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Unsere Themen heute:
Süße Soft-Drinks erhöhen das Risiko, zuckerkrank zu werden. Die Koalition legt nun eine Anti-Diabetes-Strategie auf, verzichtet aber auf ein ehrgeiziges Ziel zur Reduktion von Zucker in diesen Getränken.
Die Unterstützung für den angeschlagenen Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor wächst, mehrere Kreisverbände stellen sich hinter ihn.
Die FDP im Bund war erst gegen die Erhöhung des Rundfunkbeitrags, in den Ländern stimmte sie dann doch dafür. Nicht alle finden das gut.
Diabetes-Strategie: So endet der Zucker-Zoff in der Koalition
Union und SPD schwächen ihre Pläne für eine Nationale Diabetes-Strategie ab und verzichten auf ehrgeizige Vorgaben für weniger Zucker in Soft-Drinks wie Cola oder Fanta. Das geht aus einem Antrag der Koalitionsfraktionen hervor, der unserem Chefkorrespondenten Rasmus Buchsteiner vorliegt und voraussichtlich am 2. Juli vom Bundestag beschlossen werden soll.
In einer früheren Textfassung aus dem vergangenen Jahr fanden sich mit Blick auf Soft-Drinks noch folgende Passage: „Zuckergesüßte Getränke werden insbesondere von Kindern und Jugendlichen konsumiert (…) Wie von Krankenkassen gefordert, muss hier eine Reduktion des Anteils an zugesetztem Zucker von 50 Prozent das Ziel sein.“
50 Prozent weniger würden bedeuten, dass in einem Glas Coca-Cola, das nach Konzernangaben aktuell 27 Gramm Zucker enthält, nur noch 13,5 Gramm enthalten wären. 13,5 Gramm entsprechen gut vier Stück Würfelzucker.
Widerstand aus der Unionsfraktion
Im finalen Antrag, den die Koalition jetzt ins Parlament einbringen will, sind die Formulierungen nun deutlich abgeschwächt - gegen den Willen der Gesundheitspolitiker der Koalition. Hintergrund ist, dass Wirtschafts- und Agrarpolitiker der Union ihr Veto gegen fixe Vorgaben eingelegt hatten.
Die Reduktion von Zucker in Erfrischungsgetränken sei ein wichtiges Ziel, heißt es. „Branchenbezogen ist bis Ende 2025 eine freiwillige Zuckerreduktion von 15 Prozent vereinbart worden“, heißt es nun im Papier, das der Bundestag beschließen soll. Die ersten Ergebnisse aus dem Monitoring durch das bundeseigene Max-Rubner-Instituts würden „substantielle Fortschritte“ belegen.
Somit sind 50 Prozent weniger Zucker für die große Koalition nicht mehr das erklärte Ziel. Die Bundesregierung wird lediglich aufgefordert, sich „für eine Ausweitung des Engagements der Branche einzusetzen und die Forderungen der Krankenkassen und wissenschaftlichen Fachgesellschaften zu prüfen“. Mehr über die Hintergründe des Streits lesen Sie hier.
1. Regierungsflüge mit (wenigen) Hindernissen
Die Mitglieder der Bundesregierung müssen sich bei ihren gerade wieder begonnenen Auslandsflügen auf wenige Einschränkungen zum Schutz vor Corona-Infektionen einlassen. So besteht etwa für die Besatzung “aufgrund der Flugsicherheit keine Mund-Nasen-Bedeckungspflicht innerhalb des Cockpits. Bei Verlassen des Cockpits ist die MNB anzulegen", heißt es im Geschwaderbericht der Luftwaffe für die Flugbereitschaft.
Auch bei der Anzahl der Reisenden besteht lediglich eine Art freiwillige Selbstverpflichtung zur Beschränkung - mehr nicht: "Die Verteilung der Sitzplätze sollte, sofern es die Delegationsgröße zulässt, unter Beachtung der Abstandsgebote erfolgen. Von einer generellen Sperrung einzelner Sitzplätze wird abgesehen”, heißt es in dem Bericht.
Außenminister Heiko Maas (SPD) bei Ankunft in Sofia/Bulgarien am vergangenen Donnerstag © dpaEntsprechend werden die Passagiere bei der Ansage im Flugzeug auch nur gebeten, wenigstens bei Service und bei Bewegung in der Kabine einen Mund-Nasenschutz aufzusetzen. In der Bundesregierung hat Außenminister Heiko Maas (SPD) als erster wieder begonnen zu reisen - er bereitet im Eiltempo die EU-Ratspräsidentschaft vor. Wir sind nach Österreich und Bulgarien dem Minister hinterher geeilt - hier lesen Sie den Artikel.
2. CDU-Kreisverbände unterstützen Amthor
Heute Abend entscheidet sich die Zukunft des wegen der Lobbytätigkeit für das US-Start-up Augustus Intelligence angeschlagenen Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor. Der Jungstar der Konservativen will Vorsitzender der CDU in Mecklenburg-Vorpommern werden. Doch nach den Enthüllungen über seine Werbung für das Unternehmen, für das Amthor zwischenzeitlich Aktienoptionen hatte, ist der Hoffnungsträger der Nordost-CDU unter Druck.
Der kommissarische CDU-Landesvorsitzende Eckhardt Rehberg hatte Amthors Verhalten als "nicht gerade klug und clever" kritisiert. Rehberg gehörte in der Kandidatensuche für den Vorsitz nicht zu den Unterstützern Amthors. Seine Favoritin war die Justizministerin des Landes, Katy Hoffmeister, die allerdings ihren Verzicht auf die Kandidatur gegenüber Amthor erklärt und ihm die Unterstützung zugesichert hatte. Mitglieder des Landesvorstands erinnern nun daran, dass Hoffmeister dies ja freiwillig und ohne Druck aus der Partei getan habe.
Philipp Amthor © dpaFünf von acht Kreisverbänden in Mecklenburg-Vorpommern haben sich inzwischen für Amthor als Kandidaten ausgesprochen, zwei davon auch nach Bekanntwerden der Affäre. "Im Landesvorstand war immer die Mehrheit pro Amthor, aber die Sitzung heute Abend kann natürlich eine Eigendynamik entwickeln", sagt ein Landesvorstand.
Gerüchten zufolge erwägt Hoffmeister doch als Kandidatin für den Landesvorsitz anzutreten, Mitglieder ihres Kreisverbands hätten sie dazu ermuntert.
3. Rundfunkbeitrag: FDP erst dagegen, dann dafür
Die Bundestagsfraktion der FDP hat sich in einem Antrag vor zehn Tagen explizit gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausgesprochen, doch an diesem Mittwoch stimmten bei der Ministerpräsidentenkonferenz auch die drei FDP-mitregierten Länder Schleswig-Holstein, NRW und Rheinland-Pfalz der Erhöhung zu. Ein liberaler Bundestagsabgeordneter wundert sich nun über die "Koordination" und spricht von einem "Glaubwürdigkeitsproblem".
In der NRW-FDP gab es im Landesvorstand vor einer Woche eine hitzige Diskussion zu dem Thema. Der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hatte sich positiv zum Veto der Fraktion geäußert und die Haltung des Landesverbands thematisiert. Schäffler hält eine Erhöhung der Gebühren im digitalen Informationszeitalter für unzeitgemäß. Sein Bezirksverband in Ostwestfalen-Lippe hatte sich dagegen ausgesprochen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erhält aus den Gebühreneinnahmen pro Jahr mehr als acht Milliarden Euro für seine mehr als 20 Rundfunk- und 70 Fernsehprogramme.
Joachim Stamp, Vize-Ministerpräsident in NRW © dpaAuch Axel Hoffmann, ehemaliger Mitarbeiter des Landesvorsitzenden Jürgen W. Möllemann, wunderte sich in der Sitzung über die unterschiedliche Haltung der Bundestagsfraktion und der Länderparteien. Der FDP-Landeschef und stellvertretende Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, Joachim Stamp, sprach sich dann aber dagegen aus, das Thema hoch zu ziehen und die geplante Erhöhung um 86 Cent auf 18,36 Euro pro Monat abzulehnen.
Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff unterstützte dies und warnte in der Sitzung Teilnehmern zufolge davor, der schwarz-gelben Landesregierung in Düsseldorf in den Rücken zu fallen. Das Thema wurde abgeräumt. In Rheinland-Pfalz wehrte sich Volker Wissing gegen eine Blockadehaltung im Bundesrat. Seine Landesregierung sitzt in Mainz, der Heimat des ZDF.
So blieb die Oppositionspartei FDP beim Thema Rundfunkgebühr auf Schmusekurs zur Koalition. Den in der Fraktion beschlossenen Antrag brachten die Liberalen nicht mehr in den Bundestag ein.
So bewertet der DGB die Mehrwertsteuersenkung © The PioneerDer Deutsche Gewerkschaftsbund warnt vor überzogenen Erwartungen an die geplante, auf sechs Monate befristete Absenkung der Mehrwertsteuer. „Selbst, wenn bestimmte Unternehmen die geringeren Preise weitergeben, wird dies allenfalls bei langlebigen Konsumgütern zu so signifikanten Preissenkungen führen, dass eine Ausweitung der Nachfrage spürbar wäre“, heißt es in einer DGB-Stellungnahme für eine Anhörung am Montag im Finanzausschuss des Bundestages, die uns vorliegt. „Es ist naheliegend, dass eher Verbraucher mit hohen und sicheren Einkommen in der gegenwärtig unsicheren Lage solche Anschaffungen tätigen werden. Bei vielen Verbrauchern werden die absolut geringen Einsparungen durch die geringere Mehrwertsteuer eher die Sparquote erhöhen.“
Das Bundeswirtschaftsministerium will sich in den kommenden Monaten auf europäischer Ebene für die Stärkung des "Binnenmarkts als das Herzstück der EU" und die Steigerung der "Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft" einsetzen und plant dafür eine Reihe von hochrangigen Konferenzen. Das geht aus dem Sitzungsprotokoll des Ausschusses für Wirtschaft und Energie vom 17. Juni hervor.
Demnach will Minister Peter Altmaier (CDU) zusätzlich zu den Ratssitzungen in Brüssel seine Amtskollegen am 5. Oktober über die Europäische Energiepolitik in Berlin diskutieren lassen und am 21. Oktober zur Konferenz über das öffentliche Auftragswesen einladen. Am 16. und 17. November soll es in Berlin um die Zukunft der kleinen und mittelständischen Unternehmen gehen, am 23. und 24. November lädt der CDU-Minister zur "Batteriezellkonferenz".
Auf und Ab mit Sabine Sütterlin-Waack und Barbara Junge © The Pioneer / Henning Schmitter / David Oliveira/taz/dpaAuf - Die 212. Innenministerkonferenz kommt heute zum Abschluss und eine Konstante bleibt: Frauen sind hier selten gesehen. So auch dieses Mal: CDU-Politikerin Sabine Sütterlin-Waack ist die Einzige in der Runde - um sie herum 16 Minister mit vielen Herren Staatssekretären im Schlepptau. Dabei ist die Ex-Justizministerin aus Schleswig-Holstein selbst erst seit vor anderthalb Monaten Innenministerin geworden, weil ihr Vorgänger Hans-Joachim Grote (CDU) zurückgetreten war. Innenpolitik darf allerdings nicht nur Männern überlassen werden, finden wir, und wünschen Sabine Sütterlin-Waack viel Erfolg in Kiel. Ihr erste Konferenz scheint schon mal gut verlaufen zu sein. „Vielleicht waren ja die öffentlichen Reaktionen auf die letzten IMK-Gruppenfotos mit ein Grund dafür, dass die Kollegen mich so nett in ihre Runde aufgenommen haben“, sagte uns die 62-Jährige. „Wir haben bei dieser Konferenz jedenfalls ordentlich was geschafft.“
Ab - Die Berliner Tageszeitung ist bekannt für klare, linke Positionen, kreative Titelseiten und leidenschaftlichen Journalismus. Vor allem positionieren sich die KollegInnen gegen Hass und Hetze. Was sich die taz mit dem Text von Hengameh Yaghoobifarah - "All cops are berufsunfähig" - nun erlaubt hat, ist allerdings selbst Hetze und nur schwer erträglich. Darin werden Polizisten in die Nähe von Nazis gerückt und darüber philosophiert, was man mit Polizisten tun könnte, wenn man sie abschafft. In Baumärkte und an Tankstellen könne man sie nicht bringen, weil man dort ja Bomben oder Brandsätze bauen könnte, heißt es. Gartencenter gehe auch nicht, "zu nah an völkischen und Naturlandideologien". Schlussfolgerung: "Die Mülldeponie", da seien die Polizisten "unter ihresgleichen". Das Echo kam prompt: Die Gewerkschaft der Polizei stellte Strafanzeige wegen Verhetzung. Der Hamburger Polizeipräsident legte Beschwerde beim Presserat ein. Und was macht die Chefredakteurin der taz, Barbara Junge, die sowohl den Text hätte verhindern als auch Yaghoobifarah vor sich selbst hätte schützen müssen? Sie bedauert und verharmlost. "Satire darf fast alles." Das stimmt, aber muss sie auch aufwiegeln?
Unsere Leseempfehlungen für heute:
„Stephan E. hebt seine rechte Hand, streckt den Arm auf Brusthöhe durch. Tut so, als hielten seine Finger einen Revolver. Dann drückt er ab, reißt die Hand ein Stück nach oben, wie getrieben vom Rückstoß. ‚Er hat meinen Schatten wahrgenommen’, sagt er über Walter Lübcke, den der Schuss, den er simuliert, in den Kopf traf.“ Mit diesen Zeilen beginnt der Prozessbericht von Martín Steinhagen für die Zeit, in dem er den Prozesstag beschreibt, an dem der Angeklagte im Mordfall Walter Lübcke zu Wort kommt - ein erschütterndes Zeitdokument.
"Frauen: Lasst die Vollzeit! Und Männer: Ihr auch!“, heißt der kluge Essay, mit dem die Journalistin Julia Schaaf von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung nun den Theodor-Wolff-Preis in der Kategorie „Meinung“ gewonnen hat. Eine sehr persönliche Betrachtung über Elternschaft und Berufstätigkeit. Schaaf beschreibt Familienalltag im Zweiverdienermodell, in dem ihrer Einschätzung nach sowohl Väter als auch Mütter „unter Dauerstrom“ stehen, während die Kinder lernen zu funktionieren. Das alles ist als Gegenrede an jene formuliert, die meinen, allen wäre gedient, wenn nur mehr Frauen aus Teil- in Vollzeitjobs wechseln würden. „Teilzeit ist nicht unser Problem“, schlussfolgert Schaaf. „Die Vollzeitnorm macht Familien das Leben schwer.“ Starke Analyse!
Heute gratulieren wir zum Geburtstag:
Sebastian Steineke, Bundestagsabgeordneter (CDU), 47
Michael Güntner, Staatssekretär im Verkehrsministerium, 47
Nico Lumma, Unternehmer und SPD-naher Netzexperte, 48
Stephan Thomae, Bundestagsabgeordneter (FDP), 52
Christine Lambrecht, Justizministerin (SPD), 55
Thomas Jurk, Bundestagsabgeordneter (SPD), 58
Am Samstag gratulieren wir zum Geburtstag:
Andrea Nahles, ehemalige Bundesarbeitsministerin und SPD-Chefin, 50
Und am Sonntag gratulieren wir:
Joachim Stamp (FDP), Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration in Nordrhein-Westfalen, 50
In der SPD-Bundestagsfraktion kündigen sich für die Zeit nach dem Jahr 2021 zwei weitere Veränderungen in den Wahlkreisen an: Die sächsische Parteilinke Daniela Kolbe wird für die kommende Legislaturperiode nicht mehr kandidieren, genauso Gustav Herzog aus Rheinland-Pfalz. Kolbe war seit 2009 Abgeordnete in Berlin, Herzog seit 1998.
Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik erhält zwei neue Kuratoriumsmitglieder: Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) wird aufrücken, ebenso wird Claudia Derichs, Professorin für Asienwissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin Mitglied in dem Gremium. Beide Personalien hat das Bundeskabinett am vergangenen Mittwoch bestätigt. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik mit Sitz in Bonn berät die Bundesregierung in Entwicklungsfragen, forscht und bildet aus.
Das letzte Wort von Siemtje Möller © The PioneerIhre Informationen für uns © Media PioneerSie sind ein Insider und haben einen vertraulichen Tipp, den Sie mit der Redaktion des Hauptstadt Briefings teilen wollen? Oder eine sensible Neuigkeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen! Lesen Sie hier mehr darüber, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen können.
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