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Unsere Themen heute:
Sie waren Antipoden in der Corona-Krise - nun verbünden sich Markus Söder (CSU) und Armin Laschet (CDU). Der gemeinsame Gegner heißt Friedrich Merz (CDU).
Im Bundeshaushalt 2021 sind gut 1,5 Milliarden Euro für neue Bahnstrecken vorgesehen. Zu wenig. Zumindest, wenn man es mit dem Bedarf vergleicht, den die Regierung kürzlich erst beziffert hat.
Kurzarbeitergeld wird bei der Steuer berücksichtigt. Das Finanzministerium verteidigt diese Praxis. Wir wissen, wie.
Das Machtbündnis
In der Corona-Bekämpfung gelten die beiden als Antipoden. Im CDU-internen Machtkampf um den Vorsitz der CDU steht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder allerdings NRW-Regierungschef Armin Laschet näher als viele denken.
Drei Gründe sprechen dafür, dass Söder seinen Amtskollegen als neuen CDU-Vorsitzenden favorisiert.
Söder stellt Laschet-Biografie vor
Die Zusage kam prompt. Nächste Woche Mittwoch, nach der Ministerpräsidentenkonferenz im Kanzleramt, stellt Söder im Haus der Bundespressekonferenz die neue Biografie Der Machtmenschliche über Armin Laschet vor. Der NRW-Regierungschef wird zwar selbst nicht anwesend sein, Söder wird trotzdem mit den Autoren Moritz Küpper (Deutschlandfunk) und Tobias Blasius (WAZ) über Armin Laschet sprechen.
Die neue Laschet-Biografie. "Der Machtmenschliche" © dpaDer Verlag Klartext hatte den bayerischen Ministerpräsidenten angefragt, Söder sagte zu. Wohlwissend, dass damit eine Botschaft in die eigenen Truppen gesetzt ist: Der CSU-Ministerpräsident hat keine Probleme mit seinem Amtskollegen aus Düsseldorf.
Vor Corona gab es enge Bande zwischen NRW und Bayern
In der Corona-Pandemie setzten die beiden Ministerpräsidenten unterschiedliche Akzente und stichelten in Interviews gegen die Politik des jeweils anderen. Der eine wollte schneller öffnen, der andere länger Vorsicht walten lassen. Inhaltlich waren die Maßnahmen am Ende dann trotzdem weitgehend einheitlich. Und einen tieferen Konflikt zwischen dem 53-jährigen Juristen aus Nürnberg und dem 59-jährigen Juristen aus Aachen gebe es ohnehin nicht, heißt es in Düsseldorf und in München.
Im Gegenteil: Vor der Pandemie arbeiteten die Landesregierungen eng zusammen und stimmten sich vor Ministerpräsidentenkonferenzen ab. Im März 2019 nahm das NRW-Kabinett geschlossen unter der Leitung von Armin Laschet erstmals an einer Kabinettssitzung in München teil. „In Nordrhein-Westfalen und Bayern leben zusammen rund 40 Prozent der Deutschen. Wir wollen bei wichtigen Themen gemeinsam Vorreiter sein und an einem Strang ziehen", erklärte Laschet damals. In seinem Landtagswahlkampf 2017 hatte der CDU-Landeschef immer wieder Bayern als Vorbild für Nordrhein-Westfalen genannt.
Söder betonte nach der gemeinsamen Kabinettssitzung ebenfalls die Gemeinsamkeiten: „Bayern und Nordrhein-Westfalen sind die einwohner- und wirtschaftsstärksten deutschen Bundesländer. Zusammen repräsentieren wir fast 40 Prozent der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung. Nordrhein-Westfalen und Bayern teilen die Erfahrung eines umfassenden Strukturwandels aufgrund technologischer Umbrüche."
Aus dem Treffen entstand ein gemeinsamer Digitaldialog. Der Gegenbesuch der bayerischen Landesregierung in Düsseldorf fiel der Corona-Pandemie zum Opfer, soll aber nachgeholt werden. Die Chefs der Staatskanzleien, aber auch die Ministerpräsidenten sind in regelmäßigem Austausch miteinander.
Söder und Merz können nicht miteinander
Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Laschet und Söder haben sich beide gegen CDU-Kandidat Friedrich Merz verschworen. Ein Vertrauter Söders in der CSU betont, dass sich Söder zwar die Kanzlerkandidatur im Frühjahr 2021 grundsätzlich offen halten will, aber ihm Laschet als CDU-Vorsitzender deutlich lieber sei. Das Verhältnis zwischen Söder und Merz sei "nicht mehr als eine Arbeitsbeziehung", berichtet der Mann.
Auch habe Söder stets einen guten Draht zu Jens Spahn gehalten, der mit Laschet im Team antritt. "Jens Spahn ist der Liebling der CSU", hatte vor zwei Jahren der Söder-Vertraute und frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber gesagt.
Zu Besuch in Bayern: Jens Spahn und Markus Söder 2018 vor der Kabinettssitzung in München. © dpaIm Februar dieses Jahres stichelte Söder gegen den angeblich rückwärtsgerichteten Merz in der Talkshow von Anne Will. Auf die Frage nach dem Profil eines Unions-Kanzlerkandidaten, sagte Söder: "Ich glaube, dass auch ein Programm da sein muss. Kein Programm zurück. Es wird nicht reichen zu sagen, wir machen es wie vor 20 Jahren. Wir müssen einen progressiven Ansatz finden für die Herausforderungen unserer Zeit."
Man darf davon ausgehen, dass Markus Söder kommende Woche viel Lob im Gepäck hat, wenn er die Biografie Laschets vorstellt. Ein mehr als deutlicher Fingerzeig.
1. Zu wenig Geld für Ausbau der Bahn-Infrastruktur
Das Kabinett hat an diesem Mittwoch den Bundeshaushalt von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für 2021 auf den Weg gebracht. Wir haben uns das fast 3300 Seiten umfassende Dokument einmal genauer angeschaut - und zwar mit Blick auf das Thema Infrastruktur. 2021 soll Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) 1,56 Milliarden Euro für Aus- und Neubau von Bahnstrecken zur Verfügung haben - etwa 60 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr.
Tatsächlich hatte die Regierung den Finanzbedarf für notwendige Investitionen in diesem Bereich zuletzt auf 74 Milliarden Euro bis zum Jahr 2040 beziffert. Das entspricht im Schnitt rund 3,7 Milliarden Euro pro Jahr - deutlich weniger als nun für 2021 eingeplant ist.
Grünen-Chefhaushälter Sven-Christian Kindler sagte uns, dass die Regierung den Bedarf kenne und dennoch nicht einmal die Hälfte der notwendigen Mittel bereitstelle, sei „ein verkehrspolitischer Offenbarungseid“.
2. Gute Noten für GroKo bei Lobbyisten
Die große Koalition ist durch ihr Krisenmanagement in der Corona-Pandemie im Ansehen bei 380 Public-Affairs-Verantwortlichen der Unternehmen und Verbände gestiegen. Während die Bundesregierung 2019 noch die schlechteste Bewertung der letzten zehn Jahren erhalten hat, überzeugt sie in einer aktuellen Umfrage der Berliner Beratungsfirma MSL Gruppe.
Mehr als zwei Drittel der befragten Lobbyisten und Unternehmensrepräsentanten bewerteten die Leistung der Koalition mit „gut“ bzw. „sehr gut“. Durchweg schlecht wird die Arbeit der Oppositionsfraktionen FDP, Die Linke und AfD beurteilt. Überzeugen konnten hingegen die Grünen; die Fraktion erhält mit einem Zustimmungswert von 73 Prozent eine mehrheitlich positive Bewertung.
Negativ wird die Arbeit der Bundesregierung in den Feldern Verkehrspolitik, Bildungs- und Forschungspolitik, Energie sowie Ernährungs- und Landwirtschaft bewertet: Mehr als die Hälfte der Befragten bewerteten die Arbeit in diesen Politikfeldern als „schlecht“ oder sogar als „sehr schlecht“. Deutlich positiver fällt das Urteil in den Feldern EU-Politik, Außenhandel und Wirtschaft aus.
Spitzenreiter ist die Gesundheitspolitik. 98 Prozent der Befragten bewerten die Leistung auf dem Feld von Minister Jens Spahn (CDU) als „gut“ beziehungsweise. „sehr gut“.
© The Pioneer / Anne Hufnagl3. Kurzarbeit: Ministerium verteidigt Berücksichtigung bei der Steuer
Der Umgang mit Kurzarbeitergeld bei der Steuer sorgt immer wieder für Verwirrung. Das Finanzministerium stellt nun in einem „Erklärpapier“ klar, dass Kurzarbeitergeld wie andere Lohnersatzleistungen steuerfrei ist, aber berücksichtigt wird, wenn es um die Bestimmung des individuellen Steuersatzes geht. Alles andere wäre „den übrigen Steuerpflichtigen gegenüber ungerecht”, heißt es in dem Dokument, das uns vorliegt.
Das Kurzarbeitergeld und die Steuer - ein "fiktives Beispiel" aus einem "Erklärpapier" des Bundesfinanzministeriums © ThePioneer„In einzelnen Fällen kann es zu Steuernachzahlungen kommen, weil der unterjährige Lohnsteuerabzug nicht ausgereicht hat“, so das Finanzministerium. Allerdings werden Lohnersatzleistungen wie das Kurzarbeitergeld frühestens im Folgejahr berücksichtigt. Generell gelte: Je länger die Kurzarbeit, desto geringer das steuerpflichtige Einkommen, desto geringer die Steuern, die fällig werden.
Protokollerklärung von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) © ThePioneerBundesumweltministerin Svenja Schulze hält die Ökostrom-Reform von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nicht für ausreichend. Die SPD-Politikerin stimmte den EEG-Plänen ihres Kabinettskollegen am Mittwoch zwar zu, gab jedoch eine Protokollerklärung ab. In dem Dokument, das wir vorliegen haben, erklärt Schulze, sie sehe "in wesentlichen Punkten" noch weitergehenden Handlungsbedarf.
Nach Altmaiers Plänen soll der Ökostrom-Anteil 2030 bei 65 Prozent liegen. Schulze reicht das nicht. Da die Europäische Union inzwischen ihre Klimaziele erhöht habe, müssten auch die Ausbauziele für Erneuerbare Energien in Deutschland angehoben werden, gab die Ministerin zu Protokoll.
Am 28. und 29. September tagt das Parlamentarische Kontrollgremium, das für die Arbeit des Europäischen Polizeiamts Europol zuständig ist. Bei der Videokonferenz werden auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und EU-Innenkommissarin Ylva Johansson mit von der Partie sein. Für den Bundestag nehmen die Abgeordneten Susanne Mittag (SPD) und Hans Jürgen Irmer (CDU) teil, für den Bundesrat Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Schwerpunkt der Beratungen soll der Kampf gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus in der Europäischen Union sein.
© The PioneerAuf - Der Seeheimer Kreis - jene Gruppierung in der SPD-Bundestagsfraktion, die so oft mit dem Label konservativ betitelt wird - macht mal wieder von sich hören. Diesmal starten die Abgeordneten einen klugen Vorstoß zur Steuerpolitik. Demnach soll nicht nur der Soli komplett abgeschafft werden. Geht es nach den Seeheimern, soll der Spitzensteuersatz von 42 Prozent, der heute bereits bei einem zu versteuernden Einkommen von etwa 55.000 Euro greift, erst ab 90.000 Euro fällig werden. Bei Einkommen oberhalb von 125.000 Euro wären es künftig 45 Prozent. „Wir haben die Mehrheit im Blick“, sagt Seeheimer-Chefin Siemtje Möller dazu. Für sie geht es aufwärts.
Ab - Der Minister habe sich „wegen der Covid-19-Infektion eines Mitgliedes seines Personenschutzkommandos in Quarantäne gemäß des Infektionsschutzgesetzes begeben“, hieß es am Mittwoch aus dem Auswärtigen Amt. Ein erster Test sei negativ gewesen. Minister Heiko Maas muss nun einige Tage im Homeoffice bleiben. In der Welt der Diplomatie war der SPD-Politiker zuletzt ohnehin kaum präsent. Kaum zündende Ideen, keine Aufsehen erregenden Missionen - Maas ist als Außenminister Mittelmaß. Dabei ist dieses Amt wie kaum ein anderes dazu geeignet, auf der Weltbühne nicht nur zu glänzen, sondern auch mal mit durchdachten Initiativen zu überraschen. Für den Minister geht es abwärts.
Es ist nicht unerheblich, welchen Rat Wissenschaftler der Politik geben. Selten ist das so deutlich geworden wie jetzt in der Corona-Zeit. Tina Hildebrandt und Elisabeth Raether von der Wochenzeitung Die Zeit haben dazu ein erhellendes Interview mit vier deutschen Top-Wissenschaftlern geführt. Im Laufe des Gespräch sagt der Potsdamer Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, er finde es „mutig“ von Christian Drosten, auch mit nicht gesicherter wissenschaftlicher Evidenz der Gesellschaft zu empfehlen, über eine kürzere Quarantänezeit nachzudenken. „Er könnte ja auch warten, bis alles völlig gesichert ist, und dann sagen: Ja, ich hatte wohl recht. Sollen die anderen sich die Nase blutig schlagen“, analysiert Schellnhuber. „Aber ich glaube, wenn ich der Gesellschaft etwas mitzuteilen habe, muss ich das tun.“ Streitbar!
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Anna Christmann, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 37
Matthias Kollatz, SPD-Politiker und Finanzsenator von Berlin, 63
Oliver Wittke, CDU-Bundestagsabgeordneter, 54
Kirsten Tackmann, Linken-Bundestagsabgeordnete, 60
Lothar Riebsamen, CDU-Bundestagsabgeordneter, 63
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Mitglieder des neuen Sozialbeirats bestimmt und folgte damit dem Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Die Arbeitgeberseite wird in Zukunft vertreten durch Alexander Gunkel und Christian Amsinck. Christoph Ehlscheid und Hans Werner Veen werden in Zukunft für die Versicherten dem Gremium angehören. Die Professorinnen Ute Klammer und Constanze Janda werden die Vertreterinnen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Alle Mitglieder sind auf vier Jahre als Mitglieder des Gremiums bestimmt.
© The PioneerÜberraschung in Dortmund und ein schwarz-grünes Signal an die Bundespolitik. Die Grünen in der Stadt haben sich dafür entschieden, ihren Anhängern in der Stichwahl um den Oberbürgermeister-Posten den CDU-Kandidaten Andreas Hollstein zu empfehlen und nicht etwa den SPD-Kandidaten Thomas Westphal.
Die SPD, die seit 75 Jahren in der Westfalenmetropole regiert, ist verdutzt. Die Grünen-Spitzenkandidatin Ingrid Reuter erklärt dies auch mit der Flüchtlingspolitik Hollsteins. Der frühere Bürgermeister der sauerländischen Stadt Altena hatte in der Krise 2015 mehr Flüchtlinge aufgenommen als die Stadt nach dem Verteilerschlüssel aufnehmen musste. Und er ging jetzt auf die Grünen zu:
"Er hat deutlich gemacht, dass er das Votum der grünen WählerInnen ernst nimmt und in seine OB-Agenda glaubwürdig einbeziehen wird.“
Nun könnten die Stimmen der Grünen-Anhänger den Ausschlag geben für Hollstein, dem im ersten Wahlgang 21.000 Stimmen fehlten, um den SPD-OB zu schlagen.
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Herzlichst, Ihre