herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.
Unsere Themen heute:
Die steigenden Energie-Preise machen den deutschen Firmen zu schaffen - die Ampel sucht Lösungen. Wir wissen, wie die Diskussionen verlaufen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) macht einen Vorschlag für die Grundgesetzänderung zum 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen. Wir erklären ihn.
Wegen Corona ist das Parlamentspräsidium gerade stark dezimiert. Im Notfall könnte Wolfgang Schäuble wieder die Sitzungsleitung übernehmen.
Für fast eine halbe Milliarde Euro kauft der Bund nun noch einmal Medikamente gegen Corona. Wir erklären, um welche Präparate es geht.
SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann warnt vor den finanziellen Folgen des Ukraine-Krieges.
Wirtschaft unter Druck
In der Koalition steigt der Druck, eine Lösung für die Energiepreise zu finden. Eine Neuner-Gruppe der Koalition (wir berichteten) hat die Arbeit aufgenommen und will - wohl bis Ende der Woche - Vorschläge erarbeiten, wie Verbraucher und Unternehmen entlastet werden können.
Wie wir aus der Koalition hören, hat sich die Arbeitsgruppe am Dienstag zum ersten Mal ausgetauscht, nachdem es zunächst bei der Terminfindung stockte.
Das mögliche Volumen des Entlastungspakets und der dafür notwendigen zusätzlichen Kreditermächtigungen, die dafür in einem Ergänzungshaushalt vorgesehen werden sollen, ist noch nicht absehbar. 20, 30 oder am Ende 40 Milliarden?
Klar ist, dass es durch den Vorschlag von Christian Lindner zum Tankrabatt eher noch teurer wird. "Jetzt packen alle ihre Vorschläge drauf", heißt es in der SPD. Lindner habe sich, dem Haushalt und der FDP einen Bärendienst erwiesen.
Man kann heute noch nicht absehen, was das Entlastungspaket umfassen werde, wurde Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von Teilnehmern der Fraktionssitzung der SPD am Nachmittag zitiert.
Im aktuellen Politischen Bericht von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich heißt es:
Die Hilfen müssen schnell und gezielt wirken, bürokratisch unkompliziert sein – und vor allem Geringverdiener:innen entlasten.
Viel Zeit bleibt nicht. Anfang April soll der Ergänzungshaushalt vom Kabinett beschlossen werden, habe das Bundesfinanzministerium intern erklärt.
In der Partei- und Fraktionsführung der Grünen erwartet kaum jemand, dass das zweite Entlastungspaket noch in dieser Woche auf den Weg gebracht wird. Die Grünen pochen auf die Einführung eines Energiegeldes.
In wenigen Wochen wird der Bundestag erneut die Haushalts-Notlage feststellen müssen - und damit die Aussetzung der Schuldenbremse. Neben Corona wird es diesmal eine weitere Begründung geben: Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine.
Die Wirtschaft dringt derweil auf eigene Hilfen, man kennt die Instrumente schon aus der Pandemie: KfW-Kredite, Überbrückungshilfen, Kurzarbeit.
Hans Peter Wollseifer © ZDHHans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH), sagte, viele Firmen seien mit massiven Energie- und Materialpreissteigerungen konfrontiert, "wenn ihnen nicht gar durch die Sanktionen oder durch die massiven Störungen der Lieferketten ein Teil ihres Geschäfts wegbricht". Entlastungen würden dringend benötigt.
Er fordert niedrigere Energiesteuern: Die Strom- und Energiebesteuerung könne man "auf den jeweiligen EU-Mindestsatz senken", so der Handwerkspräsident uns gegenüber.
Das steht in den Gesetzentwürfen zum Bundeswehr-Sondervermögen
Christian Lindner © Maurice WeissDie Pläne für das Bundeswehr-Sondervermögen werden konkreter. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat dazu am Dienstag zwei Gesetzentwürfe in die regierungsinterne Abstimmung gegeben. Sie liegen unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vor.
Mit dem ersten will Lindner die Pläne für die Truppe im Grundgesetz verankern. In Artikel 87a soll der Bund ermächtigt werden, ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro „zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ einzurichten. Klargestellt wird, dass das Ganze von der Schuldenbremse ausgenommen ist.
Aus dem Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums © ThePioneerDas NATO-Ziel, mindestens zwei Prozent vom BIP für Verteidigung aufzuwenden, wird jedoch nicht erwähnt. Für Änderungen des Grundgesetzes ist in Bundestag und Bundesrat jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
Der zweite Entwurf ist das so genannte Errichtungsgesetz - kurz BwSVG. „Das Sondervermögen ist erforderlich, um Fähigkeitslücken der Bundeswehr zu vermeiden sowie Bündnisverpflichtungen zu erfüllen“, heißt es in dem Entwurf. „Aus dem Sondervermögen werden Ausgaben für komplexe überjährige Maßnahmen zur Ausstattung der Streitkräfte geleistet.“
Zusammen mit diesem Gesetz soll der Wirtschaftsplan des Sondervermögens beschlossen werden, der die einzelnen Rüstungsvorhaben enthalten soll. In Koalitionskreisen heißt es, der Wirtschaftsplan könne bis zum Abschluss der Haushaltsberatungen - also Ende Mai, Anfang Juni - ergänzt werden.
Kein Corona-Beschluss bei MPK zu erwarten
Bei der anstehenden Konferenz der Regierungschefs der Länder (MPK) am Donnerstag soll nach jetzigem Planungsstand kein Beschluss zum Thema Corona getroffen werden. Dies wird als nicht mehr zwingend notwendig gesehen, weil das Infektionsschutzgesetz nach dem 20. März nur noch wenig Raum für gemeinsames Handeln zulässt, vernehmen wir aus Unions- und SPD-Reihen.
© ThePioneerBeide Seiten reagieren zunehmend gefrustet aufeinander. Die Unionsseite bemängelt uns gegenüber das Verhalten der Ampel-Koalitionäre, die bei den anstehenden Entscheidungen die Länder zu wenig einbezögen. Die SPD nimmt die Unions-Seite als chaotisch und destruktiv wahr.
Unterdessen machen die meisten Bundesländer von der Übergangsfrist Gebrauch, mit der bis zum 2. April einige Maßnahmen weiterlaufen können. Dazu gehören unter anderem Niedersachsen, Berlin, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern.
So will Lauterbach die Milliarden-Lücke bei den Krankenkassen schließen
Karl Lauterbach © Anne HufnaglBundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will drohende Mehrbelastungen für Millionen gesetzlich Versicherte so weit wie möglich abwenden - unter anderem mit Steuerzuschüssen in Milliardenhöhe, einer Dämpfung der Arzneimittel-Ausgaben und einem Abschmelzen der Kassenrücklagen.
Das geht aus dem Entwurf für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hervor, den wir erhalten haben. Dem Vernehmen nach sind die Pläne allerdings vom Bundeskanzleramt angehalten worden.
Ohne zusätzliche Maßnahmen, heißt es in dem Entwurf, würde der durchschnittliche GKV-Zusatzbeitragssatz im Jahr 2023 von derzeit 1,3 Prozent um rund einen Prozentpunkt steigen - und danach um weitere 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte pro Jahr.
Lauterbach plant daher unter anderem:
Ab 2023 eine Anhebung des GKV-Bundeszuschusses um dauerhaft fünf Milliarden Euro auf 19,5 Milliarden Euro pro Jahr.
Rücklagen sollen abgeschmolzen werden; die des Gesundheitsfonds von derzeit 0,5 auf 0,25 Prozent einer Monatsausgabe, die der Kassen von 0,8 auf 0,6 Prozent.
Kostendämpfung bei Arzneimitteln. Dazu soll unter anderem das bestehende Preismoratorium verlängert werden.
Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Arzneimittel auf sieben Prozent - eine Maßnahme, die eine erhebliche Entlastung für die Kassen bedeuten würde.
Bund kauft für mehr als 400 Millionen Euro Anti-Corona-Medikamente
Der Bund kauft für mehr als 400 Millionen Euro weitere Anti-Corona-Medikamente. Das geht aus einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums für den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, die wir erhalten haben.
Unter den Präparaten sind auch solche, die besonders für ungeimpfte Risikopatienten geeignet sind. Laut Vorlage geht es um zusätzliche 432 Millionen Euro, die nun genehmigt worden sind.
Den Angaben zufolge handelt es sich um Lagevrio und Paxlovid. Diese Tabletten sollen die Virusvermehrung in der frühen Phase der Erkrankung hemmen. Gekauft werden mit Sotrovimab und Evusheld allerdings auch Präparate, die „eine Wirksamkeit gegen die derzeit dominierende Omikron-Variante des Virus erwarten lassen.“
Wegen Corona: Bundestagspräsidium diese Woche stark dezimiert
Abstimmung im Bundestag © dpaDas Bundestagspräsidium ist aktuell krankheitsbedingt stark dezimiert. Mit Katrin Göring-Eckardt von den Grünen und Petra Pau von der Linksfraktion stehen in der laufenden Plenarwoche nur noch zwei Mitglieder für die Sitzungsleitung zur Verfügung.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Vizepräsidentin Aydan Özoğuz (beide SPD) und Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sind mit dem Coronavirus infiziert. Auch Yvonne Magwas, die Vertreterin der CDU im Präsidium, hat sich krankgemeldet.
„Es ist wichtig, dass unser Parlament arbeitsfähig bleibt. Das stellen wir sicher“, sagten Göring-Eckardt und Pau unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner. „Die aktuelle Lage zeigt, wie wichtig Schutzmaßnahmen sind und bleiben.“
Göring-Eckardt und Pau haben vereinbart, sich in dieser Woche im Zwei-Stunden-Takt bei der Sitzungsleitung abzuwechseln. Für den Fall, dass es zu weiteren Ausfällen kommt, bietet Paragraph 8 der Geschäftsordnung eine Lösung: „Sind Präsident und Stellvertreter gleichzeitig verhindert, so übernimmt der Alterspräsident die Leitung.“
Sitzungsleitung im Bundestag © ThePioneerAlterspräsident ist in dieser Legislaturperiode der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (79) von der CDU. Es wird davon ausgegangen, dass das Bundestagspräsidium auch in der kommenden Woche, wenn das Plenum wegen der Haushaltsberatungen bereits am Dienstag beginnt, noch nicht vollzählig sein wird.
SPD-Innenexperte: Flüchtlingslage wird Kraftakt
Sebastian Hartmann © dpaDer SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann warnt vor den finanziellen Folgen des Flüchtlingsstroms aus der Ukraine für Deutschland: “Wir stehen vor einem nationalen Kraftakt. Die Erfahrung aus der Lage 2015 und 2016 lehrt, dass Bund und Länder gemeinsam auch die Kosten in den Blick nehmen müssen", sagte uns Hartmann.
Und weiter:
Unseren Kommunen sind rechtzeitig und ausreichend Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.
Die Hilfe sei ein "Akt europäischer Solidarität", so Hartmann, die auf allen Ebenen verlangt werde.
"Wichtig sind jetzt mit Blick auf Regelungen und Finanzen pragmatische wie unbürokratische Lösungen.”
Christian von Stetten hat als Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand (PKM) in der Unionsfraktion nun drei neue Stellvertreter: Von der CDU JU-Chef Tilman Kuban und den früheren Generalsekretär Paul Ziemiak und von der CSU den Finanzpolitiker Sebastian Brehm. Neu auf Beisitzerplätzen im Vorstand sind unter anderem die CDU-Abgeordneten Julia Klöckner, Steffen Bilger, Patricia Lips, Christoph Ploß, Christian Hirte und Mareike Wulf.
Die Grünen haben die Vorsitzenden der acht von ihnen geleiteten Parlamentariergruppen nominiert. Jürgen Trittin soll die Parlamentariergruppe USA führen. Renate Künast übernimmt die Deutsch-Südasiatische Parlamentariergruppe.
Grünen-Politikerin Renate Künast. © ImagoKordula Schulz-Asche ist für den Vorsitz der Gruppe Östliches Afrika vorgesehen. Lisa Badum übernimmt den Vorsitz der deutsch-griechischen Gruppe, Max Lucks den der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Bernhard Herrmann den der Gruppe Bulgarien-Moldau-Rumänien und Johannes Wagner soll die Gruppe Anden-Staaten leiten. Robin Wagener war bereits zuvor als Leiter der deutsch-ukrainischen Gruppe nominiert.
Angesichts des Kriegs in der Ukraine verzichten die Abgeordneten des Bundestages auf weiteren Austausch mit Parlamentsmitgliedern in Russland und Belarus. Zunächst soll keine deutsch-russische und keine deutsch-belarussische Parlamentariergruppe eingesetzt werden, hören wir aus Fraktionskreisen. Der Vorsitz in beiden Gruppen hätte nach einer interfraktionellen Einigung eigentlich der AfD-Fraktion zugestanden.
Am Donnerstag, 17. März 2022, wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj um 9 Uhr bei der Sitzung des Bundestages zugeschaltet - und eine etwa zwanzigminütige Rede an die Abgeordneten halten. Die Initiative dazu sei aus Kiew gekommen, hören wir, der Wunsch, eine Rede vor dem deutschen Parlament zu halten, an Bundestag und Bundesrat herangetragen worden.
Fragen an den Präsidenten oder eine Debatte im Anschluss sind nicht vorgesehen. Letzteres sorgte am Dienstag für Streit zwischen Ampel-Koalition und Union. CDU und CSU monierten, dass nach Selenskyjs Rede sofort zur Debatte über eine Corona-Impfpflicht übergegangen werden soll. Koalitionsvertreter verwiesen darauf, dass für den heutigen Mittwoch im Bundestag bereits eine Aktuelle Stunde zum Ukraine-Krieg geplant sei.
Auf - Arbeitsminister Hubertus Heil ist nicht nur geschätzter Verhandlungspartner innerhalb der Ampel-Koalition - er ist jetzt auch die entscheidende Person, bei der innerhalb der SPD-Seite die Vorschläge für Entlastungen bei den Energiepreisen zusammenlaufen. Der Grund ist einfach wie logisch: Die SPD will alle möglichen Maßnahmen auf sozialpolitische Effekte überprüfen - die Expertise Heils darf dabei nicht fehlen. Der Niedersachse ist unser Aufsteiger.
Ab - NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte sich für seinen Antrittsbesuch in Israel viel vorgenommen - eine Corona-Infektion stand gewiss nicht auf der Agenda. Nun sitzt der CDU-Politiker im Jerusalemer King David Hotel fest und regiert aus der Hotelzimmer-Quarantäne. Um aus der Isolation zu kommen, muss Wüst heute und morgen negative Tests vorlegen - so wollen es die strengen Quarantäneregeln in Israel. Die Ministerpräsidentenkonferenz wird Wüst also vom Nahen Osten aus leiten. Widrige Umstände - unser Absteiger.
Die EU scheut sich vor einem umfassenden Energie-Embargo gegen Russland. Damit vertue sie eine große Chance, meint Laura von Daniels, Forschungsgruppenleiterin "Amerika" der Stiftung Wissenschaft und Politik. In einem Gastbeitrag für The Pioneer analysiert die Politikwissenschaftlerin fünf gängige Behauptungen rund um die Abkehr von russischen Gas- und Ölimporten - und gibt eine klare Handlungsempfehlung. Lesenswert!
Der Verkehrssektor hat 2021 das offizielle Klimaziel der Bundesregierung um drei Millionen Tonnen CO2 überschritten. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) müsste eigentlich zügig ein Sofortprogramm vorlegen. „Doch so genau nimmt es die Regierung nicht mehr“, schreibt Daniel Delhaes im Handelsblatt. Demnach geht es der Regierung nun um strukturelle Maßnahmen und nicht mehr darum, dass das Klimaziel jedes Jahr eingehalten werde. Gute Einordnung!
Heute gratulieren wir herzlich:
Susanne Baumann, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, 57
Stefan Rößle, Mitglied im Parteivorstand der CSU, 59
Věra Jourová, tschechische Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz, erläutert das EU-Sendeverbot für die beiden russischen Auslandssender via Kabel, Satellit und Internet. Formell geht die Kommission nicht wegen der Inhalte gegen die Stationen vor, sondern weil deren Eigentümer auf EU-Sanktionslisten stehen. Russia Today und Sputnik klagen gegen das Verbot.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre