unsere Themen heute:
Deutschland brauche wieder Helden – deswegen gibt es jetzt eine Initiative, die einen Deutschen auf den Mond schicken möchte.
War dieses Jahr wirklich so schlimm, wie es uns vorkommt? Wir haben drei Historiker befragt.
Der Ökonom Lars Feld lobt die Beschlüsse der Euro-Finanzminister zu den neuen Regeln der Schuldenbremse.
In der Ampel gibt es Streit über das Schienenausbaugesetz.
Der Bundestag prüft die Nutzung von Messenger-Diensten.
Boris Pistorius ist Kabinettsmitglied des Jahres.
Ein Deutscher soll auf den Mond
Deutschland brauche wieder Helden – und ein Großprojekt, das das Land als technologische Führungsnation präsentiere. Das sagt Andreas Mattfeldt.
Der CDU-Abgeordnete will noch in diesem Jahr, spätestens Anfang 2024, eine überparteiliche Initiative ins Leben rufen. Der Kanzler möge sich für „die Landung eines Deutschen auf dem Mond“ einsetzen.
Andreas Mattfeldt © imagoMattfeldt ist nicht irgendwer, sondern Unternehmer aus Niedersachsen und Hauptberichterstatter für das Wirtschaftsministerium im Haushaltsausschuss. Industrieprojekte brauchen Geld.
Ohne den Haushaltsausschuss geht es nicht. Eine Mondmission mit deutscher Beteiligung hätte „Strahlkraft in unser Land hinein“, sagt Mattfeldt. Sie hätte einen Vorbildcharakter für „unsere Heranwachsenden“. Einen Brief an den Kanzler hat er vorformuliert. Er liegt uns vor.
Für seine politische Mission sucht der CDU-Mann nun Mitstreiter. Mattfeldt will die drei Haushalts-Kollegen Frank Junge (SPD), Karsten Klein (FDP) und Felix Banaszak (Grüne) mit an Bord holen.
Klein schreibt unserem Kollegen Christian Schlesiger, man müsse das Thema zunächst innerhalb der Koalition abstimmen. Es gebe „keinen Zeitdruck“, antwortet Banaszak. Das heißt aber auch: Eine überparteiliche Initiative scheint möglich.
„Space Launch System“ - Rakete der Nasa-Mondmission „Artemis 1“ © imagoHintergrund ist das Artemis-Programm der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA in Kooperation mit den Europäern (ESA), den Japanern (JAXA) und den Kanadiern (CSA). Im November 2024 wird eine vierköpfige Mission aus den USA und Kanada auf eine Mondumrundungstour geschickt. Das Versorgungsmodul kommt aus Deutschland, genauer von Airbus aus Bremen. Geld hat auch der Bund investiert.
Diese Gründe und „die Tatsache, dass bei der Mondumrundung kein Europäer – beziehungsweise Deutscher – zum Zuge kommen wird, sollte uns zu einem selbstbewussten Auftritt motivieren“, schreibt Mattfeldt.
Bei der Mondlandungs-Mission Artemis III, die ab 2025 ansteht und bei der fünf Astronauten teilnehmen werden, würden maximal zwei tatsächlich zum Mond fliegen. Die Bundestags-Initiative bittet den Kanzler nun, sich „beim Präsidenten der USA“ für einen europäischen Astronauten einzusetzen – „vorrangig eines deutschen“, so Mattfeldt.
Alexander Gerst © ImagoZwei Namen hat der Abgeordnete im Auge: Alexander Gerst und Matthias Maurer. Beide Wissenschaftler sind Astronauten der europäischen Raumfahrtbehörde ESA.
Es gebe derzeit bei der ESA „sechs Aktive mit Raumfahrterfahrung“, sagte Gerst im Sommer. „Ich denke, keiner davon würde Nein sagen.“
War das Jahr wirklich so schlimm?
Zum alten kam ein neuer Krieg. Zum Ampel-Streik kam ein Haushalts-Loch. Mit dem Vertrauensverlust der Mitte kam der Aufstieg der Rechten.
War dieses Jahr – militärisch, politisch, gesellschaftlich – wirklich so schlimm, wie es uns vorkommt? Und was muss passieren, damit es besser wird?
Dazu haben wir im letzten Briefing des Jahres drei Experten befragt.
Sönke Neitzel © imagoEine militärhistorische Einordnung gibt uns Prof. Sönke Neitzel: „2023 hat sich aus europäischer Sicht die sicherheitspolitische Lage deutlich verschlechtert.“ Die Lage in der Ukraine sei kritischer als vor einem Jahr und im Nahen Osten tobe wieder ein heißer Krieg.
Andererseits habe sich der Konflikt zwischen Israel und der Hamas nicht zum großen Flächenbrand ausgedehnt und die Lage um Taiwan ist etwas entspannter.
Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte © imagoEs hätte alles auch noch viel schlimmer kommen können.
Für die Berliner Republik sei das Jahr nicht so schlecht wie das letzte gewesen, meint der Politikwissenschaftler Prof. Karl-Rudolf Korte:
Andreas Rödder © imagoGemessen an 2022 mit Corona, dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine und dem plötzlichen Stopp von Gas aus Russland war 2023 für die Politik der Berliner Republik kein Krisenjahr.
Der Professor für neueste Geschichte, Andreas Rödder, meint ebenfalls, politisch war früher nicht alles besser.
„Willy Brandt war zweieinhalb Jahre nach Regierungsantritt am Rande des Sturzes. Helmut Kohl hat zwei Jahre gebraucht, bis seine Regierung überhaupt Tritt gefasst hatte. Und die rot-grüne Koalition von 1998 hat nur deshalb überlebt, weil ihr die CDU-Parteispendenaffäre zu Hilfe gekommen ist.”
Also Regierungen, bei denen man sagt, die können es nicht, haben eine gewisse Tradition.
Neben den Krisen hätte vor allem eine polit-gesellschaftliche Entwicklung das Jahr definiert, so Rödder:
Das Ende der grünen Deutungshegemonie, die wir seit 2008 erlebt haben.
Bei Themen wie Klima, Migration oder Gendern hätte sich der Diskurs nach rechts, also Richtung Mitte verschoben. Insbesondere das Attentat der Hamas vom 7. Oktober habe das Thema importierter Antisemitismus in die Öffentlichkeit gebracht.
Robert Habeck auf Instagram © InstagramUnd wie geht es jetzt weiter?
Vor allem auf europäischer Ebene sieht Prof. Neitzel Handlungsbedarf, damit sich die Sicherheitslage mit Bezug auf die Kriege verbessert:
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine © dpaEuropa muss endlich seine sicherheitspolitischen Hausaufgaben machen und die Krisen auch als Chance für eine substantiellere Zusammenarbeit begreifen.
Auch Prof. Korte nennt die Herstellung von Sicherheit im umfassenden Sinne als erste Priorität. Und „die Durchbrechung der Gesprächsstörung zwischen Regierten und Regierenden“.
Höchste Priorität habe die Selbstbehauptung des Westens nach außen und der liberalen Demokratie nach innen, sagt Prof. Rödder. Dafür brauche es:
Eine nach vorne weisende bürgerliche Politik, die die Verheißung einer besseren Zukunft mit sich bringt. Gerade in Zeiten der Krise braucht es eine positive Vision.
Lob für neue Schuldenregeln
Der Freiburger Ökonom Lars Feld lobt die Beschlüsse der Euro-Finanzminister zu den neuen Regeln der Schuldenbremse.
Die deutsche Delegation habe sich in den Verhandlungen „relativ weitgehend durchgesetzt“, sagte Feld unserer Kollegin Josy Müller. Frankreich habe sich „sehr weit auf Deutschland zubewegt“.
Prof. Lars Feld © imagoDer Stabilitätspakt wurde bei Gründung des Euros eingeführt und schreibt den EU-Mitgliedsstaaten Schulden-Obergrenzen vor:
Maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung darf ihre Gesamtverschuldung betragen, das jährliche Haushaltsdefizit bei höchstens drei Prozent liegen. Viele Euro-Länder haben die Grenzen aber gerissen, ohne bislang sanktioniert worden zu sein.
Die neuen Regeln sehen für zu hoch verschuldete Länder vor:
Abbauplan: Die Länder bekommen vier Jahre Zeit, die Schulden abzubauen – und erstellen dafür einen individuellen Abbauplan.
Investitionen: Regierungen können den Abbauplan auf sieben Jahre verlängern, wenn sie in der Zeit Reformen und Investitionen anschieben.
Verbindlichkeit: Länder, deren Schuldenquote über 60 Prozent liegt, müssen diese jedes Jahr um mindestens 0,5 Prozentpunkte abbauen.
Sicherheitspuffer: Hoch verschuldete Länder dürfen maximal 1,5 Prozent mehr Schulden pro Jahr aufnehmen.
Investitionen in den Klimaschutz und ins Militär seien von den Schuldenregeln ausgenommen, dies seien „Schlupflöcher“, so Feld. Aber wenn die EU-Kommission die Regeln wirklich durchsetze, sei die neue Fiskalunion „sogar ein bisschen besser als der Status quo“.
Die Schuldenquoten würden in den nächsten Jahren sinken.
Streit wegen Schienenausbaugesetz
Mitte Januar gehen die Verhandlungen zwischen den Ampel-Parteien zu den Details der geplanten Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) weiter. Vor allem an einer Sache scheitert es bisher: der Kosten-Nutzen-Analyse, kurz KNA.
SPD und Grüne wollen auf diese Analyse bei kleinen und mittleren Maßnahmen, beispielsweise Überhol- und Abstellgleisen oder Weichen, verzichten. Doch die KNA ist zwingend in der Haushaltsverordnung vorgeschrieben. Auf Rechtssicherheit pochen FDP und Finanzministerium.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Detlef Müller sagte unserer Kollegin Claudia Scholz:
Stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender Müller © DPAWir müssen Weichen einbauen und Abstellgleise, damit wir mehr Kapazität in der Schiene kriegen. Da braucht es diese Nutzen-Kosten-Untersuchungen nicht. Die kosten nur Zeit und Geld. Wir haben die Ressourcen nicht, weder im planerischen noch im finanziellen Bereich.
Da sich die Bundeshaushaltsordnung nicht verändern lasse, müsse eine Formulierung im Schienenausbaugesetz gefunden werden, mit der die KNA eingeschränkt werden könne. Das Verkehrsministerium erarbeite gerade mit dem Finanzministerium einen Vorschlag, wie das rechtssicher umsetzbar ist, sagt Müller.
Aus Regierungskreisen heißt es:
Sie können nicht so einfach bei Wasserstraßen und Straßen ein Kosten-Nutzen-Verhältnis vorschreiben und bei der Schiene nicht.
Das Verkehrsministerium erklärt, „die regierungsinternen Abstimmungen zum BSWAG laufen und wir sind zuversichtlich, dass diese zügig abgeschlossen sein werden.“
Bundestag prüft Nutzung von Messenger-Diensten
Auch die Bundestagsverwaltung behält aktuelle Trends im Blick. Unserer Kollegin Phillipka von Kleist sagte die Behörde:
Auch die Entwicklung der Bedeutung von Messenger-Diensten wird laufend bewertet, um gegebenenfalls auch hier geeignete Angebote zu gestalten.
Der beliebteste Messenger-Dienst in Deutschland ist aktuell WhatsApp. Aber auch über Dienste wie Telegram und Threema wird viel kommuniziert.
Auf Social Media teilt der Deutsche Bundestag Informationen rund um das Parlament. Am 1. November veröffentlichen sie etwa auf Instagram Wissenswertes zur Beflaggung des Bundestags. © The PioneerAktiv ist der Bundestag derzeit auf Instagram, LinkedIn, Mastodon, YouTube, BlueSky und X, wo im Wesentlichen über das parlamentarische Geschehen informiert wird. Für die Accounts ist das Referat „Soziale Medien“ der Bundestagsverwaltung zuständig.
Boris Pistorius ist Kabinettsmitglied des Jahres
Wir beenden unsere Rangliste der Politik, wie wir sie begonnen haben: mit Boris Pistorius.
Denn der Verteidigungsminister ist nicht nur Politiker des Jahres, sondern auch Kabinettsmitglied des Jahres 2023 geworden. Die Grundlagen seines Erfolgs haben wir bereits hier analysiert.
Eine Infografik mit dem Titel: Kabinettsmitglied des Jahres
Wahl der Befragten zu den Kabinettsmitgliedern des Jahres in der Rangliste der deutschen Politik, Ergebnis der Abstimmung in Prozent
Deswegen wollen wir zum Jahresabschluss all denjenigen, die bei der Rangliste der Politik mitgemacht haben, unseren Dank aussprechen. Das wachsende Hauptstadt-Team wird den politischen Betrieb auch im neuen Jahr genauestens beobachten und freut sich schon auf die nächste Rangliste!
Eine Infografik mit dem Titel: Das Politikdashboard
Analyse der MdB-Twitterdaten (14.-21. Dezember), durchschnittliche Zustimmungswerte der Parteien seit der Bundestagswahl 2021 und Veränderung der Sichtbarkeit ausgewählter deutscher Politiker*, in Prozent
Minister feiern Weihnachten im Kreise ihrer Familie
Weihnachten steht vor der Tür und der politische Betrieb verabschiedet sich in die Winterpause. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) berichtet:
Weihnachten feiern wir als Familie mit den Kindern zu Hause, rund um den Weihnachtsbaum. Wir kochen, spielen und lesen entspannt. Ich freue mich auf diese gemeinsame Familienzeit.
Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird die Feiertage im Kreise seiner Lieben, mit Familie und Freunden verbringen. Ebenso wie Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Kreise der Familie in Rheinland-Pfalz. Wir wünschen ein besinnliches Fest!
Auf – Wolfgang Bosbach. Der konservative CDU-ler will seine Partei in den bevorstehenden Ost-Wahlkämpfen unterstützen. „Ich kämpfe dort aber nicht in erster Linie gegen die AfD, sondern für die CDU“, erklärte er. 2021 hatte Bosbach sich nach einem Auftritt mit dem umstrittenen Ex-Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen aus der Politik zurückgezogen. Generalsekretär Carsten Linnemann konnte ihn zu der neuen Aufgabe überreden.
Ab – Andrea Nahles. 5,2 Milliarden Euro an Zuschüssen verlangt die Bundesregierung von der Arbeitsagentur über die nächsten vier Jahre zurück. Das sei ein fragwürdiger Schritt und belaste „das Zutrauen in eine verlässliche Zusammenarbeit mit der Bundesregierung für mögliche zukünftige Krisen“, beschwerte sie sich bei der dpa. Bedenken lassen sich auch diskreter äußern.
Deutschland sei bei der Terrorabwehr von Hinweisen aus anderen Ländern abhängig. „Damit sich das ändert, müssen Politiker und Richter umdenken“, schreibt FAZ-Redakteur Stephan Klenner. Verantwortlich sei zunächst der Gesetzgeber, der deutsche Sicherheitsbehörden bisher nicht mit allen Instrumenten ausstatte, die für eine effektive Terrorabwehr erforderlich sind. Umdenken müsse auch die Judikative, die durch die strenge Auslegung des Datenschutzes die Terrorabwehr erschwere. Der Staat könne bisher seine eigenen Daten nicht nutzen, so Klenner. Hier geht es zum Kommentar.
Wie kann sich Europa verteidigen, wenn amerikanische Sicherheitsgarantien womöglich schon bald nicht mehr gelten? Es gebe drei Optionen, schreibt Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik in einem Gastbeitrag im Spiegel. Deutschland könne 1) „das Ende der amerikanischen, nuklear unterlegten Schutzverpflichtung für Europa schlicht hinnehmen“ oder 2) sich an Russland und China annähern. Für diejenigen, die aber nukleare Abschreckung für notwendig erachten, gebe es Option 3: „Eigenständig deutsche Nuklearwaffen zu entwickeln und damit eine Form der nationalen nuklearen Abschreckung aufzubauen“. Kaims Argument: „Geopolitische Verschiebungen erfordern ebenso veränderte Antworten der deutschen Politik.“
Das Börsenjahr 2024
Die Inflation scheint im Griff, die Zinsen könnten bald sinken. Die Vorzeichen stehen auf Wirtschaftswachstum und Börsenboom. Doch werden die Bullen wirklich das Aktienjahr 2024 bestimmen? The Pioneer hat renommierte Experten befragt.
Der Klick aufs Bild führt Sie zur Titelgeschichte. © The PioneerHeute gratulieren wir herzlich:
Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, 43
Ingrid Nestle, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 46
Brian Nickholz, SPD-Bundestagsabgeordneter, 34
Frank Schäffler, FDP-Bundestagsabgeordneter, 55
Christian Schreider, SPD-Bundestagsabgeordneter, 52
Morgen gratulieren wir herzlich:
Kai Klose (Grüne), Minister für Soziales und Integration in Hessen, 50
Benjamin Raschke, Grünen-Fraktionsvorsitzender in Brandenburg, 41
Stefan Rouenhoff, CDU-Bundestagsabgeordneter, 45
Gerald Ullrich, FDP-Bundestagsabgeordneter, 61
An Heiligabend gratulieren wir herzlich:
Axel Deertz, Stabschef im Marinekommando Rostock, 58
Hans Eichel (SPD), ehem. hessischer Ministerpräsident und Bundesfinanzminister, 82
Peter Hauk (CDU), Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, 63
Katrin Lange (SPD), Finanzministerin in Brandenburg, 52
Andreas Rimkus, SPD-Bundestagsabgeordneter, 61
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre