herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.
Unsere Themen heute:
Als Abgeordneter wollte Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Impfpflicht-Antrag einbringen - dann kamen die Sorgen. Chronik einer Wende.
Postengerangel in der CDU: Es gibt 40 Bewerberinnen und Bewerber für 26 Vorstandsplätze, ehemalige Regierungsmitglieder drängen ins Spitzengremium.
Beim Zuschnitt der Parlamentariergruppen gibt es Änderungen - wir kennen die Hintergründe.
Armin Laschet (CDU) will sich in die Europa-Politik einbringen - wir wissen, an welcher Stelle.
Bundeskanzler Olaf Scholz ruft seine Kabinettsmitglieder zu einer ersten Klausurtagung zusammen. Wir sagen, wann und worum es geht.
Lauterbachs Wende
Er wollte Verantwortung übernehmen. Vorangehen, als sich andere unsicher waren.
Am 5. Januar sagte SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach dem RedaktionsNetzwerk Deutschland:
Als Abgeordneter arbeite ich an einem Vorschlag für eine allgemeine Impfpflicht für über 18-Jährige.
Bei seinem Besuch auf der Pioneer One dann die Kehrtwende:
„Ich habe mich entschieden, keinen eigenen Antrag zu präsentieren, sondern da neutral zu sein“, sagte er. Es wäre „keine so kluge Idee“, selbst einen Plan zu präsentieren.
Karl Lauterbach © Anne HufnaglWarum der Sinneswandel? Zusammen mit unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner haben wir in Regierung und Koalition die Hintergründe recherchiert.
Wohlmeinende sagen: Lauterbach habe sich zunächst, weil andere Befürworter zögerten, in der Pflicht gefühlt, einen Vorstoß anzukündigen. Den Gegnern sollte nicht das Feld überlassen werden.
Erst später sei ihm klar geworden - oder klar gemacht worden, dass es nicht zur Art fraktionsübergreifender Gruppenanträge aus der Mitte des Parlaments passe, wenn ein Minister sich so positioniere. "Man kann die Rollen als Regierungsmitglied und Abgeordneter nicht auseinander halten", heißt es uns gegenüber aus der Fraktionsspitze.
Andere sagen: Lauterbach habe sich vergaloppiert. Von mehreren Seiten, auch aus dem Kanzleramt, sei ihm von einer Initiative abgeraten worden - insbesondere aus juristischen Gründen.
In Regierungskreisen heißt es:
Er nimmt sich aus der Schusslinie.
Klar ist: Die Initiative für die Impfpflicht hat Potential, für die SPD zur Niederlage zu werden - sollte sie scheitern. Der wichtigste Minister soll dann nicht beschädigt sein.
Eine schnell vorangetriebene Impfpflicht könnte verfassungswidrig sein, in Karlsruhe scheitern: nicht verhältnismäßig. Auch Lauterbach sagt mittlerweile, für das Brechen der Omikron-Welle werde eine Impfpflicht nicht mehr benötigt.
Der Minister ist aber überzeugt, dass man sie für den kommenden Winter brauche. Doch reicht das als Begründung?
Rechtssicher könnte eine Lösung sein, die später greift, womöglich zum Herbst, heißt es. Andere wichtige SPD-Stimmen sagen uns aber, es dürfe gerade nicht verzögert werden.
Nun müssen im Auftrag von Fraktionschef Rolf Mützenich seine Vizes Dirk Wiese und Dagmar Schmidt einen Antrag koordinieren.
Lauterbach berät beide. Womöglich findet sich auch der Brückenschlag zu anderen Fraktionen: Zu Janosch Dahmen von den Grünen etwa oder zu FDP-Experte Andrew Ullmann. Auch an einer Einbindung der Unionsfraktion wird gearbeitet, hören wir. Kommende Woche wollen die Vertreter der Ampel auf Union und Linke zugehen. Ende Januar soll die Entscheidung fallen.
Klimaschutz: Habeck vs. Lemke
In der Bundesregierung bahnt sich ein erster Streit zwischen den Grünen-Ministern Robert Habeck (Klimaschutz) und Steffi Lemke (Umwelt) an.
Habeck will zusätzlich zu den bisher bekannten Klimaabteilungen, die aus verschiedenen Ressorts in sein Ministerium umgezogen sind, weitere Referate des Umweltministeriums in sein Haus holen.
Steffi Lemke und Robert Habeck © imago imagesDie neue Klimaschutz-Abteilungsleiterin des Wirtschaftsministeriums, Birgit Schwenk, hat “klimarelevante” Referate im Umweltressort identifiziert, die künftig neben der Abteilung Internationaler Klimaschutz in den Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums fallen sollen.
Dazu gehören nach unseren Informationen etwa die Bereiche Klimaneutrale Bundesverwaltung, Nachhaltige Unternehmensführung oder Soziale Angelegenheiten der Umweltpolitik. Grünen-Ministerin Lemke will eine weitere Entkernung ihres Ministeriums aber verhindern und dies nicht einfach durchwinken, hören wir.
Das Umweltministerium erklärte auf Anfrage, dass das Ergebnis, welche Organisationseinheiten noch wechseln könnten, "voraussichtlich noch im Januar 2022 vorliegen wird".
Habecks Klimaschutz-Abteilungsleiterin Schwenk war zuvor Unterabteilungsleiterin im Bundesumweltministerium und kennt das Haus daher gut.
CDU-Vorstand: 40 Kandidaten für 26 Posten
In der CDU-Führung ist die Neuaufstellung mit Machtkämpfen in den einzelnen Landesverbänden um die wenig verbliebenen Posten verbunden.
Nach unseren Recherchen treten kommende Woche beim digitalen Bundesparteitag knapp 40 Bewerber für 26 Vorstandsposten an.
Der Grund: Ehemalige Regierungsmitglieder wollen weiterhin eine gewichtige Rolle spielen, neue und junge Kandidaten aus den Ländern, dem Europaparlament und der Jungen Union drängen nach oben.
Beispiele: Die früheren Bundesminister Hermann Gröhe und Anja Karliczek kandidieren angeblich erneut für den Bundesvorstand, Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn, die frühere Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und die ehemalige Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz wollen einen Sitz im Präsidium.
Vorstandsmitglieder wie Karl-Josef Laumann (64), NRW-Innenminister Herbert Reul (Foto, 69) oder der Bundesvorsitzende der Senioren Union, Otto Wulff (89), treten erneut an. Alle sind zudem Mitglieder des Landesverbands NRW, aus dem auch der designierte CDU-Chef Friedrich Merz und der künftige CDU-Vize Carsten Linnemann kommen.
Hendrik Wüst (l.)und Herbert Reul. © dpaAber nicht nur für NRW gilt: Fast jeder Landesverband hat mehr Personen nominiert als ihm bisher in dem Spitzengremium zustand.
Zugleich schickt die Junge Union sieben Kandidaten ins Rennen, um der von vielen geforderten Erneuerung Gesichter zu geben.
Eine Übersicht über alle Kandidaturen aus allen Landesverbänden lesen Sie hier.
Familienministerin Spiegel geht in die Offensive
In unserem Hauptstadt Podcast geht es diese Woche um die Debatte zur Impfpflicht und welche Argumente die Befürworter eigentlich noch haben.
Außerdem:
Im Interview der Woche spricht unsere politische Reporterin Marina Kormbaki mit Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne).
In unserer Rubrik What's right sprechen wir über den Kampf der CDU-Promis um einen Vorstandsposten, bei What's left reden wir über das neue Bundeswehr-Mandat im Irak.
Im kürzesten Interview der Berliner Republik, "Ein Satz zu...", hat taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann einen Gastauftritt.
Die neue Folge können Sie heute ab 12 Uhr hier hören.
Der Klick aufs Bild führt Sie zu Hauptstadt - Das Briefing.Koordinatorin Müller: Erneuerbare bergen Chance für Werften
Claudia Müller, neue Koordinatorin der Bundesregierung für maritime Wirtschaft und Tourismus, wirbt angesichts der aktuellen Werftenkrise für eine Diversifizierung des Schiffbaus in Deutschland.
"Wichtig ist, dass wir die Beschäftigung vor Ort halten können", sagte uns die Grünen-Abgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern mit Blick auf die rund 1900 Mitarbeiter der insolventen MV Werften in Wismar, Rostock und Stralsund, die auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen spezialisiert sind.
Claudia Müller (Grüne). © ImagoPerspektivisch müssen wir die Werftenindustrie in Deutschland breiter aufstellen.
Müller möchte sich dafür einsetzen, die Schiffbauindustrie in den Ausbau der Erneuerbaren Energien einzubeziehen - etwa mit Blick auf den Bau von Offshore-Windanlagen und den Transport von Wasserstoff: "Schiffbau und Erneuerbare Energien müssen zusammengedacht werden - da ist viel Potenzial zur Stärkung unserer maritimen Industrie."
Neuer Zuschnitt bei Parlamentariergruppen
Der Ältestenrat des Bundestags hat gestern die Parlamentariergruppen eingesetzt - jene interfraktionellen Arbeitsgruppen, die sich mit Parlamentariern weltweit vernetzen.
Bei der Zusammenstellung der Gruppen gibt es zwei Änderungen:
Die Parlamentariergruppe Portugal-Spanien wird in zwei bilaterale Gruppen aufgeteilt. Der Grund: Die in der 18. Wahlperiode erfolgte Zusammenlegung der beiden Staaten zu einer Gruppe habe vor allem auf portugiesischer Seite zu Verstimmungen geführt, erfuhr unsere Kollegin Marina Kormbaki.
Aus der bisherigen Parlamentariergruppe "Benelux" sollen die Niederlande herausgelöst und in eine deutsch-niederländische Parlamentariergruppe und eine Parlamentariergruppe "Belgien-Luxemburg" aufgespalten werden.
Weiterhin wird es keine Mindest- oder Maximalgröße von Parlamentariergruppen geben; jeder Abgeordnete kann bis zu drei Gruppen angehören.
Die Vorsitze der Parlamentariergruppen sollen am 25. Januar von den Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen gezogen werden.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Laschet soll Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats werden. Darauf hat sich nach unseren Informationen die Unionsfraktion mit Frank Schwabe (SPD) geeinigt, dem Leiter der deutschen Delegation.
Armin Laschet (CDU). © ImagoWeitere Ordentliche Mitglieder aus der Unionsfraktion sind Knut Abraham, Volker Ullrich, Sabine Weiss und Marco Wanderwitz. Die neue Delegation des 20. Bundestags wird am 24. Januar akkreditiert.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lädt am 21. Februar zur ersten Kabinettsklausur ins Kanzleramt ein. Wegen der Pandemie findet das Treffen im Kanzleramt im Internationalen Konferenzraum statt, hören wir.
Themen sollen die Arbeitsschwerpunkte der Ampel-Regierung in diesem Jahr sein.
Eine Sitzung des Bundeskabinetts im Konferenzraum des Kanzleramts. © dpaAuf - Günter Krings. Ein kleiner Fehler im Bundestagspräsidium brachte dem rechtspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Parlaments-Fragerunde am Mittwoch einen unverhofften Auftritt. Der NRW-Abgeordnete piesackte treffsicher den Kanzler, der als Vertreter eines Verfassungsorgans doch dem Volk eine Begründung für die Impfpflicht schulde. Damit wurde Krings breit zitiert (Tagesschau). Ein seltener Aufschlag des eher zurückhaltenden CDU-Politikers. Unser Aufsteiger.
Ab - Julia Klöckner. Die neue wirtschaftspolitische Sprecherin der Union hatte ihren ersten Auftritt als Gegenspielerin von Wirtschaftsminister Robert Habeck, doch ihre Rede geriet etwas daneben. Die Forderung nach einer Abschaffung des EEG hätte auch die große Koalition mit Klöckner am Tisch längst umsetzen können, da sollte die CDU-Frau neue Angriffspunkte finden. Opposition ist eben nicht einfach, wenn man gerade erst regierte. Deshalb für heute: unsere Absteigerin!
Die Ankündigung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Pioneer-Interview, doch keinen eigenen Antrag zur Impfpflicht in den Bundestag einzubringen, hat Aufsehen erregt. Im Kommentar für das Redaktionsnetzwerk Deutschlands (RND) knöpft sich die Berliner Vize-Bürochefin Kristina Dunz den Minister vor. "Es ist erst recht keine so kluge Idee, sich als Bundesregierung hinter dem Parlament zu verstecken und abzuwarten, welche Vorschläge von dort so kommen und sich dann den schönsten Entwurf herauszusuchen", schreibt die Journalistin. "Und den Eindruck zu vermitteln, aus Angst vor dem eigenen Scheitern die Verantwortung beim Bundestag abzuladen." In der Frage neutral zu sein als Gesundheitsminister sei "blanker Hohn", kommentiert Dunz. Lesenswerter Kommentar!
„Opposition will gelernt sein“, schreibt Heike Göbel von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über die Performance der CDU/CSU-Fraktion diese Woche im Bundestag: „Die Union muss nun die Tonlage üben, in der sie die Regierung attackiert. Schließlich ist sie nach 16 Jahren an der Macht für die meisten Probleme mitverantwortlich, die Rot-Grün-Gelb auf dem Tisch hat.“ Guter Kommentar!
Heute gratulieren wir herzlich:
Michael Hennrich, CDU-Bundestagsabgeordneter, 57
Herbert Wollmann, SPD-Bundestagsabgeordneter, 71
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre