in Schulen durchschlagen würden. Er schloss Alternativmodelle zum Regelunterricht bei hohen Inzidenzen nicht aus - hier jedoch wehren sich die federführenden Länder.

  • Bei den Einreisen soll es verschärfte Quarantäne-Regeln geben. Denkbar ist eine doppelte Testpflicht bei Einreise und fünf Tage danach für Ungeimpfte, verbunden mit einer Quarantäne. Geimpfte sollen davon befreit sein.

  • Noch nicht geklärt ist, ob dies nur für Einreisen aus Risikogebieten gilt. Hamburg hat den weitergehenden Vorschlag eingebracht, dass ein PCR-Test bei Einreise verpflichtend wird.

  • Tests für Ungeimpfte sollen ab dem Zeitpunkt nicht mehr kostenfrei sein, ab dem sich jeder hätte impfen lassen können.

In der Debatte um Privilegien für Geimpfte gegenüber Getesteten fand sich keine Mehrheit für den Ansatz von Helge Braun, etwa Restaurantbesuche perspektivisch nur noch für Geimpfte zuzulassen.

Die Runde trifft sich zu weiteren Beratungen in der kommenden Woche.

1. Peter Tauber: Rückkehrer haben zu wenig Aufmerksamkeit erhalten

Ex-Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (CDU) hat den Umgang mit den letzten aus dem Afghanistan-Einsatz zurückgekehrten Soldatinnen und Soldaten kritisiert. "Ich hätte mir gewünscht, dass man die besonders wertschätzt", sagte Tauber im Gespräch auf der Pioneer One.

Bei den Soldatinnen und Soldaten handele es sich um die letzten, die dort für Deutschland im Einsatz waren, so Tauber.

Das ist Symbolik. Da ist viel Emotion drin.

Peter Tauber © Anne Hufnagl

Es fehle in diesen Fällen teilweise in Berlin am Gefühl daran, was derartige Bilder zu bedeuten hätten.

"Und da leide ich ein bisschen, weil ich denke, wenn ich da gewesen wäre, hätte ich meine Stimme oder meine Meinung anders einbringen können", sagte uns Tauber.

Er verfolge diese Ereignisse nun aus einer anderen Perspektive. Er sei aber "nach wie vor ein sehr politischer Mensch", sagte uns Tauber, "und ich interessiere mich für das, was in unserem Land geschieht."

2. Die Macher hinter dem Twitter-Trend #Lasch-o-mat

Seit Montagabend steht #Lasch-o-mat in den Twitter-Trends - unter dem Hashtag geistern Fake-Zitate von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet durch die sozialen Medien. Urheber der Aktion sind Michael Ziegler und Linus Junginger. Die beiden Softwareentwickler leiten ein Marketingunternehmen in Mainz und haben vergangenes Wochenende die Webseite Lasch-o-mat.de programmiert.

Hintergrund war ein Twitter-Aufruf, in dem ein User seine Follower aufforderte, ihm Obst oder Gemüse zu nennen und er würde eine Laschet-Aussage dazu formulieren. "Es kamen dann ein paar ganz lustige Politiker-Phrasen zu Gemüse raus”, erzählt Ziegler unserem Kollegen Jonas Wengert am Telefon. "Wir dachten uns dann, dazu kann man doch recht einfach ein Tool bauen."

Die Unternehmer suchten Satzbausteine von Laschet im Netz und erstellten eine Art Slot-Machine, die gewürfelte Zitate ergibt. Inzwischen wurden laut Ziegler rund 8.000 dieser Grafiken heruntergeladen. Die Webseite werde seit Montag quasi überrannt, so der 38-Jährige. "Der erste Server ist uns gleich am Nachmittag in die Knie gegangen." Man arbeite an einer stabileren Lösung.

Ziegler und Junginger sind zwar bei der FDP engagiert, eine Wahlkampfaktion speziell gegen Laschet sei die Aktion aber nicht. "Wir kennen diese politischen Reden in Phrasen und Satzbausteinen”, sagt Ziegler, diese Art zu sprechen gebe es aber bei allen Parteien.

Müssen sich Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) Sorgen machen, dass es bald auch einen Baer-o-mat oder einen Scholz-o-mat geben könnte? "Wir denken auf jeden Fall darüber nach", so Ziegler.

Die falschen Zitate des Armin Laschet

Ein Online-Tool sorgt für jede Menge Spott über Kanzlerkandidat Armin Laschet.

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Veröffentlicht von Jonas Wengert.

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3. Deutsche Bahn baut ihre Beteiligungen aus

Die Deutsche Bahn hat im Jahr 2020 acht Anträge an die Bundesregierung gestellt, um ihre Geschäftstätigkeit zu erweitern.

In einem Fall verweigerte das Bundesfinanzministerium seine Zustimmung - dabei handelte es sich um eine Erweiterung der Geschäftstätigkeit im Ausland. Alle anderen Fälle wurden genehmigt.

Das geht aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Berichtsanforderung des Grünen-Haushaltspoltikers Sven-Christian Kindler hervor, die uns vorliegt.

Demnach bezogen sich die acht Anträge der Bahn auf drei Unternehmen in Deutschland, zwei in der EU und drei im außereuropäischen Ausland.

© Imago

Zudem gab es 2020 insgesamt fünf Anträge zur Erweiterung bestehender Beteiligungen in Deutschland; hier betrug der Gesamtwert 20,6 Millionen Euro.

Wie aus dem Schreiben hervorgeht, führten 2020 das Finanzministerium und das Verkehrsministerium in 37 Fällen ein vereinfachtes Verfahren durch, bei dem das Finanzministerium nicht beteiligt wurde und das Verkehrsministerium selbstständig die Freigaben erteilte; die Verfahren umfassten 70 Einzelmaßnahmen und hatten einen Gesamtwert von 2,8 Millionen Euro.

Grünen-Politiker Kindler wirft Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor, die "immer weitere Ausdehnung des Auslandsgeschäfts der Bahn durchzuwinken“ statt dafür zu sorgen, "dass sich die Bahn endlich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentriert“. Bahn und Bundesregierung hätten den Überblick über Hunderte Beteiligungen an Unternehmen in der ganzen Welt und zahlreiche Auslandstöchter verloren.

Kindler sagte uns:

Ein Bus auf Malta oder Bahnen in Dubai machen in Deutschland keinen Zug pünktlicher.

Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler. © dpa

Zwar tue Verkehrsminister Scheuer so, als ginge ihn das Agieren des Bahn-Managements alles nichts an. "Fakt ist: Die Bahn tut nichts, ohne dass der Bund zustimmt“, so Kindler.

Wahlkreis 157 - Görlitz: Chrupalla vs. Oest

In 299 Wahlkreisen bewerben sich Kandidatinnen und Kandidaten für ein Direktmandat im Deutschen Bundestag. Von Flensburg-Schleswig, dem Wahlkreis 1, bis Homburg, der Nummer 299, geht es mal knapper und mal deutlicher, mal prominenter und mal unbekannter zu.

Bis zur Bundestagswahl stellen wir rund 40 Wahlkreise vor, auf die es sich zu achten lohnt. Weil es knapp ist, weil Prominente antreten oder ein Swing bevorsteht.

Heute werfen wir einen Blick nach Sachsen, genauer gesagt in den östlichsten Teil Deutschlands - in den Wahlkreis Görlitz.

© ThePioneer

Der Wahlkreis 157 umfasst den Landkreis Görlitz, von Zittau im Süden bis Bad Muskau. Rund 212.000 Wahlberechtigte leben hier. 2017 lag die Wahlbeteiligung bei 73,4 Prozent.

Bei der letzten Bundestagswahl gewann der heutige AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla das Direktmandat mit 32,4 Prozent der Erststimmen knapp gegen CDU-Kandidat Michael Kretschmer (31,4 Prozent).

Kretschmer ist inzwischen seit Ende 2017 Ministerpräsident von Sachsen. Seine Nachfolge als Union-Kandidat in Görlitz übernimmt in diesem Jahr Florian Oest. Er will den Wahlkreis, der abgesehen von der letzten Wahl immer an die CDU ging, wieder für seine Partei zurückgewinnen.

© ThePioneer

Nach aktuellen Prognosen von election.de hat Chrupalla leicht bessere Chancen, die meisten Erststimmen zu bekommen und sein Direktmandat zu verteidigen. Aber es ist knapp: Die Webseite sieht auch bei Oest noch eine Wahrscheinlichkeit von rund 40 Prozent, den Wahlkreis für sich zu entscheiden.

Chrupalla und Oest haben von uns jeweils identische Fragebögen erhalten. Hier sind die Antworten in unserem ThePioneer-Battleground.

Der Mandatsinhaber

© imago images

Wer bin ich? Mein Name ist Tino Chrupalla und ich bin Bundessprecher der AfD.

Wo wohne ich? Im östlichsten Landkreis Deutschland, dem Landkreis Görlitz. Hier bin ich geboren, aufgewachsen und hier möchte ich auch alt werden.

Was zeichnet mich aus? Ich bin Handwerksmeister, in der Region verwurzelt und kenne die Probleme vor Ort. Ein typischer Berufspolitiker bin ich sicherlich nicht.

Lieblingsort im Wahlkreis? Das Schloss im Bad Muskauer Park ist für mich ein besonderer Ort. Nach der Wende war das Schloss nur eine Ruine, die mit großen Einsatz restauriert werden konnte. Auch ich habe dort unzählige Stunden auf Malerleitern gestanden.

Meine analoge Wahlkampf-Strategie? Den Menschen hier einfach mal zuhören. Was im politischen Berlin diskutiert wird, hat mit der Realität vor Ort oft wenig zu tun.

Meine digitale Wahlkampf-Strategie? Ich möchte die Menschen mitnehmen und biete deshalb auf verschiedenen digitalen Kanälen aktuelle und alternative Informationen zu Themen und Standpunkten an.

Bestes Give-Away? Berichte aus dem Bundestag, die erzählen, was wir als AfD erreicht haben und woran wir arbeiten.

Mein politisches Thema? Grundsätzlich ist mein Ziel, all jenen eine Stimme zu geben, die im politischen Berlin schon lange nicht mehr gehört werden – insbesondere aus Handwerk und Mittelstand. Mehr als 30 Jahre nach der deutsch-deutschen Vereinigung müssen in allen Regionen Deutschlands endlich gleichwertige Lebensverhältnisse hergestellt werden.

Als erstes ändere ich? Politische Entscheidungen werden wieder auf dem Boden des Grundgesetzes getroffen.

Wunsch-Koalition? Als größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag stehen wir allen Koalitionen offen gegenüber, die vernünftige Politik für Deutschland und seine Bürger machen möchte.

Mein Slogan? Deutschland. Aber normal.

Größte Stärke meines Konkurrenten? Er ist Mitglied der CDU.

Größte Schwäche meines Konkurrenten? Er ist Mitglied der CDU.

Auf diesen Termin freue ich mich: Ich freue mich auf den gemeinsamen Wahlkampfauftritt mit meiner Co-Spitzenkandidatin Alice Weidel, am 23. September in Görlitz.

Der Herausforderer

© Florian Oest

Wer bin ich? Ich bin Florian Oest, 33 Jahre und Papa von Hubert und Hedi.

Wo wohne ich? In Görlitz, der östlichsten Stadt Deutschlands bin ich geboren und aufgewachsen. Hier wohne ich auch heute wieder.

Was zeichnet mich aus? Freunde sagen, dass ich verlässlich, hartnäckig und herzlich bin.

Lieblingsort im Wahlkreis? Mit der Familie sind wir sehr gerne im Wald unterwegs. Am liebsten im Herbst zum Pilze sammeln.

Meine analoge Wahlkampf-Strategie? Ich bin auf „Kennenlerntour - Sie rufen an, ich komme vorbei“. Die Leute sehen meine Handynummer auf Plakaten und laden mich zu sich oder Veranstaltungen ein. So lernen wir uns kennen und ich weiß, was den Menschen in der Oberlausitz wichtig ist.

Meine digitale Wahlkampf-Strategie? Mit meinem Podcast "Anstoß! Junge Politik für Sachsen" diskutiere ich mit wechselnden Gästen aktuelle Themen.

Bestes Give-Away? Kugelschreiber ;-)

Mein politisches Thema? Den Ausstieg aus der Braunkohleförderung in der Lausitz müssen wir aktiv gestalten. Dazu brauchen wir eine Gesamtstrategie und ausreichend Zeit. Deshalb wird es einen Ausstieg aus der Braunkohle vor dem Jahr 2038 mit mir nicht geben. Mit Investitionen in Innovation und Infrastruktur, wie dem Bau einer Schnellzugverbindung von Berlin über Weißwasser nach Görlitz oder anwendungsorientierter Forschung, wollen wir die Region stärken.

Als erstes ändere ich? Rückgrat der Digitalisierung ist eine gute Infrastruktur. Deshalb ärgere ich mich über weiße Flecken beim Breitband und Mobilfunk gerade bei uns im ländlichen Raum. Wir brauchen eine bessere Breitbandversorgung und Netzabdeckung - und zwar überall in Deutschland.

Wunsch-Koalition? Die FDP ist uns als Union am nächsten.

Mein Slogan? Die Zukunft gestalten.

Größte Stärke meines Konkurrenten? Das Handwerk ist spannend. Es beeindruckt mich, wenn Menschen mit ihren eigenen Händen Werke und Werte erschaffen.

Größte Schwäche meines Konkurrenten? Der Landkreis Görlitz braucht wieder einen direktgewählten Abgeordneten, der die Region mit einer starken und konstruktiven Stimme im Deutschen Bundestag vertritt. Ich höre von den Menschen, dass es daran zur Zeit fehlt.

Auf diesen Termin freue ich mich: Ich freue mich auf die politischen Wanderungen mit Bundespolitikern. Dabei kommen wir ungezwungen und an der frischen Luft mit den Menschen ins Gespräch.

Union sagt gemeinsamen Wahlkampfauftakt ab

Der gemeinsame Wahlkampfauftakt mit Kanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Kanzlerkandidat Armin Laschet und allen Kandidatinnen und Kandidaten von CDU und CSU im Europark Rust ist abgesagt.

Das haben die Generalsekretäre Paul Ziemiak (CDU) und Markus Blume (CSU) in einer E-Mail an die Vorstände der Parteien gestern bekannt gegeben. Das aktuelle Krisenmanagement und die Wiederaufbauarbeiten in den Flutgebieten erforderten alle Aufmerksamkeit und Einsatz, heißt es in der Mail. Dies habe Auswirkungen auf den Wahlkampf.

Markus Söder (l.), Armin Laschet (r.) © dpa

Daher habe man sich entschlossen, statt der mehrtägigen Veranstaltung im Freizeitpark Rust “in einem anderen Rahmen” eine eintägige Wahlkampfveranstaltung am 21. August in Berlin abzuhalten.

Dann will die Union mit “Deutschlands größter Tür-zu-Tür-Aktion” im ganzen Land die heiße Wahlkampfphase einläuten. Detaillierte Informationen folgen noch. Mit der Absage ziehen die Generalsekretäre die Reißleine, denn der Unmut in den Landesverbänden angesichts der zweitägigen Veranstaltung mit Familien in einem Vergnügungspark mitten in einer krisenhaften Phase des Landes war laut geworden.

Außerdem wollen viele Kandidaten und Kandidatinnen lieber in ihren Wahlkreisen vor Ort um Stimmen werben und nicht für zwei Tage nach Baden-Württemberg reisen.

Linke sorgt sich um ihre Sichtbarkeit - und setzt auf Attacke

Angesichts aktueller Umfragewerte von lediglich sechs, sieben Prozent will die Linke im Wahlkampf vernehmbarer werden und setzt dazu fortan auf Konfrontation - vor allem gegenüber Union und FDP.

In einer internen Analyse wirft Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfchef Jörg Schindler der Union "Dethematisierung von Politik" und die Vermeidung klarer politischer Aussagen und Kontroversen vor. Weil bei den Grünen die "Abteilung Attacke" ausfiele, erwachse hier eine Chance für die Linke, heißt es in dem Papier, das unserer Kollegin Marina Kormbaki vorliegt.

„Um der Entpolitisierung des Wahlkampfs zu begegnen und die Sichtbarkeit der Linken zu erhöhen, müssen wir zum Angriff übergehen und attackieren“, sagte uns Schindler.

Der Linken-Politiker betonte:

Ziel dabei ist, eine Polarisierung zwischen uns und Union und FDP zu schaffen.

Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler © Imago

So wolle seine Partei künftig nicht nur ihr Steuerkonzept vorstellen, sondern die Folgen der Steuerideen von CDU und FDP für kleine und mittlere Einkommen stärker herausarbeiten.

Die Linke suche aber auch die klare Abgrenzung zu SPD und Grünen: "Während wir Union und FDP frontal angreifen, greifen wir SPD und Grüne über die Flanke an“, so Schindler.

So werde die Kritik an Grünen und Sozialdemokraten an deren Bereitschaft ansetzen, eine Koalition mit Union beziehungsweise FDP einzugehen.

Grüne wollen mit Sachthemen punkten

Nach den wochenlangen Debatten über Fehler und Fähigkeiten von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock setzen die Grünen-Wahlkämpfer nun viel daran, mit Sachpolitik in die Offensive zu kommen.

Nachdem Baerbock am Dienstag Ideen zur Verbesserung des Katastrophenschutzes vorgestellt hat, präsentiert Co-Spitzenkandidat Robert Habeck am morgigen Donnerstag ein Konzeptpapier mit Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.

Für Freitag plant Baerbock einen bildungspolitischen Aufschlag.

Und am Dienstag kommender Woche stellen Baerbock und Habeck das „Klimaschutz-Sofortprogramm“ für die ersten 100 Tage einer Regierung mit grüner Beteiligung vor.

Dann wird, so die Überlegung der Wahlkampfstrategen, ausreichend Zeit seit der Flutkatastrophe vergangen sein, um sich bei der Thematisierung des Grünen-Urthemas Klimaschutz nicht mehr dem Vorwurf auszusetzen, das Desaster politisch zu instrumentalisieren.

Kaweh Mansoori © Peter Jülich

Die in Berlin oft eher unbekannten aber doch mächtigen Politiker der SPD sind die Chefs der Bezirke; und mancher frotzelt, gerade die Hessen seien sich dieser Rolle besonders bewusst. Auf Kaweh Mansoori, Chef des Südens, trifft dies zweifellos zu. Anders als üblich setzte er als Bundestagsneuling für sich einen sicheren Listenplatz durch, auf Nummer drei tritt er an.

Auf dem Weg dorthin räumte Mansoori in seinem Frankfurter Wahlkreises 183 unter anderem eine Konkurrentin aus dem Weg - die bisherige Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen, die seit 2013 im Bundestag sitzt. 90 Stimmen erhielt Mansoori bei der Wahlkreisdelegiertenkonferenz, Nissen 59 Stimmen.

Mansoori ist 31 Jahre alt und Rechtsanwalt. "Veränderung und Digitalisierung müssen Fortschritt und Verbesserung für alle bedeuten", sagte er uns als sein politisches Leitmotiv.

"Ich will den Wandel, den alle erleben, solidarisch gestalten. Dafür braucht es Arbeitsplätze mit Zukunft, die unser Klima schützen und Familien ernähren — mit fairer Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen." Bei den Ausschüssen will Mansoori vor allem für seinen Wahlkreis Frankfurt etwas bewegen können: "Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen würde gut passen."

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist heute Abend im Brigitte-live Gespräch ab 18:30 Uhr. Das Gespräch wird hier übertragen.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken diskutiert am Donnerstag mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im ZDF über Integrationspolitik. Um 22.30 Uhr geht es los.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock eröffnet heute Abend in Heidelberg den Grünen Wahlsommer ihrer Partei. Mit dabei sind auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie die zwei Spitzenkandidaten der Grünen im Ländle, Franziska Brantner und Cem Özdemir.

Co-Chef Robert Habeck setzt derweil im hohen Norden seine Küstentour fort - mit Townhall-Veranstaltungen in Neustadt, im holsteinischen Oldenburg und auf Fehmarn.

FDP-Chef Christian Lindner setzt seine Sommertour fort. Heute um 11:30 Uhr wird er in Grömitz am Seebrückenvorplatz erwartet, um 14:00 Uhr auf der Südstrandpromenade Fehmarn und um 17:30 Uhr am Hafen in Strande. Morgen um 11:00 Uhr wird Lindner an der Hafenspitze Eckernförde sein. Voranmeldungen sind nicht nötig.

Die Hälfte aller Deutschen ist mittlerweile vollständig geimpft - vielerorts gibt es die Impfungen ohne Wartezeit und ohne Termin. Doch noch fehlen fast 20 Millionen vollständig Geimpfte, um die Herdenimmunität zu erreichen. Da aber mittlerweile jeder sich impfen kann, der es möchte, plädiert Alexandra Föderl-Schmid von der SZ dafür, Corona-Tests nur noch kostenpflichtig auszugeben, denn: Wer sich der Gesellschaft gegenüber unsolidarisch verhalte, könne nicht erwarten, dass die Gesellschaft die Kosten für dieses Verhalten trage. Lesen Sie hier.

Die Frage nach der Impfpflicht wurde in einigen Ländern Europas bereits beantwortet. Frankreich, Italien und Griechenland gehen voran - und haben zum Teil bereits Impfpflichten eingeführt. Jan Walter von der Deutschen Welle liefert den Überblick, wie die Menschen am Wochenende in anderen Ländern der EU auf die jüngsten Entscheidungen reagiert haben.

Die Pioneer Polls ergeben sich durch den Mittelwert der aktuellen Umfragen der Institute Allensbach, Kantar, Forsa, Forschungsgruppe Wahlen, GMS, Infratest Dimap, Insa und YouGov.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag

Jakob Augstein, Verleger, Chefredakteur der Freitag, 54

Morgen gratulieren wir:

Hansjörg Durz, CSU-Bundestagsabgeordneter, 50

Ihre Informationen für uns © Media Pioneer

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Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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