Wie Wagenknecht die Linke erpresst

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© The Pioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.

Unsere Themen heute:

  • Die Linkspartei steht am Scheideweg. Nun könnte ein ehemaliger Parteichef für den frei gewordenen Energiesprecher-Posten kandidieren. Womöglich kommt es zu einer Kampfkandidatur mit dem Wagenknecht-Lager.

  • Kanzler Olaf Scholz steht vor der ersten Rede eines deutschen Regierungschefs bei der UN-Vollversammlung seit vielen Jahren.

  • Bernd Althusmann, Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niedersachsen, will das AKW Lingen in Betrieb halten, sollte er Ministerpräsident werden.

  • Der Bundestag wählt in dieser Woche ein Geheimgremium für das 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr. Wir kennen bereits das Personaltableau.

  • Der Bundesrechnungshof rügt die Regelungen zur Kurzarbeit. Der Bericht der Bonner Behörde liegt uns vor.

Die Linke - eine Partei schafft sich ab

Die umstrittene Rede von Sahra Wagenknecht in der Haushaltswoche des Bundestages hat ein Nachspiel in der Fraktion der Linken. An diesem Dienstag ist unter Top 3 eine Aussprache zu der Rede und ihrer Wirkung angesetzt.

Eine Gruppe von acht Linken-Abgeordneten will zudem einen Antrag stellen, der - sollte er angenommen werden - de facto ein Redeverbot für Wagenknecht bedeuten könnte.

In dem Antrag, der unserem Kollegen Thorsten Denkler als Entwurf vorliegt, heißt es, der Fraktionsvorstand müsse „sicherstellen“, dass die Redezeit der Fraktion im Plenum für die „Vertretung der gemeinsam beschlossenen Positionen“ genutzt werde. Wer das nicht wolle, der könne den Wunsch einer „individuellen Wortmeldung bei der Bundestagspräsidentin“ anmelden.

Unterschrieben haben den Antrag Gökay Akbulut, Anke Domscheit-Berg, Ates Gürpınar, Caren Lay, Cornelia Möhring, Martina Renner, Bernd Riexinger und Kathrin Vogler.

Wagenknecht ist bekannt dafür, ausschließlich ihre eigene Position auch gegen die Linie der Partei zu vertreten.

In ihrer Rede hatte sie der Bundesregierung unter anderem vorgeworfen, einen „beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun gebrochen“ zu haben.

Sie forderte unter anderem das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Das entspricht nicht der Beschlusslage der Partei und führte zu Parteiaustritten auch prominenter Linker.

Im Zusammenhang mit der Rede hat auch der Sprecher der Linksfraktion für Energie und Klima, Ralph Lenkert, seinen Posten zur Verfügung gestellt. Für ihn muss jetzt ein Nachfolger gefunden werden.

Bernd Riexinger, Linke © dpa

Nach dem, was unser Kollege Thorsten Denkler hört, bringt sich der frühere Parteichef Bernd Riexinger dafür in Position. Er habe das nötige Format, um dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck Paroli bieten zu können, heißt es unter seinen Unterstützern.

Es wird allerdings befürchtet, dass sich Wagenknecht oder einer ihrer Gefolgsleute für den Posten bewerben könnte. Sollte es zu einem Machtkampf kommen, der zugunsten des Wagenknecht-Lagers ausfällt, könne das den Bruch bedeuten, hören wir.

Wie sehr Wagenknecht die Linksfraktion in der Hand hat, lesen Sie in dieser Analyse unseres Kollegen:

Im Würgegriff der Sahra Wagenknecht

Die Linke muss sich entscheiden, ob sie sich weiter von Wagenknecht erpressen lassen will.

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Veröffentlicht von Thorsten Denkler.

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Scholz war noch niemals in New York

Kanzler Olaf Scholz absolviert an diesem Dienstag seinen ersten Besuch bei den Vereinten Nationen. Darüber hinaus besucht er auch insgesamt das erste Mal die Stadt New York. Eine zu Beginn des Jahres 2020 geplante Reise musste wegen der Corona-Pandemie entfallen.

Seine Rede vor der Vollversammlung am heutigen Dienstag ist die erste eines deutschen Regierungschefs seit 15 Jahren in diesem Format. Scholz, so vernehmen wir, will damit ein klares Zeichen zur Stärkung der Vereinten Nationen als Institution setzen. Seine Zeitenwende-Rede aus dem Bundestag kurz nach Beginn des Krieges soll, so hören wir, auf die Lage der internationalen Staatengemeinschaft angewandt werden.

Olaf Scholz am Montagnachmittag vor dem Abflug nach New York am Flughafen Berlin-Brandenburg. © dpa

Neben seinem Auftritt im Plenum plant Scholz auf seiner Reise mehrere bilaterale Gespräche. So ist ein Zusammentreffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan geplant, bei dem insbesondere die Rolle der Türkei in globalen Bündnissen thematisiert werden dürfte. Außerdem spricht Scholz abseits der Hauptveranstaltung mit Vertretern von Inselstaaten, mit dem koreanischen Premierminister, dem chilenischen Präsidenten und dem Präsidenten von Guinea-Bissau.

In einem weiteren Gespräch mit dem nigrischen Präsidenten wird die Zukunft der deutschen Militärmission in dem Land auf der Agenda stehen.

Neben den politischen Gesprächen gibt Scholz zwei Interviews - der New York Times und dem Fernsehsender NBC. Einen kurzen Midtown-Stadtbummel gibt es auch, der Schriftsteller Daniel Kehlmann wird der prominente Stadtführer sein.

Althusmann: Mit mir als Regierungschef läuft AKW weiter

CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann will sich im Fall eines Wahlsiegs bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 9. Oktober dafür einsetzen, dass das niedersächsische Atomkraftwerk in Lingen länger als bis Ende 2021 am Netz bleibt.

"Mit mir als Ministerpräsident wird es keine fahrlässige Abschaltung mitten in der Krise geben. Auch darüber stimmt Niedersachsen ab", sagte uns Althusmann. "Eine Verlängerung bis womöglich Ende 2024 ist geboten. Alles andere gefährdet die Energiesicherheit Deutschlands."

Bernd Althusmann, CDU, zu Besuch auf der Pioneer One  © Anne Hufnagl

Auch der nordrhein-westfälische FDP-Fraktionsvorsitzende Henning Höne hat Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck aufgefordert, den geplanten Reservebetrieb der drei noch laufenden Atomkraftwerke zu überdenken.

„Wir brauchen dringend ein größeres Energieangebot im Markt, um Preise zu dämpfen. Dafür brauchen wir mittelfristig sowohl die Kernenergie als auch die Energie aus Kohle. Auch Schiefergas sollte einen Beitrag leisten."

Henning Höne, Fraktionschef der FDP in Düsseldorf. © Imago

Es sei kaum zu vermitteln, dass die deutschen Kernkraftwerke bis April 2023 als Reserve bleiben, der Kohleausstieg weiterhin bis 2030 erfolgen und die Förderung von Schiefergas verboten bleiben soll und zugleich Atomstrom aus Frankreich, Kohlestrom aus Polen und Schiefergas in Form von LNG aus den USA importiert wird.

Geheimgremium zum Bundeswehr-Sondervermögen formiert sich

Deutsche Tornados © dpa

Der Bundestag wählt in dieser Woche ein Gremium, das sich mit den Zahlungen aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr befassen soll. Die Fraktionen wollen an diesem Dienstag ihre Personalvorschläge beschließen.

Für die SPD sollen, wie wir hören, die Abgeordneten Andreas Schwarz, Wiebke Esdar, Thorsten Rudolph und Wolfgang Hellmich in dem Gremium vertreten sein.

Die Grünen wollen Sebastian Schäfer und Sara Nanni entsenden, die FDP nominiert Karsten Klein und Thorsten Lieb. Für die Union stellen sich Chef-Haushälter Christian Haase und Ingo Gädechens (beide CDU) sowie Reinhard Brandl (CSU) zur Wahl. Die Linke will Gesine Lötzsch schicken.

Laut Gesetz muss das Gremium vom Verteidigungsministerium „über alle Fragen des ‚Sondervermögens Bundeswehr‘ unterrichtet“ werden. Die Mitglieder sind zur Geheimhaltung verpflichtet.

Rechnungshof rügt Sonderregelungen zur Kurzarbeit

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Der Bundesrechnungshof bleibt bei seiner kritischen Haltung zur Verlängerung der Sonderregelungen bei der Kurzarbeit. Das geht aus einem Bericht der Bonner Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor.

Der Rechnungshof habe sich „insbesondere zu den mehrfachen Verlängerungen der Sonderregelungen kritisch geäußert“, heißt es in dem Bericht. Es gebe „vermeidbare Risiken“ für den strukturellen Anpassungsprozess am Arbeitsmarkt.

Seit Beginn der Pandemie waren die Hürden für den Bezug von Kurzarbeitergeld gesenkt worden - in einigen Fällen wurden auch die Sozialversicherungsbeiträge zum Teil erstattet.

Bis Ende des Jahres soll es dabei bleiben, dass Betriebe Kurzarbeit bereits nutzen können, wenn mehr als 10 Prozent - statt wie gewöhnlich ein Drittel - ihrer Beschäftigten von Arbeitsausfall betroffen sind.

2020 und 2021 hatte die Bundesagentur für Arbeit laut Bericht insgesamt 42,3 Milliarden Euro Kurzarbeitergeld ausgezahlt, ihre Rücklagen komplett aufgebraucht und erhielt zinslose Darlehen vom Bund. Für das laufende Jahr wird ein Defizit von 1,9 Milliarden Euro erwartet.

Der Rechnungshof verlangt deshalb von der Bundesagentur absolute Disziplin bei den Ausgaben:

Dies bedeutet vor allem, dass alle Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit sowie ihre Finanzierbarkeit geprüft werden müssen und die mit der COVID-19-Pandemie begründeten Personalzuwächse so bald wie möglich zurückgeführt werden.

Perspektivisch müsse die Bundesagentur ihren Fokus „wieder verstärkt auf strategische Themen wie die Bewältigung des Strukturwandels und des Fachkräftemangels richten“.

„Bei einem hohen Zugriff auf das Kurzarbeitergeld aufgrund der Öl- und Gaskrise droht eine erneute Schieflage”, sagte uns CSU-Expertin Silke Launert.

Michael Best wird Partner bei Global Advisors

Der bisherige Pressesprecher der Bundesbank und frühere ARD-Börsenexperte, Michael Best, wird ab Oktober Partner der Berliner Strategieberatung Global Advisors.

Michael Best mit dem früheren Bundesbank-Chef Jens Weidmann.  © dpa

Dort wird er sich aus dem Frankfurter Büro heraus vor allem mit der Beratung von Kapitalmarktteilnehmern und Unternehmen befassen. Bests Nachfolgerin bei der Bundesbank wird ab Oktober Ingrid Herden.

Herden war Sprecherin des NRW-Finanzministers und späteren SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans.

Abschiedskolloquium für Günter Nooke

Nach mehr als zwölf Jahren im Dienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wird an diesem Dienstag Günter Nooke, der langjährige Afrikabeauftragte von Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit einem Kolloquium von dem Ministerium und der Konrad-Adenauer-Stiftung verabschiedet.

Günter Nooke, ehemaliger Afrika-Beauftragter der Kanzlerin.  © imago

Nooke habe sich "immer wieder konsequent für eine gewinnbringende Partnerschaft zwischen Deutschland, Europa und den Ländern Afrikas eingesetzt", heißt es in der Einladung. "Sein besonderes Augenmerk galt den privatwirtschaftlichen Akteuren auf beiden Seiten. Sie waren für ihn stets entscheidende Kräfte der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des afrikanischen Kontinents."

Die Ampel-Koalition hatte das Amt eines persönlichen Afrikabeauftragten für das Kanzleramt abgeschafft und die Arbeit im Ministerium integriert.

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Auf - Karin Prien. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (KMK) stellte gestern ihr Gutachten zur Digitalisierung im Bildungssystem vor, fordert unter anderem Informatik als Pflichtfach. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin und KMK-Vorsitzende gab dem Gremium für die Präsentation erstmals eine große Bühne - früher durften sie nur Stellungnahmen schreiben, die dann weitestgehend ignoriert wurden.

Ab - Christian Blex. Der hetzwütige AfD'ler aus dem Münsterland geht erneut auf eine Reise, die mindestens politische Sprengkraft birgt. Auf der russisch besetzten Krim war der Landtagsabgeordnete 2018 bereits, jetzt reist er mit Parteifreunden aus Sachsen-Anhalt nach Russland und will offenbar in die besetzte Ostukraine. Sein Landesverband sagte uns, man habe vorher nichts gewusst und zahle auch nicht. Fragt sich: Wer finanziert den Trip dann? Im Innenministerium ist man jedenfalls schon alarmiert.

Unser Investigativreporter Christian Schweppe, Blex' ehemaliger Schüler, hat den AfD-Politiker 2017 für die ZEIT portraitiert. Seinen Text können Sie hier nachlesen.

Eine Türkei, die die Nato verlässt und sich ihrer Antipode anschließt? „Völlig ausgeschlossen“, kommentiert Alev Doğan, Chefreporterin bei The Pioneer, den aktuellen Kurs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan anlässlich des Gipfeltreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. „Was da gerade passiert zwischen Ankara, Peking und Moskau, ist der Seiltanz eines Mannes, der sich durch die politischen Systeme, Werte und Konventionen laviert – weil er Angst hat.“ Ihr Fazit: „Für die Türkei wäre es kein Problem, aus der Nato auszusteigen – für die Türkei wäre es eine Katastrophe.“ Leseempfehlung!

Weshalb Erdoğan blufft und irrlichtert – aber nicht aus der Nato austreten wird

Wie wahrscheinlich ist ein Austritt der Türkei aus der Nato – zugunsten Russlands und Chinas?

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Veröffentlicht von Alev Doğan.

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Susanne Gaschke analysiert für die Welt die Gründe für die erodierten Beliebtheitswerte des Kanzlers: „Eine sehr oberflächliche, aber vielleicht trotzdem stichhaltige Erklärung könnte in Scholz‘ Hang zu einem ungünstig mokanten Lächeln liegen, das jedem Gegenüber das Gefühl vermittelt, Scholz fühle sich überlegen.“ Seine auch nicht unumstrittene Vorgängerin Merkel habe es wenigstens verstanden, nach außen den Eindruck von Überheblichkeit zu vermeiden. Ihre zweite Hypothese rund um die verwahrloste SPD lesen Sie hier.

„Ohne Veränderung der Strukturen und bestimmter Verhaltensmuster wird man Frauen nicht für die Parteiarbeit gewinnen können. Die Quote allein tut’s nicht“, kommentiert die CDU-Politikerin Elisabeth Motschmann in ihrer Kolumne für The Pioneer. Der Anteil von Frauen in der Mitgliedschaft werde nun nicht automatisch hochschnellen, wer das erhofft habe, sei naiv. Spannende Perspektive!

CDU-Parteitagsbeschluss: Die Quote allein nützt nicht

Warum die Frauenquote in der CDU nicht ausreicht. Eine Analyse von Elisabeth Motschmann.

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Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Elisabeth Motschmann .

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Heute gratulieren wir herzlich:

Henning Baum, Schauspieler, 50

Sabine Christiansen, ehem. Fernsehmoderatorin und Präsidiumsmitglied des CDU-Wirtschaftsrats, 65

Sophia Loren, italienische Filmschauspielerin, 88

George R. R. Martin, US-amerikanischer Bestseller-Autor, 74

Jonas Nay, Schauspieler, 32

Ingo Schäfer, SPD-Bundestagsabgeordneter, 57

Saskia Weishaupt, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 29

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Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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