Wissings Bahn-Plan

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© The Pioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Bundesverkehrsminister Volker Wissing war am Donnerstag bei einem Hauptstadt-Live auf der Pioneer One. Mit der Deutschen Bahn hat der Minister so einiges vor.

  • Auch der gemeinsame Antrag zu Waffenlieferungen beendet nicht den Streit zwischen Union und SPD zum Sondervermögen für Militärausgaben. Wir wissen, worum es geht.

  • Die CSU präsentiert ihre Vorstellungen für eine Neuausrichtung der deutschen Rüstungspolitik. Wir haben die Details.

  • Nächste Woche ist das Ampel-Kabinett zur Kabinettsklausur in Meseberg verabredet. Es geht um die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs aber auch ums Teambuilding.

Wissings Bahn-Plan

Dieser Mann kann sich über Unterbeschäftigung im Augenblick nicht beklagen. Im vergangenen Herbst ist der FDP-Politiker als Generalsekretär seiner Partei einer der Architekten des Ampel-Koalitionsvertrags gewesen. Inzwischen führt Volker Wissing das Bundesministerium für Digitales und Verkehr.

Am Donnerstag war er an Bord unseres Redaktionsschiffs, stellte sich bei einem Hauptstadt-Live unseren Fragen zu seinen Themen.

Volker Wissing beim Hauptstadt-Live  © Anne Hufnagl

Eine seiner größten Herausforderungen im neuen Amt ist die Deutsche Bahn. Und das nicht nur, weil der Staatskonzern gerade Tag für Tag eine „Schienenbrücke“ über Polen in die Ukraine organisiert. Täglich rollen Züge mit Hilfsgütern in die Ukraine.

Dazu sagte Wissing:

Die Bahn erlebt eine Renaissance nicht nur vor dem Hintergrund des Klimawandels oder der Bekämpfung des Klimawandels, sondern auch vor dem Hintergrund, dass dieser Krieg uns vor Augen geführt hat, dass die Bahn für uns ein Sicherheitsfaktor ist.

Deutsche Bahn © imago

Früh in seiner Amtszeit hatte Wissing angekündigt, die Bahn besser und vor allem pünktlicher machen zu wollen. Tatsächlich ist der Staatskonzern ein Sanierungsfall: Verschuldung, Finanz- und Nachholbedarf sind hoch.

Die Bahn habe sich zwar in den letzten Jahren deutlich verbessert, meint der Minister. Es gebe jedoch "ein paar Dinge, die man noch besser machen kann und die wir auch jetzt besser machen wollen": Das mit der Pünktlichkeit zum Beispiel.

Pünktlich bei der Bahn gibt es dafür eine eigene Definition. Bis zu sechs Minuten Verspätung sind danach okay. Erst wenn es mehr wird, geht es in die offizielle Statistik ein. Wissing lässt hier neue Regeln prüfen. "Das muss man sich anschauen", sagt er.

Wissing dämpft jedoch die Erwartungen:

Ich glaube, wir werden nicht jede Verspätung vermeiden können, wir müssen auch ehrlich zueinander sein. Ich sehe einen großen Schlüssel darin, dass wir die Beeinträchtigung des Netzbetriebs durch Baustellen auf ein Minimum reduzieren.

Volker Wissing im Gespräch mit Rasmus Buchsteiner und Michael Bröcker © Anne Hufnagl

Diese Woche hat der Verkehrsminister das so genannte 9-Euro-Ticket durchs Kabinett gebracht als Teil des Entlastungspakets der Ampel.

Von Anfang Juni bis Ende August soll jeder für 9 Euro pro Monat im ÖPNV unterwegs sein können und zwar bundesweit. Am 19. Mai soll das Gesetz vom Bundestag beschlossen werden, einen Tag später vom Bundesrat.

Nur: Dass das Ganze ein Erfolg wird, ist keinesfalls sicher.

Verkehrsverbünde fürchten überbordende Bürokratie. Die Eisenbahner-Gewerkschaft EVG rechnet mit überfüllten Zügen und überlasteten Bahnhöfen. Wissing kennt diese Debatten:

Da sagen die Leute: Ja, was machen Sie denn, wenn dann plötzlich ganz viele fahren? Ich sage dann: Ich freue mich. Das war ja die Idee. Was wollen wir denn jetzt? Wollen wir, dass viele den ÖPNV nutzen? Oder wollen wir, dass die Züge leer sind?

Auch zum möglichen Nachfolger des scheidenden Bahn-Vorstands Ronald Pofalla mit Zuständigkeit für die Infrastruktur äußerte sich der FDP-Minister. Noch ist keine Entscheidung gefallen.

Offenbar erwägt Wissing als eine Option die Verkleinerung der obersten Führungsriege des Konzerns. Er denke über "ein paar Veränderungen in dieser Hinsicht nach".

Sondervermögen: Union gibt nicht nach

Auch nach dem gemeinsamen Antrag zu Waffenlieferungen für die Ukraine geht der Streit zwischen Ampel und Union um die Nutzung des geplanten 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens für die Bundeswehr weiter.

"Das Sondervermögen muss ausschließlich der Bundeswehr zugute kommen", sagte uns CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte.

Otte wandte sich damit gegen Forderungen von Grünen und SPD, das Geld auch in nicht-militärische Sicherheitsvorkehrungen zu investieren.

CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte.  © Imago

Zudem fordert der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Investitionen ins Heer gegenüber solchen in Luftwaffe und Marine zu priorisieren.

Entscheidend sei die Einsatzlage – "hier ist für die Stärkung der osteuropäischen Nato-Flanke im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung insbesondere das Heer gefordert", so der CDU-Politiker.

Das Verteidigungsministerium hatte bereits die Beschaffung von 35 US-Tarnkappen-Jets F-35 angekündigt.

Für die Aufnahme des Sondervermögens ins Grundgesetz ist die Ampel auf die Stimmen der Union angewiesen. Die Abstimmung im Bundestag ist für die zweite Maiwoche geplant.

Grüne richten ihre Sicherheitspolitik neu aus

Unter dem Eindruck des russischen Überfalls auf die Ukraine wollen die Grünen ihre Außen- und Sicherheitspolitik auf einem für Samstag in Düsseldorf geplanten kleinen Parteitag neu justieren.

Die Grünen-Chefs Ricarda Lang und Omid Nouripour. © Imago

In einer Resolution, die der Grünen-Bundesvorstand am Donnerstagabend beschloss und die uns vorliegt, fordern die Grünen unter anderem:

  • eine "Beschleunigung der Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine und dabei auch die Erweiterung der Lieferung auf schwere Waffen"

  • eine "gute Ausstattung der Bundeswehr zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit" auch, weil vom russischen Präsidenten Wladimir Putin auch in Zukunft Gefahr ausgehen werde

  • "weit mehr" Investitionen in Sicherheit worunter sie aber auch Cyber-Sicherheit und den Schutz kritischer Infrastruktur zählen

  • eine EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine etwas, für das sich Außenministerin Annalena Baerbock bisher nicht einsetzte.

Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato lehnen die Grünen nicht mehr grundsätzlich ab lediglich dessen Verankerung im Grundgesetz schließen sie aus.

Sondervermögen: CSU will Bundeswehr-Beschaffungsamt entmachten

Markus Söder bei Bundeswehrsoldaten © imago

Die CSU fordert, das Beschaffungsamt der Bundeswehr das BAAINBw bei den Ausgaben aus dem geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zu umgehen. Das geht aus dem Leitantrag für den kleinen Parteitag der Christsozialen an diesem Samstag in Würzburg hervor.

Notwendig sei eine „Sonderagentur, die zeitlich befristet für den Zweck der schnellen Umsetzung prioritärer Vorhaben aus dem Sondervermögen“ eingerichtet werde.

Mit Blick auf eine mögliche Unterstützung der Union für die Grundgesetzänderung, mit der das Sondervermögen abgesichert werden soll, stellt die CSU Bedingungen.

„Wir knüpfen unsere Zustimmung zu den 100 Milliarden Euro an die zweckmäßige und ausschließliche Verwendung für die Bundeswehr sowie die garantierte langfristige Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO“, heißt es in der Vorlage.

Die Munitionsbestände der Bundeswehr müssten gemäß der NATO-Vorgaben aufgefüllt sowie neue Systeme in den Bereichen Heer, Luftwaffe und Marine beschafft werden. Die Fähigkeit zur bodengebundenen Luft- und Drohnenabwehr müsse „durch eine eigene Truppengattung“ ausgebaut werden.

Ampel und Union fordern Importstopp von Uran

In ihrem gestern beschlossenen Antrag für Waffenlieferungen in die Ukraine sprechen sich die Fraktionen von Ampel und Union auch für einen EU-weiten Importstopp für russisches Uran aus.

Es ist eine Forderung, die den für Ende des Jahres geplanten deutschen Atomausstieg besiegelt, da bisher Russland zu den Hauptlieferanten des für Brennelemente benötigten Uran zählte.

Uran-Bergbau in der Region Kurgan, Russland.  © Imago

"Deutschland steigt Ende 2022 aus der Atomkraft aus. Die Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 benötigen bis zum Ende ihres Leistungsbetriebs am 31.12.2022 keine weiteren Kernbrennstoffe für die Energieversorgung", hieß es uns gegenüber aus dem zuständigen Bundesumweltministerium. Und weiter: "Daher wäre Deutschland und die hiesige Wirtschaft von einem Uran-Importverbot nicht unmittelbar betroffen."

Ob Ampel und Union mit ihrem Vorhaben Erfolg haben, ist indes fraglich: EU-Staaten, die an Kernkraft festhalten, setzen weiterhin auf Russland. Russland ist neben Niger der größte Uran-Exporteur in die EU.

CDU-Politiker warnt vor Waffenlieferungen an Ukraine

Der CDU-Politiker Jens Koeppen hat am Donnerstag im Bundestag gegen den gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, FDP und Union zur Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine gestimmt. „Die Rufe nach Waffenlieferungen sind emotional verständlich, aber aus meiner Sicht weder zielführend noch friedenstiftend“, sagte er. „Es gibt in Teilen der deutschen und internationalen Politik mittlerweile eine Kriegsrhetorik, die die Menschen beunruhigt und die ich mir nicht zu eigen mache.“

Für den Antrag stimmten 586 Abgeordnete. Koeppen war der einzige Parlamentarier aus den vier Antragsteller-Fraktionen, der mit Nein votierte. Bei den Grünen enthielten sich mit Canan Bayram und Corinna Rüffer zwei Parlamentarierinnen. Bei der FDP gab es eine Enthaltung von Ingo Bodtke.

Militärhilfe wird Länderthema

Wegen der angekündigten Militärhilfen für die Ukraine von über einer Milliarde Euro wollen nun auch die Länder in die politischen Konsequenzen mit einbezogen werden. Mehrere Länder regten an, dass der Bund bei dem nächsten Zusammentreffen der Länder im Kanzleramt am 5. Mai über die Hilfen berichten solle, erfuhren wir.

Unter anderem soll Sachsen-Anhalts Landesregierung Interesse angemeldet haben, dass der Bund detailliert über die Abläufe Rechenschaft ablegt.

Spiegel verstärkt sich mit bester Kollegin der Welt

In diesem Newsletter lesen Sie oft Meldungen, die schwer zu recherchieren und leicht aufzuschreiben sind. Jetzt ist es mal umgekehrt. Unsere politische Reporterin Marina Kormbaki wechselt zum 1.8. zum Spiegel ins Hauptstadtbüro und wird fortan dort die Grünen durchleuchten und die Außenpolitik analysieren. Dies erfuhren wir aus Teilnehmerkreisen der Vertragsverhandlungen.

Die beiden Autoren dieses Briefings, das ganze Hauptstadt-Team der Pioneers und überhaupt, wir alle, wünschen dir, liebe Marina, alles Gute bei diesem Schritt. Du wirst das alte Schlachtschiff Spiegel rocken, so wie du es auf der Pioneer One getan hast. Dem Spiegel gratulieren wir zu einer großartigen Kollegin im Team, die wir sehr vermissen werden.

Marina Kormbaki © Anne Hufnagl

© ThePioneer

Beim Deutschen Gewerkschaftsbund steht in der übernächsten Woche ein Führungswechsel an. Am 9. Mai 2022 soll mit der bisherigen SPD-Bundestagsabgeordneten Yasmin Fahimi erstmals eine Frau an die DGB-Spitze gewählt werden. Der bisherige Vorsitzende Reiner Hoffmann geht nach achtjähriger Amtszeit in den Ruhestand.

Zur Wahl kommen Delegierte aus den Einzelgewerkschaften in Berlin zu einem Kongress zusammen. Das genannte Parlament der Arbeit tagt vom 8. bis zum 12. Mai. Am ersten Tag wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet, am Tag darauf Bundeskanzler Olaf Scholz und am 10. Mai Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.

Kommende Woche sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Minister zu einer Kabinettsklausur verabredet am Dienstag und Mittwoch. Schauplatz ist nicht etwa das Kanzleramt, sondern das Gästehaus der Bundesregierung Schloss Meseberg vor den Toren Berlins. Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen sollen das zentrale Thema der Beratungen sein, hören wir. Allerdings soll das Ampel-Kabinett auch Zeit für Teambuilding haben.

Auf - Vizekanzler Robert Habeck hat einen Lauf: Mit angemessenem Selbstzweifel, kunstvoll verwackelten Handyvideos vor provisorischer Kulisse und einer Sprache, die irgendwie bürgernah klingt, zeigt er, wie Regierungskommunikation funktionieren kann. In dieser Woche legte Habeck in zwei Videos dar, warum er für Waffenlieferungen gestimmt hat und wie er die Abhängigkeit von russischem Öl senken will. Wir sagen: Gute PR ersetzt keine Politik aber ohne Kommunikation ist alles auch irgendwie nichts. Aufsteiger.

Ab - Um Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist es etwas ruhiger geworden, das dürfte den SPD-Mann aber auch gar nicht stören. Am Donnerstag aber musste Lauterbach einen fachlichen Verlust hinnehmen. Chef-Virologe Christian Drosten hat seinen Rückzug aus dem Sachverständigenrat bekanntgegeben. Lauterbach geht damit ein Wissenschafter verloren, dessen Ansichten sich in aller Regel mit denen des Ministers deckten. Entsprechend geknickt war Lauterbach heute unser Absteiger.

SZ-Parlamentskorrespondent Nico Fried geht dem Schweigen von Ex-Kanzlerin Angela Merkel in der Ukraine-Frage nach. "Frank-Walter Steinmeier gab Fehler zu, Gerhard Schröder tat es explizit nicht von den früheren Entscheidern der deutschen Russlandpolitik hat sich nur Angela Merkel kaum geäußert. Wird es dabei bleiben?", fragt Fried und mutmaßt: "Denkbar ist, dass Merkel in dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine als Vermittlerin ins Gespräch kommt. Entsprechende Vorschläge hat es in den vergangenen Wochen schon gegeben." Lesenswert!

Im Zuge der Konfrontation mit Russland vollzieht die Bundesregierung auch in der China-Politik einen Schwenk, beobachtet Moritz Koch, Leiter des Handelsblatt-Büros in Brüssel. "In erstaunlichem Tempo korrigiert die Ampelkoalition die strategischen Weichenstellungen der vergangenen Jahrzehnte. Das gilt nicht nur für die energiewirtschaftliche Kooperation und Ausgleichsbemühungen mit Russland, sondern auch für die Beziehungen zu China." Spannende Beobachtung!

Heute gratulieren wir herzlich:

Anja Karliczek, ehem. Bundesbildungsministerin und CDU-Bundestagsabgeordnete, 51

Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, 40

Dennis Radtke, CDU-Europaabgeordneter und Pioneer Expert, 43

Stephanie Aeffner, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 46

Reinhard Houben, FDP-Bundestagsabgeordneter, 62

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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